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Adiós Hemingway

Adiós Hemingway

Titel: Adiós Hemingway Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonardo Padura
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sich. Und er kannte die Antwort: Weder Polizisten noch Mörder, weder Schwule noch Scheißkerle, weder Arschlöcher noch Arschficker können sich jemals als »ehemalig« bezeichnen.
    »Wie war das eigentlich mit dem Mann, den Calixto umgebracht hat, Toribio?«
    Der Greis schluckte ausgiebig und rieb sich die Hände. »Genau weiß ich das nicht«, sagte er schließlich. »Calixto tat immer so geheimnisvoll, und sein Charakter … Es hatte eine Schlägerei in einer Hafenkneipe gegeben, so viel ist sicher, und dabei hat er einen Mann getötet. Er ist für fünfzehn Jahre in den Bau gewandert, und als er wieder rauskam, hat Papa ihm Arbeit gegeben, weil er ihn ja von früher her kannte.«
    »Und was ist aus Calixto geworden, später, nachdem er die Finca verlassen hatte?«
    »Hab ihn nie wieder gesehen. Ruperto, der Kapitän der Pilar, der war öfter mal in Havanna, und ich glaub, er hat mal was von Calixto erzählt. Aber so genau kann ich mich nicht mehr daran erinnern.«
    »Ruperto lebt noch, oder?«
    »Ja, der ist rund fünfzehn Jahre neuer als ich. Calixto war älter … Tja …«
    Toribio verstummte. El Conde wartete. Von so vielen Toten zu sprechen musste für den Greis nicht gerade angenehm sein. El Conde sah in seine gedankenverlorenen Augen und beschloss, zum Angriff überzugehen. »Auf der Finca Vigía, Toribio, haben Sie da mal was von einem FBI-Agenten gehört, so rein zufällig?«
    Der Alte blinzelte. »Einem was?«
    »Von einem nordamerikanischen Polizisten, einem Agenten des FBI.«
    »Des Ef-Be-I, ach so … Nein, von so einem hab ich nie was gehört, soweit ich mich erinnern kann … Nein.«
    »Wo genau auf der Finca befand sich eigentlich der Hahnenkampfplatz?«
    »Etwas unter dem Haus, zwischen der Auffahrt und den Garagen. Direkt neben einem Mangobaum.«
    »Einem alten Mangobaum, mit blassgelben Früchten?«
    »Ja, genau.«
    »In der Nähe des Brunnens?«
    »So ungefähr.«
    El Conde unterdrückte seine Freude. Er hatte einfach so ins Blaue geschossen und unerwartet ins Schwarze getroffen.
    »Und Sie, Toribio, warum haben Sie Hemingway ›Papa‹ genannt? Wo er doch so ein Scheißkerl war, meine ich …«
    Der Alte lächelte. Sein fast schwarzes Zahnfleisch hatte weiße Flecken. »Er war der verrückteste Kerl der Welt. Hat in den Garten gepinkelt und gefurzt, wo er ging und stand. Manchmal hat er sich hingestellt und so getan, als würde er nachdenken. Und dann hat er angefangen zu popeln, hat sich die Popel mit dem Finger aus der Nase gezogen und Kügelchen gemacht … Er konnte es nicht leiden, wenn man ihn mit ›Señor‹ anredete. Und gezahlt hat er besser als alle anderen reichen Amerikaner, aber man musste ihn ›Papa‹ nennen. Ich bin für alle der Papa, hat er immer gesagt.«
    »Hat er Ihnen auch manchmal einen Gefallen getan?«
    »Einen Gefallen? Nein. Ich hab für ihn gearbeitet, gut gearbeitet, und er hat mich gut bezahlt. So war das. Er hat gesagt, er wär der beste Schriftsteller der Welt, und deshalb wär der beste Kampfhahntrainer der Welt für ihn gerade gut genug. Deswegen hat er sich bei mir auch entschuldigt, damals, nach unserer Prügelei.«
    »Wer von Ihnen allen hat Papa am nächsten gestanden?«
    »Raúl, ganz klar. Wenn Papa von ihm verlangt hätte, wisch mir den Arsch ab, dann hätte Raúl ihm den Arsch abgewischt.«
    »Haben Sie sich auf der Finca wohl gefühlt?«
    »Nach unserem Streit, ja. Er wusste nun, dass ich ein Mann war, und hat mich respektiert. Außerdem hat man da Sachen zu Gesicht gekriegt, Sachen, die das Leben zu einem Fest machen, wie er immer gesagt hat.«
    »Was für Sachen?«
    »Ach, viele … Aber etwas werd ich nie vergessen. Das war an dem Morgen, als ich die amerikanische Schauspielerin gesehen hab, eine Freundin von ihm, die alle naselang auf der Finca war …«
    »Marlene Dietrich?«
    »Keine Ahnung. Eine ganz Junge, Amerikanerin …«
    »Ava Gardner?«
    »Also, er hat sie ›meine Kleine‹ genannt, und ich ›Spanierin‹. Sie hatte nämlich eine ganz weiße Haut und schwarzes Haar. Und einmal hab ich sie im Swimmingpool gesehen, splitternackt. Sie beide, sie und ihn. Ich hab trockenes Gras gesucht, für ein Legenest. Ich dachte, mich trifft der Schlag. Die Spanierin stellte sich an den Beckenrand und fing an, sich auszuziehen, bis auf den Slip. Und dabei redete sie die ganze Zeit mit Hemingway, der schon im Wasser war. Was für Titten! Und bevor sie ins Wasser sprang, hat sie sich auch noch den Slip ausgezogen. Ein tolles Weib, die Kleine von

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