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Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl

Titel: Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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habe.
    Meine Mutter behauptete, ein paar überraschend angenehme Tage in dem sicheren Haus in Texas verbracht zu haben. Nur die Tatsache der Trennung habe sich als Qual erwiesen. Obwohl Mom ahnte, dass die Krise, die ihre und Annies Flucht erforderlich gemacht hatte, noch nicht völlig beigelegt war, versicherten wir meiner Tochter, dass die bösen Männer alle unschädlich gemacht worden seien. Auf ihre Frage, weshalb James Ervin und sein Bruder auf der Veranda und auf dem Hinterhof Wache hielten, erwiderte ich, dass wir noch für ein, zwei Tage auf Nummer sicher gehen wollten.
    »Falls die Freunde der bösen Jungs wütend sind, nicht?«, sagte Annie.
    »Mehr oder weniger«, gab ich zu.
    Meine Eltern sind vor einer halben Stunde abgefahren, und James Ervin saß am Steuer. Sein Bruder Elvin ist zurückgeblieben, um auf Kellys Rückkehr zu warten. Annie hat rasch gebadet, ist dann ins Bett geklettert und hat mich gerufen, damit ich sie zudecke.
    Offensichtlich ist sie sehr erleichtert darüber, wieder zu Hause zu sein, wie sehr sie auch vorzutäuschen versucht, dass das Leben auf der Flucht keine große Sache war.
    »Das zweite Haus war unheimlicher«, sagt sie und blickt unter den Decken hervor zu mir auf. Ich sitze auf der Bettkante.
    »Warum?«
    »Das erste war so was wie eine Eigentumswohnung. Wie in den Ferien. Aber dann rief Mr. Kelly an, und Mr. Jim hat gesagt, dass wir wieder weiter müssen. Das Haus, zu dem er uns gebracht hat, war überhaupt nicht so schön. Ich glaube, es gehörte einer Lady, die er kannte. Die Zimmer waren in Ordnung, aber ich habe gemerkt, dass Mr. Jim und seine Freunde sich Sorgen machten. Im ersten Haus habe ich ihre Pistolen nie gesehen, aber im zweiten hatten sie dauernd welche in der Hand.«
    »Es tut mir leid, dass du das alles durchmachen musstest, Baby. Aber jetzt ist es vorbei.«
    »Wie war Mr. Tims Beerdigung? War sie traurig?«
    »Ja. Alle Beerdigungen sind traurig, ganz besonders, wenn der Tote noch jung war.«
    Verwirrung umwölkt Annies Augen. »Mr. Tim war nicht jung.«
    Ich muss lächeln. »Dann bin ich es wohl auch nicht. Er war genauso alt wie ich.«
    »Oh, du bist nicht alt.« Offenkundig ist sie ein wenig verlegen. »Aber du bist auch nicht jung. Es ist nur … Mr. Tim schien viel älter zu sein als du.«
    »Das kommt daher, weil er nicht auf sich aufgepasst hat, als er jung war. Er hatte ein bisschen Pech …«, ich zögere, »und er verließ sich auf Drogen, um damit fertig zu werden.«
    »Du brauchst mir nicht zu sagen, dass ich keine Drogen nehmen soll. Das weiß ich schon.«
    »Da bin ich mir sicher. Aber das Leben sieht anders aus, wenn man älter wird. Das Schicksal baut immer wieder Hindernisse auf, die du nicht erwartet hast, und manchmal ist das schwer zu verkraften.«
    »Zum Beispiel wie damals, als Mom krank wurde.«
    Der Sturm von Emotionen, der mich überfällt, lässt mich fast schwindelig werden. »Ja. Das ist ein gutes Beispiel.« Ich wende einen Moment lang den Blick ab, um mich zu sammeln. »Aber uns geht es doch gut. Stimmt’s?«
    Annie nickt mit einiger Überzeugung.
    »Ich möchte dir eine Frage stellen, Würstchen. Eine wichtige Frage, einverstanden?«
    »Klar.«
    »Was würdest du davon halten, wenn ich nicht mehr Bürgermeister wäre?«
    Ihre Augen weiten sich, aber ich kann ihre Gefühle nicht durchschauen. »Wie meinst du das? Wirst du abgewählt oder so?«
    »Nein, nein. Aber seit einiger Zeit habe ich das Gefühl, dass ich die Dinge, die ich mir vorgenommen hatte, nicht erreichen kann. Auch die Dinge, die ich für dich und die Kinder in deinem Alter ändern wollte. Nur die Zeit kann helfen, und gemeinsam haben wir beide davon nicht allzu viel. Zeit, um dir die Ausbildung zu verschaffen, die du verdienst, und um …«
    »Was?«
    »Um zu leben. Es ist schwer zu erklären.«
    Annie bewegt die Lippen wie jemand, der ein schwieriges Problem zu lösen hat. »Ich fand’s besser, als du nur Bücher geschrieben hast. Da warst du viel öfter zu Hause.«
    »Das kann man wohl sagen.«
    »Aber damit alles wieder so wird wie früher, musst du aufhören, Bürgermeister zu sein. Hab ich recht?«
    »Ja.«
    »Mir sagst du doch immer, dass man nicht aufgeben darf, auf keinen Fall.«
    »Ich weiß. Das macht mir zu schaffen. Aber als Bürgermeister muss man den Menschen der Stadt dienen. Und wenn ich mich nicht ganz auf das Amt konzentrieren kann, verrate ich die Menschen.«
    Annie starrt an die Decke und überlegt.
    »Es wäre nicht das erste Mal«, fahre

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