Adieu, Sir Merivel
werde auf dich warten, Merivel. Ich lasse nicht zu, dass dich das Leben mir für immer nimmt.«
»Auf keinen Fall. Und in London werde ich den Juwelier des Königs aufsuchen und dir einen Ring kaufen.«
»Wird es ein Saphir sein, wie der Ring, der Clarendon rettete?«
»Er wird den Stein tragen, der dir gefällt.«
»Dann nimm einen Rubin. So heiß und feurig wie mein Blut.«
Louise klammerte sich weinend an mich, als ich aufbrach. Es war ein schrecklicher Abschied.
Als ich in die Kutsche stieg, drückte der Baron mir einige Blätter in die Hand, die er aus seinem Notizbuch gerissen hatte. Ich hoffte, es seien vielleicht seine eigenen Bemerkungen zu meinem Traktat, an dem er so leidenschaftlich Anteil genommen zu haben schien, doch die Seiten des Barons enthielten keine Gedanken über mein großartiges Thema. Es handelte sich nur um diverse Listen – mit all den Personen, die er zu meiner Hochzeit einzuladen gedachte, mit den Plänen für die Unterhaltung der Gäste, mit den Liedern, die Broussel für uns singen würde, und mit den verschiedenen Speisenfolgen für das Fest.
Ich warf kaum einen Blick auf die Blätter, sondern steckte sie in meinen Koffer und musste dabei an meine lang zurückliegende Hochzeit mit Celia denken. Anfangs hatte ich damals geweint, mich später dann in einen Schrank eingeschlossen und durch eine Ritze zugeschaut, wie der König meine neue Braut beschlief.
Und ich erkannte, dass alle späteren Arrangements in meinem Leben sich als Folge jener Hochzeit erwiesen, einer Hochzeit, die nicht echt, sondern eine Fälschung war und allein den Gelüsten des Königs diente. Und nun, in meinem neunundfünfzigsten Jahr, war ich auf dem Weg zu einer zweiten Hochzeitszeremonie, die mir, in Wahrheit, ebenfalls nicht ganz echt erschien und die arrangiert worden war, um den spät erblühten Gelüsten von Louise de Flamanville zu dienen.
Als ich zu meinem Reisegefährten, dem Priester, hinüberschaute, der, ganz in Schwarz gekleidet, jetzt schlief, während die Kutsche durch die Finsternis rollte, stellte ich mir vor, dass nicht er es sei, der mir gegenübersaß, sondern Pearce. Und Pearce schlief nicht. Er warf mir einen Blick zu, der ohne Mitleid war.
»Was tust du da, Merivel?«, sagte er. »Was ist der Sinn dieser zweiten Heirat?«
Im Geiste lehnte ich mich jetzt zu Pearce hinüber, nahm seine kalte Hand in meine und drückte sie an mein Herz, um sie zu wärmen.
»Ich werde aufrichtig mit dir sein, Pearce«, sagte ich. »Ich werde nicht lügen. Ich hege eine große Bewunderung für Louise de Flamanville. Sie ist eine bemerkenswerte Frau. Und es gibt mehr als einen Augenblick, da ich Liebe für sie empfinde. Doch in dieser Ehe geht es in Wahrheit um Reichtum. Es geht darum, ein großes Anwesen zu erhalten und um ein Leben in bequemen Verhältnissen.«
»Genau wie beim ersten Mal.«
»Wenn du so willst.«
»Und schämst du dich nicht?«
»Nur ein bisschen. Nicht so sehr, wie du es dir wünschen würdest.«
»Das ist sehr bedauerlich, mein Freund.«
»Wenn es so ›bedauerlich‹ ist, was hätte ich denn sonst tun sollen?«
Darauf hörte ich Pearce nichts sagen. Seine Stimme war weg. In der Kutsche lastete jetzt nur noch sein Schweigen schwer auf mir, welches wie kein anderes Schweigen auf der Erde ist, und ich hatte es zu ertragen, ohne innerlich zu erzittern. Ich ließ seine Hand los. Ich schloss die Augen und wandte mich im Geiste dem König zu.
Am 29. Januar 1685 brachte mich ein Dreimaster namens The Kentish Maid über den Ärmelkanal, und obwohl die See rau und voller Schaumkronen war und immer wieder Gischt auf die Decks schleuderte, wurde mir nicht übel, und ich war einmal mehr auf seltsame Weise glücklich mit diesem neuen Element, bei dem der Mensch nichts ändern kann, sondern akzeptieren muss, was der Wind verfügt, und nur versuchen kann, seinen zerbrechlichen Kahn sicher zu steuern.
Und ich dachte, dass ich, mit meiner Rastlosigkeit und meiner Sehnsucht nach Wundern, ein guter Seemann geworden wäre und am Ende vielleicht sogar der Kapitän eines Handelsschiffs, auf der Fahrt zu fernen Kontinenten, nie für lange irgendwo, sondern immerzu unterwegs auf dem Globus, unter purpurnen Himmeln und zahllosen Sternen.
Und mir schien auch, dass sich auf dem Wasser eine Art Frieden finden ließe, eine herrliche Ruhe, die dem Leben an Land fast immer fehlt, wo die Menschen ebenso wie die Dinge ständig nach uns rufen und uns bedrängen mit allerlei Forderungen, und nirgendwo ist
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