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Adler und Engel (German Edition)

Adler und Engel (German Edition)

Titel: Adler und Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juli Zeh
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sowieso nicht kann, und sie weiß es auch. Dann klingelt ein Telephon. Daran ist grundsätzlich nichts Ungewöhnliches, nur dass das Klingeln direkt aus unserem Schuppen kommt. Ich lasse die Schaufel fallen, sie schlägt mit hässlichem Geklapper auf den Zement.
    Was, frage ich, ist das?
    Telephon, sagt sie, das hörst du doch. Und aller Wahrscheinlichkeit nach für dich.
    Sie erhebt sich und schleicht, beide Hände in die Hüften gestützt, auf den Schuppen zu, so vorsichtig, als wäre die Luft aus einer unendlichen Menge hauchfeiner, dicht aneinander liegender Glasplättchen zusammengesetzt, von denen sie mit ihren Bewegungen möglichst wenige zerdrücken will. Das Klingeln verstummt, sie kommt mit einem Mobiltelephon zurück, das ich noch kein einziges Mal hier gesehen habe, und streckt es mir entgegen.
    Hallo, sage ich.
    Er ist es.
    Hi, sagt er, Max der Maximale.
    Lass den Scheiß, sage ich. Ross.
    Das ist erst mal alles, was es zu sagen gibt. Wir schweigen, ich höre, dass er raucht, ich rauche auch. Ich räuspere mich.
    Wo zum Teufel steckst du dauernd, sage ich. Ich warte auf dich.
    Ich warte auch auf dich, sagt er.
    Vielleicht sollten wir heiraten. Er klingt entspannt. Er zieht nur halb so oft an seiner Zigarette wie ich.
    Ich höre, sagt er, du hast deine Geschichte zu Ende erzählt?
    Du hörst, sage ich, von wem?
    Er lässt mich von selbst darauf kommen.
    Soll das etwa heißen, dass das Luder die ganze Zeit für euch gearbeitet hat?
    Nein, sagt er, die arbeitet nur für sich selbst. Aber wir hatten eine Abmachung.
    Und zwar?
    Wir lassen sie machen, sagt er, und kriegen dafür Kopien von deinen sentimentalen Bändern. Sie war sicher, dass nur sie allein weiß, wie alles aus dir herauszuholen ist. Sie war sehr überzeugend.
    Ich schaue sie an, wie sie sich wieder auf die Mauer setzt, ganz unbeteiligt, immer noch halb weggetreten.
    Ja, sage ich, sie war wirklich überzeugend. Sehr erfolgreich.
    Inzwischen bin ich mir darüber nicht mehr ganz im Klaren, sagt er, ich habe das Gefühl, es fehlt ein wichtiger Teil.
    Geht’s auch konkreter?
    Wir sollten uns treffen, sagt er.
    Hervorragende Idee, sage ich, bring eine Handfeuerwaffe mit.
    Ja, ja, Mäxchen, sagt er, schon gut.
    Er nennt Zeit und Ort, abends im »Europa«, dann ist die Verbindung unterbrochen. Ich gebe Clara das Gerät zurück.
    Du bist wahnsinnig, sage ich.
    Wieso das denn?
    Du hast wohl immer noch nicht begriffen, was das für Leute sind.
    Sie sitzt mit zusammengepressten Knien auf der Mauer, mit hängendem Kopf, und sie spricht zum Zementboden, ohne mich ein einziges Mal anzusehen.
    Sag bloß, du machst dir Sorgen um mich.
    Bisher habe ich mir keine Rechenschaft darüber abgelegt, ob ich mir Sorgen um sie mache oder nicht, kann schon sein, oder vielleicht geht es eher darum, dass ich das alleinige Vorrecht erworben habe, ihr etwas anzutun. Wir haben einen Handel geschlossen, meine Geschichte gegen ihre Würde, Freiheit, Gesundheit, kurz, gegen ihre Person. Genau so ist es nämlich.
    Ich mache mir Sorgen um mein Eigentum, sage ich. Ich habe dich gekauft.
    Irrtum, sagt sie, du hast mich gemietet. Und die Mietzeit läuft jetzt aus.
    Nein, läuft sie nicht.
    Doch, läuft sie.
    So kommen wir nicht weiter. Ich versuche es anders.
    Clara, sage ich, liebst du mich?
    Sie antwortet nicht, ich wiederhole meine Frage, und sie beugt sich noch weiter vor, drückt die Stirn auf die Knie und flicht die Finger in ihre Zehen. Ich will sie anstoßen, vielleicht an der Schulter, aber etwas in ihrer Haltung hindert mich daran.
    Okay, noch anders, sage ich. Liebst du dich selbst?
    Ja, sagt sie, über alles.
    Und du glaubst, die lassen dich jetzt seelenruhig nach Hause fahren?
    Natürlich, sagt sie, ich habe nichts anderes getan, als die Hirnausscheidungen eines drogenabhängigen Psychotikers aufzuzeichnen.
    Hirnausscheidungen?, frage ich.
    Aus dir, sagt sie, laufen die Geschichten raus wie Eiter aus einem Geschwür. Ich habe weder Herbert noch Ross noch Jessie jemals gesehen, ich kann nicht mal sicher sein, ob es die überhaupt gibt. Am Telephon habe ich mit einem Unbekannten gesprochen und ein paar Tonbänder in einer der angesehensten Rechtsfirmen Europas abgeliefert. Was ist dabei? Was sollten die weiter von mir wollen?
    Lisamädchen, sage ich, so naiv kann man doch gar nicht sein.
    Sie schlingt die Arme um den Körper. Jetzt sieht sie aus, als würde sie frieren, ein merkwürdiger, kahler, magerer, frierender Außerirdischer im weißen T-Shirt.
    Typ, sagt sie, was

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