Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
nachdenklich. »Falls ihm das gelungen ist, haben seine Verfolger das Auto vielleicht noch nicht durchsucht.«
»Wenn sie wissen, wo es ist, haben sie es bestimmt unter die Lupe genommen.« Ich erinnere mich an Sands’ Überzeugung, dass Tim die gestohlenen Daten niemandem gemailt hat. »Aber wir können nicht sicher sein.« Wenn ich Seamus Quinn anriefe, könnte ich mir eine Menge Ärger ersparen, aber wenn Quinn nicht ahnt, wo sich das Auto befindet … »Ich muss dort runtersteigen, Männer.«
»Wie denn?«, fragt McDavitt. »Mit meiner Winde schaffen Sie nicht mal die Hälfte der Strecke.«
»Dann muss ich’s so machen wie mit siebzehn Jahren.«
»Und wie lange haben Sie gebraucht?«
»Fast einen Tag.«
Ein sporadisches Piepen durchdringt das gedämpfte Summen in der JetRanger-Kabine.
»Was ist das?« McDavitt mustert seine Armaturen. »Es kommt nicht von unserem Schiff.«
Ich nehme einen Hörer meines Headsets ab. »Entschuldigung. Es ist ein Satellitentelefon.« Ich hebe das Telefon vom Boden auf, drücke auf die Sendetaste und halte mir den Empfänger ans Ohr. »Hallo?«
»Penn, hier ist Dad.«
»Was ist los? Stimmt etwas nicht?«
»Ich glaube, du solltest in meiner Praxis vorbeikommen.«
»Jetzt sofort?«
»Ja. Hier ist jemand, der mit dir reden möchte.«
»Kannst du mir sagen, wer es ist?«
»Lieber nicht.«
Einen Moment lang steigt Panik in mir auf. »Geht’s dir gut?«
»Ja. Mach dir keine Sorgen.«
»Hast du von deinem Praxisapparat aus angerufen?«
»Ach was. Ich habe mir Chris Shepards Handy ausgeliehen.«
»Okay.« Chris Shepard ist einer der jüngeren Partner meines Vaters.
»Komm jetzt her, wenn du kannst.«
»Ich erledige gerade etwas Wichtiges.«
Kurzes Schweigen. Dann sagt mein Vater: »Gut. Mal sehen, wie wichtig es ist. Bei mir sitzt Jewel Washington mit den Ergebnissen von Tim Jessups Autopsie, die sie laut Anweisung niemandem mitteilen soll. Ist das nicht wichtig genug?«
Verdammt. »Lass sie bloß nicht weg! Ich bin in fünfzehn Minuten da.«
»Das habe ich mir gedacht.«
Ich hänge ein, blicke auf den Wald hinunter und dann auf die Männer im Cockpit. »Ich muss zurück zu meinem Auto.«
McDavitt nickt. Carl sieht mich immer noch an und bläst die Luft aus. »Wenn Sie wirklich glauben, dort unten könnte das sein, was Sie suchen, werde ich für Sie nachschauen.«
»Ehrlich? Es ist ein tiefes Loch.«
Sims lacht. »Mag sein. Aber ich habe mein Leben lang davon gehört und möchte mich selbst überzeugen, was da so vor sich geht.«
»Wonach genau soll er suchen?«, fragt McDavitt.
»Wahrscheinlich nach einer DVD . Oder nach jedem anderen digitalen Medium.«
»Jedes digitale Medium in dem Auto ist verbrannt«, wendet der Pilot ein.
»Vielleicht wurde es aus dem Wagen geschleudert«, sagt Carl. »Zum Beispiel, wenn es in einer Tasche oder einem Koffer war.«
»Du willst da wirklich runtersteigen?« McDavitt schüttelt den Kopf. »Merken Sie, dass dieser Knabe Marineinfanterist war?«
»Sie könnten recht haben, was das Feuer angeht«, räume ich ein. »Aber wenn wir nicht nachsehen, werden wir es nie mit Sicherheit wissen.«
Carl presst das Gesicht an die Scheibe. »Wenn Sie es als Pfadfinder geschafft haben, da runterzusteigen und wieder hochzuklettern, kann ich’s bestimmt auch. Schlimmer als im Irak wird es nicht sein, oder?«
»Ich glaube nicht, dass es im Irak Klapperschlangen und Bären gibt.«
»Oder Pumas«, setzt McDavitt spöttisch hinzu.
Carl nickt bedächtig. »Da könnte was dran sein. Aber ich habe gute Stiefel, und wenn ich schießen muss, treffe ich auch.«
»Nur muss man die Gefahr rechtzeitig bemerken, um schießen zu können«, sagt McDavitt.
Sims lächelt. »Ich werde die Augen offenhalten.«
»Okay«, meint McDavitt. »Wohin zieht dieser Reisezirkus als Nächstes?«
»Zu meinem Auto«, erwidere ich.
»Und dann zu meinem«, sagt Sims. »So schnell wie möglich. Ich möchte nicht in dem Loch stecken, wenn es dunkel wird.«
McDavitt lenkt den Hubschrauber hinaus auf den Fluss und fliegt zurück in Richtung Stadt.
22
D ie Praxis meines Vaters sieht aus, als gehöre sie in die Smithsonian Institution. Es ist die Zuflucht eines Arztes, der Geschichte und die Kunst der Medizin liebt und seine Geringschätzung für moderne Geräte demonstriert, indem er seinen tragbaren Computer in die Schwesternstation außerhalb seines Heiligtums verbannt. Das Sprechzimmer ist seinerseits geradezu ein Museum, denn es enthält eine gewaltige
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