Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
eingeben muss. Die drei anderen Wächter sind verschwunden, doch als der Lift erscheint und die Tür sich öffnet, gelingt es uns sechs kaum, Platz in der Kabine zu finden.
Im Lift brodelt es förmlich vor Anspannung. Sands und Kelly haben sich natürlich die hintere Wand gesichert, und ich stehe in der Mitte, sodass Quinns Brustkasten an meinen Rücken gepresst ist. Fast erwarte ich, dass sich das Messer, mit dem er meinen Gürtel aufgeschlitzt hat, zwischen meine Nieren schiebt.
»Fünfzehn Minuten«, sagt Hull, als die Kabine auf dem Hauptdeck anhält. »Wenn Kelly bis dahin keinen Anzug hat, brechen wir ohne ihn auf.«
»Keine Sorge«, erwidere ich, aber meine Gedanken sind bei dem Recorder unter Deck, während die Tür sich öffnet.
Hull und sein Begleiter verlassen den Lift als Erste. Sie umrunden die Trennwand, und Hull winkt Kelly heran. Nachdem er an mir vorbeigegangen ist, packt eine Hand mein Hemd und zerrt mich zurück. Dann spüre ich den Atem eines Mannes an meinem Ohr. »Erinnern Sie sich an die Nacht auf Ihrer Veranda?«, flüstert Sands. »Sie können so viele Vereinbarungen mit Hull treffen, wie Sie wollen, Kumpel. Aber denken Sie daran, dass nichts in meiner Welt auf dem Papier gelöst wird. Nichts. «
Ich reiße mich los, doch er packt ein Stück Haut und Fleisch an meiner Seite und verdreht es mit solcher Kraft, dass Blutgefäße platzen. Aber in diesem Moment ist nur noch eines wichtig: das Zeichen für Chief Logan, den Recorder unten abzuholen. Kelly lässt sich mit einem neugierigen Blick zu mir zurückfallen, als hätte er gemerkt, dass sich irgendetwas abgespielt hat, doch ich schüttle den Kopf und stoße ihn vorwärts.
Hinter der Trennwand blicke ich zum oberen Ende der Rolltreppe hinauf, aber Logan ist nicht zu sehen. Ich versuche, den Polizeichef in der Menge sich bewegender Körper zu entdecken, während Kelly mich am Handgelenk weiterzerrt.
Das Klingeln eines Handys hinter mir lässt mich herumfahren. Seamus Quinn hat sein Mobiltelefon ans Ohr gedrückt und versucht, den Anrufer trotz des schrillen Lärms im Casino zu verstehen. Ich will gerade weitergehen, als Quinn die Augen aufreißt und Sands’ Arm packt. Sands wirkt verärgert, doch Quinn zieht ihn zur Seite und flüstert ihm drängend ins Ohr.
Alle meine Instinkte verraten mir, dass irgendetwas total schiefgegangen sein muss. Obwohl ich Logan nicht ausfindig gemacht habe, hebe ich die Hand zum Kopf und berühre ihn dreimal. Sands’ Blicke richten sich aus drei Meter Entfernung auf mich, und die Tücke in seinen Augen ist erschreckend. Einen Moment lang sind wir durch gegenseitigen Hass vereint, dann schnellt seine Hand so rasch in die Tasche, dass ich der Bewegung kaum folgen kann.
Eine Explosion weißer Lichter erhellt den Abend außerhalb des Casinos, bevor eine abgehackte Salve wie von Feuerwerkskörpern die Fenster klirren lässt. Die Menge verstummt entsetzt. Mit einem Mal schlingert das gesamte Casino vom Ufer weg. Hunderte von Menschen beginnen zu taumeln. Ein kollektiver Schrei des Entsetzens gellt durch den Salon. Sands grinst mich wild an, bevor er sich umdreht und zum Heck des Kahns rennt, dicht gefolgt von Quinn.
»Runter vom Schiff!«, ruft Kelly und stößt mich zur Seite, um die Verfolgung aufzunehmen. »Los, los, los! Ich hole den Recorder!«
69
W asser spritzt aus der Sprinkleranlage, schrilles Alarmgeheul ertönt, und eine Bandansage weist den Menschen mit absurder Ruhe einen Weg zu den Ausgängen. Der Bug des Kahns scheint langsam, doch mit wachsender Geschwindigkeit vom Flussufer weg zu treiben wie ein Baumstamm, der ins Hochwasser gezogen wird. Es ist ein gespenstisches Gefühl, als hätte ein riesiger Hotelballsaal begonnen, sich um die eigene Achse zu drehen.
Ein Schrei des Entsetzens lenkt meinen Blick zur Rolltreppe. Chief Logan steht dort oben und fordert die Gäste auf, sich zu beruhigen. Unter ihm wird die Treppe durch eine wogende Menge von Spielern verstopft. Viele sind gestürzt; andere trampeln in ihrer blinden Flucht zum Hauptdeck über die Liegenden hinweg. Logan versucht, die Stampede aufzuhalten, aber die Flut der panischen Menschen überschwemmt ihn. Alle haben nur einen einzigen Gedanken: den Haupteingang zu erreichen.
Ich wirble herum und halte nach Kelly Ausschau, kann ihn in der brodelnden Horde aber nicht finden. Dann sehe ich zu meiner Rechten, wie sein blonder Pferdeschwanz durch eine Servicetür verschwindet, die als Teil der Wand getarnt ist. Vielleicht funktioniert
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