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Adorkable - Zwei, die sich hassen und lieben

Adorkable - Zwei, die sich hassen und lieben

Titel: Adorkable - Zwei, die sich hassen und lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarra Manning
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mich nicht ansah und auch nicht mit mir sprach, so wie auch ich ihn nicht ansah oder mit ihm sprach, okay? Ich war ihm noch nicht einmal mehr böse, obwohl ich innerlich wegen dieser Twitter-Sache immer noch ein bisschen angesäuert war und außerdem wegen seiner Unfähigkeit, mit meinem Erfolg umzugehen. Aber nun begann ich mich zu fragen, ob Michael vielleicht nicht nur nicht mit meinem Erfolg umgehen konnte, sondern mit mir überhaupt, denn ich war schon wirklich eine ziemliche Katastrophe.
    Ich seufzte und Kathy warf mir einen Blick zu. Keiner von ihren alten Mein-Gott-ich-wünschte-sie-hätten-in-der-Schule-die-Prügelstrafe-noch-nicht-abgeschafft-Blicken, sondern einen von ihren neuen Oh-arme-kleine-Jeane-Blicken. »Ist alles in Ordnung?«, fragte sie mit leicht geneigtem Kopf, um mir zu zeigen, dass sie für mich da war und, Gott, ich wollte nichts lieber, als dass sie für mich da war. Ich erkannte mich selbst kaum wieder.
    »Mir geht’s gut, vielen Dank«, sagte ich mit einer Riesenportion falschem Enthusiasmus, und das Piepsen meines Handys rettete mich davor, noch tiefer ins Detail darüber gehen zu müssen, wie großartig alles war. Es war eine SMS von Tabitha.
    Wir sind wach. Schieb deinen Arsch rüber. Ich hab hier eine Kuchenrolle, auf der dein Name steht. Tab xxx.
    Kein Wunder, dass ich in eine tiefe Glaubenskrise verfallen war. Ich hatte schon viel zu viel Zeit mit den Lees verbracht, und daran lag es auch, dass ich mich plötzlich so sehr nach all diesem Glückliche-Familie-Quatsch sehnte. Wie konnte man sich nach etwas sehnen, das man niemals haben würde? Das war aussichtslos. Ich würde mich wieder besser fühlen, wenn ich mit meinen Leuten zusammen war.
    Kathy und Shen und sogar Melly und Alice wollten mich nur widerstrebend gehen lassen. Michael grunzte nur irgendetwas und ging die Spülmaschine einräumen, als ich mich verabschiedete und treu versprach, anzurufen und sie wissen zu lassen, wenn ich abends gut zu Hause angekommen war, und wenn ich lieber noch ein paar Tage länger bleiben wollte, wäre das auch völlig in Ordnung, auch wenn Kathys ältliche Tante an Boxing Day erwartet wurde, die nach Mellys und Alices Meinung »echt nach Pipi roch«.
    Sie kamen sogar auf die Idee, mich nach Hause fahren zu wollen, aber ich bestand unbeirrt und vielleicht ein bisschen zu energisch darauf, dass ich gerne nach Hause lief, und schließlich – endlich – ganz zum Schluss – wurde die Haustür geöffnet und ich war frei.

36
    Es war sechs Uhr dreißig am Abend des Weihnachtstages, und ich war nicht sicher, ob ich noch einen weiteren Mince Pie essen, mich übergeben oder in ein Fresskoma fallen sollte.
    Ich lag auf dem Boden des Wohnzimmers, mit dem Rücken an das Sofa gelehnt, auf dem Mum und Dad sich aneinanderkuschelten, obwohl man ihnen mehrfach gesagt hatte, dass sie das besser lassen sollten, weil öffentlich zur Schau gestellte elterliche Zuneigung auf Kinder einfach ekelerregend wirkt. An meinen beiden Seiten hatten sich je eine Melly und eine Alice angekuschelt und wir sahen uns das Doctor Who Christmas Special an. Wir trugen alle fünf noch unsere Papierhüte, und ich hatte die letzten drei Röstkartoffeln ganz hinten im Kühlschrank versteckt, um sie später noch zu verspeisen.
    Gott, ich liebe Weihnachten, dachte ich gerade, als mein brandneues iPhone piepste.
    Ich hatte eine Mail von Jeane, und binnen einer Sekunde waren meine anheimelnd warmen Gefühle abgekühlt und ich dachte wirklich, ich müsste kotzen. Eine Mail von Jeane fühlte sich an, wie von einem Security-Mann durch einen ganzen Laden verfolgt zu werden. Es vermittelte mir ein Gefühl des Grauens, und auch wenn ich gar nichts Falsches getan hatte (oder ich zumindest dachte, dass ich das nicht hätte, aber das konnte man bei Jeane nie genau wissen), fühlte ich mich auf der Stelle schuldig.
    Das lag daran, dass sie, ja, die ganze verdammte Zeit über immer nur ich, ich, ich schrie, doch so langsam wurde mir klar, dass der Grund für ihre Egozentrik wohl darin lag, dass es niemanden sonst in ihrem Leben gab, mit dem sie sich hätte befassen können. Es war nicht richtig, dass sie sich um die kaputten Sachen im Haushalt kümmern musste – ich wusste noch nicht mal, wie man die Waschmaschine anmachte –, und sie hätte auch an Heiligabend nicht allein sein dürfen. Und, ja, ich hätte ihr ehrlich sagen müssen, dass ich @winsomedimsum auf Twitter war, und, oh Gott, ich glaube, ich hätte auch zugeben müssen, dass ich

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