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Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl

Titel: Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Glücksspiel war Tunica County, Mississippi – früher eine der ärmsten Gegenden der USA – zu Reichtum aufgestiegen. Tunica, 1991 noch ein ländlicher Kreis mit stinkenden Kanalisationsgräben, hat sein Pro-Kopf-Einkommen verdoppelt und die Zahl der Arbeitsplätze von zweitausend auf über siebzehntausend erhöht. Man hat 40 Millionen Dollar in die Erneuerung der Schulen investiert, Millionen für Polizei und Feuerwehr aufgebracht, ein Sportstadion gebaut, die Größe der Bibliothek verdoppelt und mehr als 100 Millionen Dollar in das Straßennetz gesteckt. Im staatlichen Rahmen ist die Beurteilung des Glücksspiels eindeutig positiv, denn seit 1992 bringt die Casinobranche fast fünf Prozent der Steuererträge des Staates auf.
    Trotz Mrs. Pierces Argwohn, dass »Laster nun mal Laster ist, welchen Mantel es auch trägt«, wusste ich, dass ich Fortschritte machte. Denn sie versicherte mir, sie habe stets ihre Freunde getadelt, die sich dem Wandel blindlings widersetzten. Dadurch seien die Bemühungen der Stadt, mit dem Rest des Landes Schritt zu halten, gebremst worden. Mein Ziel war fast erreicht, als sie flüsterte, sie habe sich nie vorstellen können, dass sie eines Tages den Hügel, der zu ihrem »Heimatort« führe, hinunterblicken und ein Casino-Neonzeichen sehen werde. Ich versprach ihr, dass es nicht dazu kommen brauche, wenn dies ihr letzter Einwand sei. Die Stadt könne ihr sämtliche Beschilderungspläne von Golden Parachute zur Genehmigung vorlegen. Mir klappte die Kinnlade herunter, als die verwelkte Südstaatenschönheit erklärte, sie werde keinen Anstoß an den Neonzeichen nehmen, wenn die Gesellschaft ein halbes Prozent ihrer Einkünfte aus der Magnolia Queen darauf verwende, den benachteiligten Kindern der Stadt zu helfen. (Mrs. Pierce sprach von »farbigen« Kindern, aber ihr Herz war am rechten Fleck.) Am Ende erklärte das Unternehmen sich mit einem Viertelprozent einverstanden, was sich in diesem Jahr auf 162.000 Dollar beläuft.
    Zwei Tage nach unserem Gespräch strich Mrs. Pierce die einschränkende Klausel, und das Casinogeschäft mit Golden Parachute nahm seinen Anfang. Dadurch wurde ich für die Stadträte zu einem Helden, doch ich kam mir wie ein Gauner vor. Was ich heute empfinde, ist unvergleichlich schlimmer. Mrs. Pierce starb einen Monat nach Annullierung der Klausel, und wenn nur die Hälfte von Tims Behauptungen stimmt, war der Tod eine Gnade für sie. Die Bevölkerung erfuhr nie, dass ich Golden Parachute den Weg geebnet hatte, aber dadurch wird mein Schuldgefühl nicht gemindert.
    Gleichwohl existierten Hundekämpfe, Drogenmissbrauch und Prostitution bei uns schon lange vor Ankunft der Magnolia Queen , genau wie in jeder anderen Stadt Amerikas. Der Vorwurf, dass Golden Parachute den Ort um Steuermillionen betrogen habe, ist jedoch von ganz anderer Art. Solche Verbrechen, die dem Anschein nach weniger besorgniserregend sind, richten letztlich besonders großen Schaden an, weil sie sich auf jeden Mann, jede Frau und jedes Kind in der Stadt auswirken. Wenn die Behauptung zutrifft, wird Mundraub an genau den Kindern begangen, denen Mrs. Pierce helfen wollte.
    Aber das ist der Teil von Tims Erzählung, den ich einfach nicht glauben kann. Ich weiß nicht genug über Computer, um beurteilen zu können, ob es möglich ist, die Bruttoeinnahmen des Casinos zu verfälschen, doch selbst wenn es machbar ist, bleibt die Hauptfrage: Warum sollte Golden Parachute ein solches Risiko eingehen? Und gerade jetzt? Denn vor sechsundvierzig Tagen brauste Hurrikan Katrina über die schwimmenden Goldgruben hinweg, die Casinos in Biloxi und Gulfport. Ein einziger Sturm hatte eine Branche ausgelöscht, die 100 Millionen Dollar im Monat umsetzt. Doch 150 Meilen nordwestlich, in Natchez, machten die Magnolia Queen und ihre Schwestercasinos einfach nur die Schotten dicht und überstanden den Sturm. Die Stadt erlitt schwere Schäden, und manche Gebiete mussten über eine Woche lang auf Strom verzichten, aber die Magnolia Queen hat eigene Generatoren und war bereits am Tag nach dem Hurrikan wieder in Betrieb. Und kaum waren manche Flüchtlinge in den Kirchen und Turnhallen untergekommen, fanden sie schon die Zeit, um sich hinunter zum Fluss zu begeben und das bisschen Geld zu verspielen, das sie mitgebracht (oder von den Kirchen erhalten) hatten. Der Gedanke daran bereitet mir Übelkeit, doch vor allem bestätigt er mir, dass die Partner von Golden Parachute Gaming wahnsinnig sein müssen, dass sie ihre

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