Admiral Bolithos Erbe
Crew nicht aus den Augen ließ, jederzeit bereit, mit einem Befehl einzugreifen.
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segelte mit starker Schräglage, Wind und Seegang krängten sie so, daß sie sich zu
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hinüber neigte.
Wie mochte seine Fregatte von dort drüben aussehen?
Bolitho wandte sich ab und stieg den Niedergang zum Batteriedeck hinunter. Die Kanoniere waren noch auf Station, aber die Spannung war mit der Dunkelheit gewi chen, als das Licht ein leeres Meer enthüllte. Der Zweite und Dritte Offizier plauderten so entspannt miteinander wie Spaziergänger in einem Park.
Neale richtete sein Teleskop durch die Backbord-Webeleinen auf das hügelige, schiefergraue Festland. Bis zur Küste waren es nur fünf Seemeilen, dort drüben mußten schon viele Augen den beiden britischen Schiffen folgen.
Gereizt warf Neale sein Fernrohr einem Midshipman zu und grunzte: »Nicht das geringste zu entdecken.«
Browne trat neben Bolitho ans Schanzkleid. »Sie scheint durch die See zu fliegen, Sir.«
Bolitho lächelte ihn an. Browne war wohl so erregt über das prächtig segelnde Schiff unter seinen Füßen, das sich temperamentvoll wie ein lebendiges Wesen den weißen Hunden entgegenwarf, daß ihn die aufgezwungene Untätigkeit nicht zu stören schien.
»Gewiß. Mein Neffe dort drüben wird alle Hände voll zu tun haben, aber zweifellos jeden Moment genießen.«
»Na, darum beneide ich ihn nicht, Sir.« Browne vermied es stets sorgfältig, den Kommandanten der
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zu erwähnen. »Eine bunt zusammengewürfelte Mannschaft und dazu Offiziere, die noch halbe Kinder sind. Nein, da ist mir meine Aufgabe hier an Bord schon sehr viel lieber.«
Bundy rief: »Nebel voraus, Sir!«
Neale brummte bestätigend. Er hatte schon selbst gesehen, daß sie auf eine leichte Nebelbank zufuhren, die wie heller Rauch tief über dem Wasser hing. Wenn Bundy sie erwähnte, bedeutete dies, daß er sich deshalb Sorgen machte. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis die Ausguckposten die südliche Landspitze der Loiremündung ausmachen mußten. Danach würden sie als nächstes die Ile d’Yeu sichten. Sie waren wieder da, wo alles angefangen hatte, aber diesmal sehr viel dichter unter Land.
Neale warf einen Blick zu Bolitho, der mit auf dem Rücken verschränkten Händen am Schanzkleid stand und mit den Knien die unregelmäßigen Schiffsbewegungen abfederte. Der kehrt niemals um, auch nicht in tausend Jahren, dachte Neale. Seltsamerweise fühlte er Mitleid für den Admiral und Betroffenheit darüber, daß sein wagemutiger Plan zu mißlingen drohte.
»An Deck! Segel Backbord voraus!«
Neale war mit einem Sprung in den Wanten und gestikulierte ungeduldig nach seinem Fernrohr.
Bolitho verschränkte die Arme über der Brust, damit niemand sah, wie seine Hände vor Spannung bebten.
Der Wind griff in die Nebelbank und wirbelte sie davon, der Küste zu. Und da waren sie, die Landungsboote: sechs Reihen breit, segelte die Flotte in Kiellinie, so diszipliniert wie eine römische Kohorte auf dem Marsch. Die Wimpel und Flaggen, die steif auswehten und im grellen Morgenlicht bunt leuchteten, wirkten wie Standarten.
Browne holte tief Luft. »Bei Tageslicht scheinen es sogar noch mehr zu sein, Sir.«
Bolitho nickte, sein Mund war plötzlich trocken geworden. Die Flotte kleiner Fahrzeuge kämpfte schwer mit Wind und See, kreuzte hin und her, immer bemüht, in Kiellinie zu bleiben und nach Luv voranzukommen.
Neale rief: »Was sie jetzt wohl vorhaben? Sich zerstreuen und fliehen?«
Bolitho befahl: »Setzen Sie mehr Segel, Kapitän Neale, und zwar so viel, wie sie nur tragen kann. Wir wollen dem Feind keine Chance geben, das selbst zu entscheiden.«
Er wandte sich um und sah Browne übers ganze Gesicht grinsen, während überall Männer auf ihre Stationen hasteten, um den schrillen Pfiffen und dem Ruf nach mehr Segelfläche zu gehorchen. Auf beiden Seiten wurden die riesigen Leesegel ausgebracht, die wie große Ohren abstanden und sie immer schneller auf den dichten Teppich der Landungsboote zutrugen.
An Steuerbord achteraus legte sich die helle Segelpyramide von
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noch schräger, als sie dem Beispiel der führenden Fregatte folgte, und Bolitho glaubte, den Fiedler auf seiner Geige kratzen zu hören – anfeuernde Begleitmusik zu den Shantys der schwer in die Brassen einfallenden Seeleute.
Midshipman Kilburne hielt trotz der Aufregung sein Fernrohr unbeirrt auf die andere Fregatte gerichtet und rief jetzt: »Von
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Sir! Sie
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