Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
zieht sich Sands mit Linda und seinen anderen Geliebten zurück, wenn er während der Geschäftszeit mit ihnen schlafen will. Ein Bettsofa in der Ecke steht zwei großen LCD -Monitoren gegenüber, die sich stets wandelnde Bilder von den Sicherheitskameras am Oberdeck zeigen. Mit den Monitoren kann Sands, sogar beim Sex, alle Flächen des Casinos überwachen. Aber dieser Raum dient noch anderen Zwecken. Hier finden sich die Unruhestifter und Betrüger wieder, die nicht das Glück haben, der Polizei übergeben zu werden. Für solche Gelegenheiten steht ein einzelner Stuhl in der Mitte des Raumes und neben ihm ein glänzender Rollwagen, der wie ein Druckertisch aussieht. Aber der quadratische Apparat auf dem Wagen ist kein Drucker. Er ist kleiner, und aus ihm sprießen dünne Drähte hervor wie aus dem EKG -Gerät in einer Arztpraxis. Dieses Gerät ist der Grund dafür, dass das Personal diesen Raum als die wahre Devil’s Punchbowl bezeichnet.
Als Quinn sie zu dem Stuhl führt – Sands folgt ihnen, und sie spürt seine Gegenwart –, sieht Linda etwas an der entfernten Wand. Es ist ein Mensch: ein kleiner Mann mit dunkler Haut und kurzem schwarzem Haar. Sie kann sein Gesicht nicht erkennen. Er liegt auf der Seite und ist von ihr abgewandt. Auf den Schultern seines T-Shirts steht: THEY MIGHT BE GIANTS , und seine Beine sind nackt. Seine Schenkel und sein Hintern wirken seltsam verletzlich, wie das Gesäß eines Kindes, und etwas Dunkles ist über eine Wade geschmiert.
»Hinsetzen«, sagt Quinn.
Linda dreht sich um und stellt fest, dass der Stuhl an den Boden geschraubt ist. Sie nimmt es wie auf einer Kinoleinwand wahr, nicht wie in der Realität, denn sie kann ihren Unglauben nicht unterdrücken. Bevor die Realität sich durchsetzt, hat Quinn dicke Lederriemen um ihre Handgelenke und Knöchel gelegt und sie festgeschnallt. Quinns übliche Flüche und Grunzlaute sind erstaunlicherweise nicht zu hören. Er verhält sich wie ein frommer Mann in der Kirche, denn dies ist für ihn eine heilige Stätte. Linda spürt, wie sich ein dicker, gepolsterter Riemen um ihren Bauch strafft und hört das leise Ratschen, als Quinn den Klettverschluss zudrückt und ihn dann noch einmal verschiebt.
»Tut das nicht«, flüstert sie.
»Zwing uns nicht dazu«, erwidert Sands und tritt in ihr Sichtfeld.
Seine Augen sind schrecklich anzusehen, doch er spricht leise wie ein Mann, der mit einem Kind redet. Hinter ihm steht der weiße Hund in Alarmbereitschaft. Er ähnelt einem riesigen Pitbull, doch sein Gesicht ist faltig, und seine Augen zeigen eine Klugheit, die Linda schaudern lässt.
»Ich muss ein paar Dinge herausfinden, mein Kind. Und ich habe nicht viel Zeit.«
Sie nickt rasch und unterwürfig. »Darf ich zuerst eine Frage stellen?«
»Eine.«
»Ist Tim tot?«
Sands neigt langsam den Kopf.
Linda will nicht, dass die beiden merken, wie betroffen sie ist, doch sie schließt unbewusst die Augen wie ein kleines Mädchen, das erfährt, ihr Vater sei bei einem Autounfall umgekommen. Genau das hat Linda mit neun Jahren erlebt.
»Wie ist er gestorben?«
»Das sind zwei Fragen. Wir haben keine Zeit für Tränen, Linda. Timothy hat versucht, sich den eigenen Ast abzusägen. Er hat mir etwas gestohlen, und wir müssen es wiederhaben. Antworte beim ersten Mal. Lass mich nicht zweimal fragen.«
»Ich glaube nicht, dass ich etwas weiß. Aber ich werde dir sagen, was ich gehört habe.«
»Darauf kannst du einen lassen«, murmelt Quinn hinter ihr.
Sands hebt eine Hand, um ihm Schweigen zu gebieten. So hat Linda ihn noch nie gesehen. Seine Pupillen schimmern wie verschmortes Motoröl, und sein Blick schwächt ihren Willen, als wäre sie ein Vogel, der von einer Schlange hypnotisiert wird.
»Was weißt du über Timothys Pläne für heute Nacht?«
»Er hat mir gesagt, dass er dich aufhalten wird. Mehr weiß ich nicht. Und auch nicht, worauf genau er hinauswollte. Ich habe versucht, ihn davon abzubringen, denn mir war klar, dass er niemals davonkommt.«
»Darauf kannst du einen lassen«, sagt Quinn erneut.
»Wobei wollte er mich stoppen?«
»Es ging ihm um die Hunde«, erwidert sie. »Er mochte Hunde. Einmal fuhr er zu einem Hundekampf am Fluss. Erinnerst du dich? Du musst es ihm erlaubt haben. Da verlor er die Fassung. Irgendetwas muss ihm zugestoßen sein. Die Hunde … und die Mädchen. Er wurde nicht damit fertig.«
»Die Mädchen?«, fragt Sands.
Quinn lacht. »Er hat dich auf dem Achterdeck gevögelt, während seine Frau zu
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