Adelshochzeit 2
darüber staunte, dass sie so verblüffende Gegensätze wie Unschuld und Zügellosigkeit in sich vereinte.
Der Gedanke zog weitere nach sich, die Jason nicht allzu willkommen waren. Helen Marlowe war eine Frau, die keinen Ehemann wollte, die aber einen Liebhaber brauchte. Eine vollkommene Geliebte … unter gewöhnlichen Umständen. Nur dass die Umstände für Jason alles andere als gewöhnlich waren. Er hatte sich verändert. Er war im Begriff, sich hoffnungslos zu verlieben, und wünschte sich Helen nicht als Mätresse, sondern als seine Frau.
Die Selbstsucht ihres Bruders, der sie um ihre rechtmäßigen Ansprüche betrog, mochten sie gezwungen haben, sich einen Beschützer zu suchen, doch Jason spürte, dass sie in jedem Fall für eine Verführung empfänglich gewesen wäre. Er konnte sicher sein, dass sie nach dem Tod ihres Ehemanns keinen Liebhaber gehabt hatte, und Harry Marlowe war vor über einem halben Jahrzehnt gestorben. Helens Verlangen war so stark, dass es keiner besonderen Verführungskünste bedurfte, um ihre Hingabe zu erreichen. Er küsste sie wieder und spürte, wie sie am ganzen Körper erbebte.
Nur dass es vielleicht nicht unbedingt meine Liebkosungen sind, die sie braucht, schoss es ihm durch den Kopf. Er war bereit, sie zu heiraten, aber sie hätte womöglich dem erstbesten Schürzenjäger erlaubt, das Bett mit ihr zu teilen, wenn er nur geschickte Komplimente gemacht und genügend Geld aufgeboten hätte, um Westlea House für sie zu retten. Doch noch während ihm der beunruhigende Gedanke kam, wusste Jason tief im Innern, dass nichts davon zutraf. Helen Marlowe war das genaue Gegenteil einer eitlen Kurtisane, die man mit billigen Schmeicheleien zu erobern vermochte.
Außerdem hätte er schwören können, dass er nicht fähig war, Eifersucht zu empfinden. Und doch vergiftete ihm eben dieses heftige Gefühl den Verstand und besiegte seine Selbstbeherrschung. Entschlossen schob er ihre Röcke nach oben, sodass er ihre schlanken alabasterfarbenen Beine entblößte, und ließ seine Hand zu der empfindsamen Stelle zwischen ihren Schenkeln gleiten. Sein Kuss wurde tiefer, wilder.
Helen stieß ihn unwillkürlich von sich und wich vor ihm zurück. Er bemerkte ihren vorwurfsvollen Blick, doch gleich darauf seufzte sie leise, legte ihm die Arme um den Nacken und barg den Kopf an seiner Schulter.
Mit einem unterdrückten Fluch sank Jason in die Polster zurück, ohne Helen loszulassen. Er schloss die Augen, als ihm bewusst wurde, dass er sich am Ende doch wie ein ungehobelter Flegel benommen hatte. Sie war erschrocken, aber er hatte auch ihre Leidenschaft geweckt. Ihr Atem ging schwer, und ihre Lippen waren leicht geschwollen und so verführerisch, dass er sich nur mit großer Mühe zurückhielt und sich lediglich erlaubte, mit dem Daumen sanft darüberzustreichen. Auf seine Weise versuchte er, sich bei ihr zu entschuldigen.
Er hatte ihr erstes Mal in jeder Hinsicht zu einem Genuss machen wollen – zuerst ein gemeinsames Dinner und angenehme Unterhaltung, bevor sie sich dann in aller Ruhe der körperlichen Liebe hingaben. Stattdessen hatte er sich benommen wie ein unreifer Jüngling, der beim geringsten Anreiz die Fassung verlor. Sein schlechtes Gewissen erlaubte ihm nicht, sie wieder zu berühren, aber er wusste natürlich, dass er es nicht würde verhindern können. Sein Verlangen nach ihr war zu groß.
Helen entspannte sich allmählich. Sie spürte, dass Jason seine Unbeherrschtheit bedauerte, doch sie fühlte sich nicht von ihm abgestoßen, weil er ihr auf diese Weise gezeigt hatte, dass auch er nicht vollkommen war, sondern menschliche Schwächen besaß. Ein- oder zweimal hatte Harry sie schnell und rücksichtslos geliebt und sich danach zerknirscht bei ihr entschuldigt und ihr erklärt, dass Leidenschaft einen Mann seine Manieren vergessen lassen konnte.
„Zum Glück ist es so dunkel, dass ich dein rougeverschmiertes Gesicht nicht sehen kann“, neckte sie ihn gutmütig.
Er hob unwillkürlich eine Hand an die Wange, und sie lachte belustigt. Die Spannung zwischen ihnen löste sich auf. Jason gab ihr einen Kuss auf den Scheitel und schmunzelte bei dem Gedanken daran, dass er Helen früher am Abend für ihren Verzicht auf Schminke gelobt hatte. „Verzeih mir“, murmelte er mit rauer Stimme.
„Bitte … verzeih mir …“
„Es ist nichts“, log Jason, scheinbar gelassen, und zog Helens Kopf auf seine Brust herunter.
Aber sie setzte sich sofort wieder auf, und das dunkle Haar fiel ihr
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