Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
gerannt.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Nehmen wir mal an, sie hatten zehn Minuten Zeit, um ihn auf dem Rücksitz des SUV zu foltern. Das reichte wohl kaum, um seine Körperöffnungen zu untersuchen.«
»Sei dir da nicht so sicher. Manche Profis tun so was ganz von selbst.«
Jewel legt die Stirn in Falten. »Was für Profis? Redest du von Cops?«
»Von Soldaten. Ehemaligen Soldaten. Vielleicht Paramilitärs.«
»Paramilitärs?«
»Milizionäre«, erklärt Dad. »Es können aber auch Mitglieder von Verbrechensorganisationen sein.«
»Sie hatten nicht damit gerechnet, dass Tim aus dem Fahrzeug flieht«, denke ich laut nach. »Sie hatten ihm Drogen gespritzt und angefangen, ihn zu foltern, aber irgendwie muss er am Broadway rausgesprungen sein. Wenn sie seine Körperöffnungen also nicht untersucht haben und wenn er ihnen das Versteck nicht sofort nannte, muss er den Stift nach dem Sprung aus dem Auto noch bei sich gehabt haben. Wer hatte post mortem Zugang zum Körper?«
»Die Polizisten am Tatort«, erwidert Jewel.
»Glaubst du, sie hätten ihm die Hose runtergezogen und seine Körperöffnungen untersucht, während sich Zuschauer über den Zaun hängten?«
»Ausgeschlossen ist das nicht«, meint Dad. »Eine Gruppe von Männern könnte sich über ihn gelehnt haben, um ihn abzuschirmen.«
»Nein. Dann müssten zu viele Polizisten Dreck am Stecken haben. Nehmen wir an, der Stick war noch an Ort und Stelle, als Jewel die Leiche erhielt. Wer hatte danach Zugang zu ihr?«
Jewel betrachtet die Decke und nickt langsam. »Es war so spät, dass ich ihn im Leichenschauhaus in St. Catherine’s untergebracht habe, statt ihn nach Jackson zu fahren. Von der Universität hatte ich erfahren, dass man die Autopsie für mich vorziehen würde, aber es wäre nicht schneller gegangen, wenn ich ihn mitten in der Nacht hingebracht hätte. Außerdem war ich den ganzen Tag in der heißen Sonne gewesen …«
»Das Leichenschauhaus ist doch abgeschlossen, oder?«
»Meistens. Und die Schubladen auch. Aber ich habe nicht den einzigen Schlüssel. Sie haben meinen Schlüssel bekommen, als ich den Posten übernahm. Wahrscheinlich hätte ich neue Schlösser an den Schubladen anbringen lassen sollen, aber die Verwaltung hätte vermutlich was dagegen gehabt. Schließlich gehört mir das Krankenhaus Nicht. Also könnte jeder, der einen Schlüssel zu den Schubladen hat, an die Leiche heran. Auf jeden Fall der Gerichtsmediziner. Auch ein paar Techniker. Und Krankenschwestern. Sogar die Instandhaltung könnte einen Schlüssel haben.«
»Das müssen wir herausfinden.«
Jewel prustet. »Zurzeit könntest du im Krankenhaus einen Monat lang Fragen stellen und nie erfahren, wer einen Schlüssel hat. Es ist so, als wollte man herausfinden, wer alles einen Schlüssel zu einer Kirche oder Schule besitzt. Und wenn ich selbst Fragen stelle, wird jeder davon erfahren. Oder soll ich?«
»Nein. Vergiss es. Aber deines Wissens hat kein Polizist gemeldet, dass ein USB -Stick entdeckt worden ist?«
»Nein. Sie wissen nicht einmal von der Kappe, oder ich hätte schon ein Dutzend dumme Witze darüber gehört.«
»Ich glaube, Jewel sollte aufbrechen«, sagt Dad.
»Nur noch eines«, widerspreche ich. »Shad Johnson.«
Jewels braune Augen sind von einer Emotion erfüllt, die ich nicht deuten kann. »Der Mann hasst dich. Ich glaube, seit du ihn bei der Bürgermeisterwahl geschlagen hast, will er dir ans Leder.«
»Die Gründe liegen noch weiter zurück. Es war der Fall Del Payton.«
»Ja«, erwidert Jewel mit einem Nachdruck, den ich nur von schwarzen Frauen gehört habe. »Deshalb hat er die Wahl verloren. Weil er seine eigenen Leute verraten hat. Und das wussten wir. Endlich ist die Zeit vorbei, in der Schwarze immer für dich stimmen, nur weil du auch schwarz bist.«
»Shad hat dich ausdrücklich davor gewarnt, Informationen mit mir zu teilen?«
»Genau.«
»Hat er einen Grund genannt?«
»Er hat gesagt, dass das Opfer ein Freund von dir ist und dass du in den Fall verwickelt sein könntest. Es sei möglicherweise illegal, dir irgendwelche Informationen zukommen zu lassen.«
»Waren das seine genauen Worte?«
»Er hat noch von einem ›Kündigungsgrund‹ gesprochen.«
»Ich bin dir wirklich sehr dankbar, Jewel«, erkläre ich. »Aber von nun an musst du dich bedeckt halten. Mehr kannst du nicht tun.«
Sie verzieht das Gesicht. »Da bin ich mir nicht so sicher. Aber du wirst nichts von mir hören, es sei denn, ich habe etwas, das du wirklich
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