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Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Titel: Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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wesentlich schlimmer erwischt. Das sattgrüne grobe Linnen war mit dunkelbraunen Blutflecken übersät und an mehreren Stellen zerrissen. Selbst wenn es gelänge, die Flecken zu entfernen – ein kunstfertiges Reparieren des Stoffes würde sehr schwierig werden. Da erschien es einfacher, neue Beinkleider in derselben Größe anfertigen zu lassen. Die hohen wollenen Strümpfe waren gleichfalls zerfetzt und blutgetränkt. Seufzend ließ Adelheid sie zu Boden fallen und wandte sich dem weißen Wollhemd zu. Es war quer über die Brust mit einer dunkelgrünen Stickerei versehen und darunter fein gefältelt, wodurch eine modische Weite zustande kam. Am Hals wurde es mit einer kleinen silbernen Agraffe zusammengehalten, die zwar nur in einem schlichten Rautenmuster, aber ebenfalls sehr sauber gearbeitet war. Auf den ersten Blick konnte Adelheid kein Blut feststellen und glaubte das Kleidungsstück unversehrt, doch dann entdeckte sie, dass Magdalena den linken Ärmel abgetrennt hatte, wohl um den Arm des Verwundeten besser versorgen zu können. Doch der Schneider würde sicher einen Weg finden, das Stück unauffällig wieder anzusetzen.
    Unter dem Hocker fand sie schließlich noch einen Schuh aus dickem Leder, der bei dieser nasskalten Witterung sicher seinen Zweck erfüllt hatte. Einen zweiten Schuh suchte sie vergebens. Sie nahm sich vor, den Knechten aufzutragen, danach zu suchen, wenn sie sich um den Pferdekadaver kümmerten.
    In den nächsten Tagen änderte sich der Zustand des Patienten nur wenig. Immerhin verschlechterte er sich auch nicht. Der Knappe war mit zwei Reisigen in Begleitung nach Walkenried geritten, um Folkmars Angehörige über den Unfall in Kenntnis zu setzen. Adelheid hatte vereinbart, einen Boten zu schicken, sobald die Situation sich drastisch verändern würde.
    Auch der Februar begann mit fast frühlingshaftem Wetter, als hätte der Jänner nicht schon genug für den grausamen Winter entschädigt. Die Bauern blickten jedoch misstrauisch in den blauen Himmel. Wenn die Knospen zu früh trieben, würden sie bei gewiss noch einmal eintretendem Frost jämmerlich erfrieren. Dann fiele die Obsternte karg aus und das waren wirklich schlechte Aussichten, denn die Fässer mit dem Apfelwein gingen auch bald zur Neige.
    Einer dieser sonnigen Vorfrühlingstage, an denen die Luft so rein ist wie frisches Quellwasser, neigte sich schon gegen die sechste Stunde, als eine Gruppe von Männern über den Burggraben ritt und am Haupttor Einlass begehrte. Nach ihrem Anliegen gefragt, verlangten sie die Gräfin Adelheid zu sprechen. Der Torwächter Bernhard, der inzwischen die Pflichten seines Vaters übernommen hatte, begleitete den Anführer und seinen Vertrauten zum Saal, wo er die beiden verließ, um seine Herrin zu informieren. Adelheid saß am Krankenlager Folkmars, der noch immer sehr schwach war, aber für kurze Zeit in regelmäßigen Abständen erwachte. Sie selbst hatte ihn noch nie bei Bewusstsein erlebt. Doch musste immer jemand bei ihm sein, damit er in diesen Momenten zu Trinken bekam und sich nicht unkontrolliert bewegte. Nachdem sie eine Magd beauftragt hatte, sie abzulösen, lief sie eilig hinunter, denn sie glaubte, es wären Walkenrieder Verwandte von ihrem Patienten. Doch sie sollte sich irren.
    Bereits auf der Treppe drang gedämpftes Gemurmel von fremden Stimmen an ihr Ohr. Die Männer hatten vor dem Kamin Platz genommen. Als Adelheid auf sie zuging, schlug ihr der bekannte Geruch von Männerschweiß und Pferden entgegen, der nach langen Ritten unvermeidlich war. Sie erhoben sich sofort und deuteten eine Verbeugung an. Adelheid fiel auf, dass besonders der Ältere von beiden sie mit unverschämten Blicken taxierte, als wolle er auf dem Viehmarkt einen Preis abschätzen. Der Mann war groß und hager, in seinem wettergegerbten Gesicht saß zwischen stechend blauen Augen eine Nase, die einem Adlerschnabel sehr ähnlich war.
    Adelheid hatte sofort das Gefühl, dass sie auf der Hut sein musste, denn der Hakennasige kam ihr merkwürdig bekannt vor und erweckte ein dumpfes unangenehmes Gefühl in ihrem Hinterkopf. Wo hatte sie diese Augen schon gesehen? Es war kein guter Anlass gewesen, dessen war sie sich sicher. Der andere Mann, etwas jünger und mit dichtem braunen Haar, hielt sich im Hintergrund.
    Da die Blicke aus den eisfarbenen Augen langsam unerträglich wurden, begann Adelheid, deren Herz plötzlich spürbar klopfte, das Gespräch: „Ich grüße Euch auf Lare. Wer seid Ihr und was ist Euer

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