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Adler schießen nicht

Adler schießen nicht

Titel: Adler schießen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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wert
ist. Wenn dieses Ding hier eine Inka-Arbeit ist, bin ich Don Juan. Es ist vor
ungefähr siebzig Jahren in Wien hergestellt worden. Die ganze Legende mit Ihrem
Vater und seiner Erbberechtigung stinkt doch zum Himmel. Also, heraus mit der
Sprache.«
    Ihre Augen wurden tellergroß.
»Macht dieser Señor einen Spaß« wandte sie sich hilfesuchend an Mathis.
    »Ich spaße nicht«, erklärte ich
ihr. »Schätze, Sie heißen genausowenig Carmen Diaz
wie Sadie Green so heißt .«
    »Sadie Green !« japste Mathis.
    »Kennen Sie die ?«
    »Ich habe den Namen schon
gehört«, antwortete er langsam. »Ist das nicht eine Tänzerin? Aber was hat sie
mit Carmen zu tun ?«
    »Das ist eine komplizierte
Geschichte«, wich ich aus. »Im Augenblick interessiert mich Carmens Version,
aus welchem Grunde sie so hinter dem Adler her ist .«
    Sie sah mich verwirrt an. »Sie
irren sich, Señor«, flüsterte sie. »Sie irren sich wirklich. Ich weiß nicht,
wer Ihnen gesagt hat, daß der Adler so wenig wert ist, aber er hat gelogen .« Verzückt blickte sie die Figur in ihrer Hand an. »Das ist
eine ausgezeichnete Handarbeit. Nur die Inkas konnten Gold in dieser Perfektion
verarbeiten und...«
    Ihre Stimme verlor sich mitten
im Satz zu einem Gestammel.
    »Was ist los ?« fuhr ich sie an. »Sind Sie mit Ihrem Latein am Ende ?«
    Wieder drehte sie den Adler
langsam in der Hand herum, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein«, murmelte sie
mit erstorbener Stimme. »Nein, nein, das kann nicht sein .«
    »Was ist denn los, Carmen ?« erkundigte sich Mathis besorgt.
    Sie hob den Kopf, und ihre
dunklen Augen blitzten mich an: »Sie sind sehr ausgekocht, Señor«, zischte sie.
»Sie bezichtigen mich der Lüge, damit Sie meine Aufmerksamkeit von dem Adler
ablenken .«
    »Wovon, zum Teufel, reden Sie ?«
    »Davon!« Dieses Wort spuckte
sie mir förmlich ins Gesicht, während sie mir den Adler hinhielt. »Halten Sie
mich für eine komplette Idiotin ?«
    Damit schleuderte sie die
Statuette mit einer Vehemenz zu Boden, daß die Gläser klirrten. »Für eine
komplette Idiotin«, wiederholte sie. »Mir eine billige Imitation anzudrehen !«
    »Eine was ?« brüllte ich.
    »Tun Sie bloß nicht so
überrascht. Sie wissen genau, daß das hier eine plumpe Imitation ist. In Wien
hergestellt, ungefähr vor siebzig Jahren. Das glaube ich Ihnen aufs Wort .«
    »Dann ist es also nicht Ihr
Adler ?«
    »Verspotten Sie mich nicht auch
noch«, schnappte sie. »Das ist nicht fair von Ihnen. Ich wollte ein ehrliches
Geschäft mit Ihnen machen .«
    »Draußen ist jemand«,
verkündete Mathis ernsthaft. »Ich habe deutlich gehört, wie er...«
    Der Rest des Satzes ging im
Knall eines Schusses unter. Eine Kugel schlug in die Decke und ließ den Putz zu
Boden rieseln.
    »Deckung !« schrie ich und riß Carmen zu Boden.
    Ihre Fäuste knallten in mein
Gesicht. »Lassen Sie mich sofort los«, schrie sie wütend. »Wie können Sie es
wagen, mich anzufassen, Sie... Sie Betrüger! Sie Lügner, Sie Verbrecher!«
    Ein zweiter Schuß ließ das
Fensterglas zersplittern. Ich drückte Carmen flach auf den Boden und sah, wie
Mathis zur Tür kroch. Dann sprang er hoch und drückte mit der Handfläche rasch
den Lichtschalter herunter. Jetzt war das Zimmer in völlige Dunkelheit
getaucht.
    Ich blieb eine Weile liegen und
versuchte, Carmen zu beruhigen, die entweder aus Angst oder aus Wut leise in
sich hineinschluchzte. Dann tastete ich mich im Dunkel zur Tür und hinaus in
die Halle. Ich schnappte mir meinen Revolver aus dem Halfter, riß die Tür auf
und tauchte hinaus in die Nacht.
    Auf Zehenspitzen schlich ich um
das Haus herum zur Rückseite, von wo die Schüsse gekommen waren. Auf halbem Weg
hörte ich zwei weitere Schüsse, rasch hintereinander. Hinter dem Haus befand
sich ein kleines Rasengrundstück; danach wurde der Boden felsig und fiel steil
nach unten ab.
    Es war stockfinster, und außer
meinem eigenen Atem war nichts zu hören. Angestrengt lauschte ich in die
Finsternis. Vielleicht war es Einbildung, aber plötzlich glaubte ich, das
Tappen von nackten Füßen auf dem Rasen zu hören, und feuerte in diese Richtung.
Sofort wurde mein Schuß erwidert. Die Kugel sauste haarscharf an meinem Kopf
vorbei. Dann war wieder alles ruhig. Ich fühlte mich nicht besonders wohl in
meiner Haut und schlich auf Zehenspitzen weiter. Wie angewurzelt blieb ich
stehen, als ich die Hintertür aufgehen hörte. Der Strahl einer Taschenlampe
blitzte auf, stach in die Nacht und huschte über den Rasen,

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