Adelshochzeit 2
Sie sehen“, erwiderte sie steif und deutete auf ihr Ausgehkostüm.
Mark musterte ihre Aufmachung ausführlich. „Für mich sehen Sie sehr gut aus“, sagte er mit belegter Stimme.
„Das beweist, wie wenig sie von Frauen verstehen!“
„Wie wahr!“, konterte er und lachte trocken auf.
Emily fuhr sich mit der Zunge über ihre trockenen Lippen, sich seines Blickes sehr bewusst. Da sie seine überwältigende Nähe fürchtete, zog sie sich einen Schritt zurück. „Auch wenn Sie glauben, ich wäre nicht zufällig hier“, platzte sie heraus, „es ist trotzdem so. Ich wollte mit Helen sprechen. Die beiden haben mich nicht eingeladen, und sie stecken auch nicht mit mir unter einer Decke, um Sie, Mr. Hunter, einzufangen. Sie sind beide nicht an dieser peinlichen Situation schuld.“
„Ich finde es nicht peinlich; ich frage mich nur, warum Sie Ihren Besuch auf eine so späte Stunde legten.“
Unerschrocken schaute sie auf in seine Augen. „Eine dringende Angelegenheit.“
„Die mich betrifft?“
Emily spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. „Nichts, das Sie anginge.“
„Sie wissen doch, dass das nicht stimmt“, sagte er leichthin. „Und was hat Helen Ihnen geraten? Den Stier bei den Hörnern packen und mich heiraten?“
„Dasselbe könnte ich Sie fragen, Sir. Was riet Ihr Bruder Ihnen?“
„Jason weiß nicht, dass ich Sie bat, meine Frau zu werden.“
„Ihre Frau zu werden?“, wiederholte Emily höhnisch. „Sagten Sie das so zu mir?“ Wütend blitzte sie ihn an. „Es klang mehr so, als ob Sie mir anböten, Ihre …“ Sie brach ab, um das vulgäre Wort zu vermeiden, und wollte rasch an ihm vorbeihuschen.
Er stellte sich ihr in den Weg. „Und was Sie sagten, klang, als wäre, mich zu heiraten, ein Schicksal schlimmer als der Tod.“
Emily schwieg. Sie spürte plötzlich Reue, denn er klang nicht nur zornig, sondern auch verletzt. In ihrem Kopf wirbelte alles durcheinander. War sie so beschäftigt damit gewesen, ihren Stolz zu wahren, dass sie nicht merkte, wie sehr sie den seinen verletzte? Mark wirkte stets so beherrscht, so unbesiegbar. Sicher, sie hatte ihn barsch zurückgewiesen, doch in der festen Überzeugung, dass er froh wäre, einer unangenehmen Pflicht zu entkommen. Plötzlich löste sich ihre Spannung.
„Wir sollten uns nicht länger wie starrsinnige Kinder aufführen“, sagte sie leise und hielt seinem fragenden Blick stand. Anscheinend war auch ihm eine Waffenruhe willkommen. Emily beschloss, sich behutsam vorzutasten und in Ruhe das zu besprechen, was ihr solchen Kummer bereitete. „Sie sagten, Sie würden Devlin für das, was er tat, büßen lassen“, begann sie, „doch ich bitte Sie, verschlimmern Sie die Lage nicht, indem Sie ihn fordern.“
Mark lächelte trübe. „Nun, das hatte ich tatsächlich vor. Allerdings war Riley schneller. Er hat ihn ziemlich zugerichtet, und nun ist Devlin wieder bei seiner Gattin. Die offizielle Version besagt, der Viscount sei von Straßenräubern überfallen worden.“
Als Emily scharf den Atem einsog, erntete sie ein Stirnrunzeln.
„Tut er Ihnen leid?“
Eilig schüttelte sie den Kopf. „Nein, hoffentlich hat er noch recht lange etwas davon!“, sagte sie nachdrücklich. „Nur fürchte ich, dass seine Verletzungen Neugier hervorrufen und peinliche Fragen aufwerfen könnten.“
„Er lässt niemanden vor, und die Dienerschaft ist dabei, zu packen. Wie es aussieht, verlegt er seinen Haushalt aufs Land, angeblich wegen des delikaten Zustands seiner Gemahlin.“
Zaghaft lächelte sie Mark an. „Sie haben ihn zur Abreise gezwungen, nicht wahr?“ Hastig ergänzte sie: „Ich will nicht wissen, wie es Ihnen gelang.“
„Nun, ich wies darauf hin, dass das der klügste Schritt wäre. Devlin ist kein Narr. Ihm ist klar, dass sein Verhalten ernste Folgen haben könnte. Riley hasst ihn und würde ihn um kleines Geld verraten, und selbst einem Peer droht für Entführung schwerste Strafe.“
„Und Riley?“, wollte Emily wissen.
„Der wird sich rar machen, denke ich, aus Angst vor seinen Kumpanen. Denen gefiel es gar nicht, dass er Jenny tödlich verwundete. Wenn das nämlich den Behörden bekannt würde, folgte möglicherweise eine polizeiliche Untersuchung, bei der so manches andere an den Tag kommen könnte.“ Leise fügte er hinzu: „Es tut mir leid, dass es so mit ihr endete.“
„Auch Tarquin empfindet so. Ich glaube, er liebte sie wirklich – liebt sie noch, sogar nachdem er erfuhr, dass er nicht ihr einziger
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