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Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Titel: Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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unterlegt. Weiße Wollstrümpfe und schwarze Schnabelschuhe rundeten das Bild ab. Es war sein Auftritt und er schien ihn zu genießen.
    „Er hat sich fein gemacht zum Sterben!“, rief der kleine Bauer über seine Schulter und lachte über den Witz lauter als alle anderen. „Jetzt steigt er endlich auf! Und er reitet die Rampe hinauf!“
    Die Menge reagierte mit „Aah!“ und „Ooh!“ und dann wurde die ersten Rufe laut: „Ich sehe ihn, er ist oben!“
    „Seht, dort auf der Mauer!“
    Seelenruhig stand der weißgraue Hengst neben dem Torhaus auf der Krone der dicken Ringmauer. Er senkte den Kopf, als wolle er die glatt behauenen Steine beschnuppern. Sein Reiter sah sich triumphierend um, hob den linken Arm und rief mit lauter Stimme: „Ich reite diesen Weg für meinen Bruder! Gott steh mir bei!“
    Die Menge verstummte, niemand wagte eine abwertende Bemerkung. Alle hatten die Gerüchte vom seltsamen Tod des Godhart von Mülhusen gehört. So manch heimlicher Blick ging hinauf zum obersten Stock des Bergfriedes, wo Adelheid mit ihrer Zofe stand, um den Ritt zu beobachten.
    Adelheid hatte bei Wetzels Ausruf, der auch hier oben gut zu verstehen war, die Hände zum Gebet gefaltet, aber sie fand keine Worte, die sie an Gott richten konnte. So beließ sie es bei dieser Geste und beobachtete gespannt, wie Wetzel sein Pferd langsam vorwärtstrieb.
    Die Runde verlief zunächst in nordwestlicher Richtung, parallel über dem Weg, auf dem Adelheid vor zwei Jahren Godhart gegenüber gestanden hatte. Zur linken Seite unterhalb der Mauer stand schlammiges Wasser im äußeren Burggraben, welches nach der Schneeschmelze noch nicht vollständig abgelaufen war. Wacker schritt der große Hengst vorwärts, der schmale Pfad und die Höhe schienen ihm nichts auszumachen. Auf dem engen Streifen Wiese zwischen Weg und Graben rannte der bunte Volkshaufen nebenher, kam jedoch nur bis zum Lager der Zigeuner. Dahinter begann der steile Abhang, der Lare von Westen und Norden her uneinnehmbar machte. Atemlos blieben die Leute am Hang stehen und verfolgten von hier aus den Weg des Probanden.
    Wetzel hatte jetzt ein sehr langes Stück vor sich, das überwiegend gerade verlief. Nur ein leichter Bogen von etwa dreißig Fuß war entstanden, als die Erbauer die Mauer dem natürlichen Verlauf des Bergrückens angepasst hatten. Aus seinem Blickwinkel sah es so aus, als hätte ein Riese eine Delle in die Ummauerung der Feste getreten. Links neben dem Reiter befand sich jetzt nur noch felsiger Abgrund, dessen Boden er nicht sehen konnte. Rechts neben ihm verlief der innere Burggraben, ebenfalls mit Pfützen eisigen Schmelzwassers gefüllt. Über dem jenseitigen Ufer folgte der Mauer der Kernburg ein schmaler Fußweg, von dem aus einige Schaulustige den Ritt des einsamen Mannes verfolgten.
    Nachdem er das gerade Stück ohne Zwischenfälle hinter sich gelassen hatte, knickte die Mauer deutlich nach rechts und lief weiter in Richtung Nordosten. Direkt an der Ecke hatte der Steinwall eine Ausbuchtung in Form eines Dreiviertelkreises, der in Kriegszeiten als Beobachtungsposten oder auch als Standort für Steinschleuder oder Bogenschützen diente. Hätte der Reiter Muße gehabt, sich umzusehen, wären ihm zu seiner Rechten die beiden liebevoll gepflegten Gräber auf der kleinen Wiese unterhalb der inneren Burgmauer aufgefallen. Doch Wetzel konzentrierte sich auf das Pferd und auf den hellen Streifen Muschelkalk vor ihm, der ihn seinem Ziel beständig näher brachte. Ohne Probleme war der Hengst auch auf dem kreisförmigem Stück Mauer gegangen. Doch gerade jetzt, wo der Abgrund links am tiefsten war, schienen den Steinmetzen beim Setzen der Krone die breiten Steine ausgegangen zu sein. Waren sie bisher recht gleichmäßig etwa vier Fuß breit gewesen, schien der luftige Pfad plötzlich auf drei Fuß zu schrumpfen. Wetzel kniff die Augen zusammen. Was war das? Der steinerne Pfad verschwamm vor seinen Augen und bildete seltsame Formen, gekräuselt wie Rauchwölkchen über einem gerade erloschenen Feuer. Er schüttelte energisch den Kopf, als wolle er sein Gehirn zurechtrücken. Der mehlgraue Hengst, der seinen Reiter gut kannte, stockte, weil er ein Kommando erwartete. Von den Schaulustigen waren erstickte Ausrufe zu hören. Die Frauen schlugen sich die Hände vor den Mund und die Männer packten sich an den Armen. Gleich darauf ging das Pferd ruhig weiter, als wäre nichts geschehen.
    Auch Adelheid oben auf dem Bergfried hatte die kleine Unsicherheit

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