Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
gesehen, nicht einmal eine ähnliche Rasse. Ein übergroßer Pitbull könnte sein nächster Vetter sein, aber dieser Hund hat ein runzeliges Gesicht, das mich aus der Fassung bringt. Er ist weiß von der Nase bis zum Schwanz, und er hat gestutzte Ohren und einen genauso muskulösen Brustkasten wie sein Herr. Das Tier ist von einer unirdischen Stille umgeben, als wäre es ein Gespenst und kein Wesen aus Fleisch und Blut, aber ich spüre die Abdrücke seiner Zähne immer noch an meinen Muskeln. Morgen werde ich dort Blutergüsse haben.
»Sie sind kein Narr«, sagt Sands und streicht liebevoll über den Kopf des Hundes. »Fangen Sie jetzt nicht an, ihn zu spielen. Ich mache es mir zur Aufgabe herauszufinden, mit wem ich umgehe. Ich weiß, dass Sie in Texas eine Menge schwerer Jungs ins Gefängnis gebracht haben. Vergewaltiger. Räuber. Mörder. Rassisten. Manche haben Sie sogar hinrichten lassen. Außerdem weiß ich, dass Sie sich mit Männern auf Ihrer eigenen Seite angelegt haben. Zum Beispiel mit dem Drecksack vom FBI . Ich erwähne diese Dinge nur, weil Sie etwas begreifen müssen. Trotz Ihrer stattlichen Erfahrung sind Sie nie einem Mann wie mir begegnet.« Ein selbstgefälliges Lächeln. »Das haben Sie bestimmt schon einige Male gehört, oder? Der Unschuldige im Todestrakt. Die Hure mit dem Herzen aus Gold. Aber hin und wieder stoßen Sie auf einen Kerl, der weiß, was Sache ist.« Sands lächelt vor sich hin. »Das bin ich. Und hier ist der Grund dafür, dass Sie es wissen.«
Er pfeift leise, und plötzlich stürzt sich der Hund auf mich, erhebt sich auf die Hinterläufe und presst mich mit den Vorderpfoten an meine Haustür. Seine Masse und seine Kraft sind verblüffend, und der heiße Atem, der mir ins Gesicht weht, löst eine primitive, fast unmenschliche Furcht in mir aus. Der Hund hat immer noch keinen Laut von sich gegeben, aber es fällt mir schwer, nicht an meinem Bein hinunterzupinkeln.
»Von dieser Minute an«, sagt Sands und blickt auf seine Uhr, »haben Sie vierundzwanzig Stunden, um den Gegenstand zu finden, den Ihr Freund gestohlen hat, und ihn mir zurückzugeben. Setzen Sie alle Mittel ein, die Ihnen zur Verfügung stehen, aber erwähnen Sie mich und meine Firma niemandem gegenüber. Tun Sie es trotzdem, werde ich es erfahren. Wenn Sie mit der Polizei oder mit dem Sheriff’s Department sprechen, werde ich es erfahren. Wenn Sie Kontakt zum FBI aufnehmen, werde ich es schneller herausfinden, als Sie es für möglich halten. Wenn Sie mit der staatlichen Glücksspielkommission sprechen, sind Sie am Arsch. Rufen Sie den Gouverneur, einen Senator oder Ihren alten Freund an, den Bezirksstaatsanwalt von Houston, sind Sie geliefert. Oder ich werde das kleine Mädchen umbringen, das oben schläft.«
Sands stellt sich neben seinen Hund und zieht den kalten Lauf seiner Pistole an meinem Stoppelkinn entlang. »Und ich werde keine Pistole benutzen, sondern das hier.«
Eine Nadelspitze aus Stahl durchbohrt die Haut knapp unter meinem Nabel, sodass meine Eingeweide von einem Schock gepackt werden.
»Ich kann sehr gut mit Messern umgehen«, sagt Sands leise. »Und ich nehme mir Zeit dabei. Kapiert?« Er drückt die Pistole in die Grube neben meiner Luftröhre, und die Messerspitze dringt ein wenig tiefer ein. »Nachdem Ihre Tochter tot ist, könnten Sie mich vielleicht vor Gericht bringen. Aber Sie haben schon mit so vielen Familien von Opfern zu tun gehabt, dass Sie wissen, wie nutzlos so etwas ist. Wenn Sie mich fünf Sekunden, nachdem ich Ihre Tochter getötet habe, hinrichten ließen, würde sie trotzdem nicht zurückkehren, stimmt’s?«
Ich entziehe mich der Benommenheit, die mich wie ein Nebel einhüllt, und schüttle den Kopf.
Sands hält sein rechtes Ohr fast an meine Lippen, und die Messerspitze verschwindet. Dann spüre ich, wie sie sich in die Haut zwischen zwei Rippen an meiner linken Seite bohrt. »Ich habe Sie nicht gehört, Euer Ehren.«
»Ich habe verstanden.«
»Sehr schön«, sagt Sands geradezu melodisch. »Aber Ihr scharfer Verstand arbeitet schon daran, wie Sie sich aus der Falle herauswinden können. Das Mädchen verstecken? Aber dann müssten Sie auch Ihre Mutter und Ihren Vater verstecken. Und natürlich Ihre Schwester in Bath und deren Mann und die beiden Gören. Ich habe jede Menge Freunde in England, die mir allerlei Gefälligkeiten schulden. Dann sind da noch die Frau, der die Buchhandlung gehört, und ihr dämlicher Sohn. Und vergessen wir nicht die Zeitungsverlegerin, die
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