Adler schießen nicht
zwanzigtausend
Dollar angeblich und eine Flasche Sekt!
Dann war es Mathis gewesen, der
draußen jemand herumschleichen hörte. Carmens Szene, ihre verächtliche Geste,
mit der sie den Adler zu Boden schleuderte, danach die Schüsse draußen. Mathis
selber hatte das Licht abgedreht, um in der Dunkelheit in aller Ruhe den Adler
vertauschen zu können. Die billige Imitation mußte er in der Aktentasche
mitgebracht haben.
Mir wurde richtig übel, als ich
an Mathis’ würdevollen Abgang dachte. Ein Freund habe ihn enttäuscht.
In dieser Sekunde schwor ich
mir, daß ich ihm beim nächsten Zusammentreffen die Arme um den Hals legen und
fest zudrücken wollte. In aller Freundschaft natürlich.
7
Am nächsten Morgen stand ich
später auf. Der stechende Kopfschmerz hatte aufgehört, das war immerhin etwas.
Bis ich mich angezogen und gefrühstückt hatte, war es elf Uhr geworden.
Charlie schien ein bißchen
eingeschnappt zu sein, weil ich ihn fünf Minuten lang verflucht hatte, als er
in der Küche sang. Er geisterte durch die Wohnung wie ein Gespenst.
Eine Menge unerfreulicher
Gedanken schwirrten in meinem Kopf herum, während ich meinen Kaffee trank.
Erstens saß Tess gefangen in Maos Palast. Zweitens rechnete ich mir Maos
Reaktion aus, wenn ich ihm erzählte, daß der echte Adler abhanden
gekommen war und mir dafür eine billige Imitation angedreht worden war.
Ich wurde das ekelhafte Gefühl nicht los, daß er mir diese Geschichte niemals
glauben konnte. In Gedanken sah ich Tess vor mir, die sich nicht nur gegen Mao,
sondern auch gegen diesen Laffen Standish zur Wehr setzen mußte. Allein der
Gedanke daran trieb mir den kalten Schweiß auf die Stirn.
Charlie kam mit der Kanne und
goß mir die vierte Tasse Kaffee ein. »Sie noch Eier wollen, Boss ?« fragte er mitfühlend.
»Nein, heute nicht, Charlie«,
erwiderte ich. »Der Appetit ist mir vergangen. Hast du gestern
abend die Dschunke in der Aberdeen Bay gelassen ?«
»Klar, Boss.«
»War alles in Ordnung an Bord,
als du nach Makao fuhrst ?«
»Alles wie immer, Boss.« Er
grinste, »Ich haben Wei Chang für Aufpassen von Dschunke genommen. Er der
größte Dieb von Aberdeen. Er wissen alle Art Diebstahl und sein sicher, keiner
anfassen unsere Dschunke .«
»Prima«, lobte ich. »Und wieviel kostet uns der Spaß ?«
»Zehn Dollar pro Tag, Boss«,
berichtete Charlie.
Das waren ungefähr drei
amerikanische Dollar, es ging also noch.
»Hör genau zu, Charlie«, bat
ich, »Du mußt verschiedene Dinge für mich erledigen. Geh hinunter zur Dschunke
und bring die Breda her .«
»Das Maschinengewehr?« Charlies
Augen wurden eine Idee größer. »Warum Sie brauchen, wenn wir nicht Ärger haben,
Boss ?«
»Wir haben mehr als genug
Ärger, verlaß dich drauf«, versicherte ich ihm. »Ich brauche die Breda,
verstanden? Außerdem ein bißchen Dynamit, ein halbes Dutzend Stangen mit
langsam brennenden Zündschnüren. Kriegst du das ?«
»Möglich«, antwortete Charlie
zweifelnd. »Kosten aber viel .«
»Das laß meine Sorge sein«,
knurrte ich ihn an. »Du brauchst es ja nur zu besorgen, kapiert ?«
»Okay, Boss.« Er nickte eifrig.
Dann kam dieser sehnsuchtsvolle Blick in sein gelbes Gesicht. »Ich Auto nehmen,
Boss ?«
»Sicher.«
Im selben Augenblick läutete es
an der Tür. »Mach auf und sieh nach, wer draußen ist. Und dann ab nach
Aberdeen.«
Gehorsam verschwand Charlie,
und ein paar Sekunden später trat Standish ins Zimmer. Heute erschien mir sein
Schnurrbart noch militärischer. Vielleicht war es aber auch nur der Schnitt des
Tropenanzugs, der diesen Eindruck verstärkte.
»Guten Morgen, Kane«, begrüßte
er mich kurz angebunden.
»Was wollen Sie ?« pfiff ich ihn an.
Seine Augenbrauen rutschten
höher. »Sie sollten sich ein bißchen an die guten Sitten und Gebräuche
erinnern, mein Bester«, meinte er geringschätzig. »Unbeherrschtheit kann man
sich als Europäer im Fernen Osten nicht leisten. Sie sollten mich zum Beispiel
bitten Platz zu nehmen, mir einen Drink anbieten... Sie wissen schon — die
kleinen Aufmerksamkeiten, die eine gute Kinderstube verraten, mein Bester .«
»Setzen Sie sich, mixen Sie
sich einen Drink, und dann verrecken Sie meinetwegen«, knirschte ich.
»Verbindlichen Dank.« Er ging
hinüber zu meiner Bar, machte den Schrank auf und betrachtete bewundernd die
Batterie Flaschen. »Das ist ein feiner Scotch, der ist nicht in Hongkong
gewachsen«, murmelte er. »Wenn Sie gestatten, werde ich mir hiervon
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