Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect
ihrer unversehrten
Faust trommelt sie auf meinen Rücken ein und kreischt: »Eine Prostituierte! Ohne Kondom! Und dann bist du nach Hause gekommen und hast mich gefickt!«
»Nein! Bitte! Du verstehst nicht – «
»Verschwinde! Du bist in diesem Haus unerwünscht! Du wirst mich nicht sehen. Und du wirst auch Charlie nicht sehen. «
Ich hocke auf dem Boden und fühle mich elend und erbärmlich. Sie dreht sich um und geht durch den Flur ins Wohnzimmer. Ich rappele mich hoch und folge ihr, weil ich verzweifelt auf ein Zeichen hoffe, dass dies nicht das Ende ist.
Ich finde sie mit einer Gartenschere in der Hand vor dem Weihnachtsbaum kniend. Sie hat das obere Drittel des Baumes sauber gekappt, sodass er jetzt aussieht wie ein überdimensionierter Lampenschirm.
»Es tut mir so Leid.«
Sie antwortet nicht.
»Bitte hör mir zu.«
»Warum? Was willst du mir sagen? Dass du mich liebst? Dass sie nichts bedeutet? Dass du sie gebumst und mich dann geliebt hast?«
Das ist das Problem bei Diskussionen mit Julianne. Sie lässt so viele Beschuldigungen gleichzeitig los, dass keine einzelne Antwort sie alle gemeinsam entkräftet. Und sobald man versucht, die Fragen zu unterteilen, feuert sie eine neue Salve ab.
Sie weint jetzt richtig. Ihre Tränen glitzern im Schein der Lampe wie eine über ihre Wangen gehängte Perlenkette.
»Ich habe einen Fehler gemacht. Als Jock mir das mit dem Parkinson gesagt hat, kam es mir vor wie ein Todesurteil. Alles würde sich ändern – all unsere Pläne. Die Zukunft… ich weiß, dass ich das Gegenteil behauptet habe. Aber es stimmt nicht. Warum bekomme ich erst dieses Leben und dann diese Krankheit? Warum erst die Freude und Schönheit von dir und von Charlie, um sie mir dann zu entreißen? Es ist, als würde man
jemandem einen Blick darauf erlauben, wie das Leben sein könnte, um ihm im nächsten Moment zu erklären, dass es nie passieren wird.«
Ich knie neben ihr, sodass sich unsere Knie beinahe berühren.
»Ich wusste nicht, wie ich es dir sagen sollte. Ich brauchte Zeit zum Nachdenken. Ich konnte nicht mit meinen Eltern oder Freunden reden, denen ich nur Leid tun würde, die mir Kopf-hoch-Reden halten und tapfer lächeln würden. Deswegen bin ich zu Elisa gegangen. Sie ist eine Fremde, aber auch eine Freundin. In ihr steckt viel Gutes.«
Julianne wischt sich mit dem Pulloverärmel die Tränen ab und starrt in den Kamin.
»Ich hatte nicht vor, mit ihr zu schlafen. Es ist einfach passiert. Ich wünschte, ich könnte das ändern. Wir haben keine Affäre. Es war eine Nacht.«
»Was ist mit Catherine McBride? Hast du mit ihr geschlafen? «
»Nein.«
»Und warum hat sie sich dann als deine Sekretärin beworben? Wie kommt sie darauf, dass du ihr nach allem, was sie uns angetan hat, einen Job geben würdest?«
»Ich weiß es nicht.«
Julianne betrachtet ihre verletzte Hand und dann meine Wange.
»Was willst du, Joe? Willst du frei sein? Ist es das? Willst du dich dem alleine stellen?«
»Ich möchte dich und Charlie nicht mit mir runterziehen.«
Wütend über meinen sentimentalen Ton ballt sie die Fäuste.
»Warum bist du dir deiner immer so verdammt sicher? Warum kannst du nicht zugeben, dass du Hilfe brauchst? Ich weiß, dass du krank bist. Ich weiß, dass du müde bist. Aber ich habe eine Neuigkeit für dich: Damit stehst du nicht alleine. Ich habe es gründlich satt, an den Rand und beiseite gedrängt zu werden. Und jetzt möchte ich, dass du gehst.«
»Aber ich liebe dich.«
»Geh.«
»Was ist mit uns? Was ist mit Charlie?«
Sie wirft mir einen festen kalten Blick zu. »Vielleicht liebe ich dich noch, Joe, aber im Moment kann ich dich nicht ausstehen. «
4
Nachdem es vorbei ist – das Packen, das Verlassen des Hauses und die Taxifahrt zu Jock –, komme ich mir vor wie an meinem ersten Tag im Internat. Allein gelassen. Eine einzelne Erinnerung fällt mir ein, mit all dem Licht und Schatten der Realität: Ich stehe auf der Eingangstreppe von Charterhouse, mein Vater umarmt mich und spürt das unterdrückte Schluchzen in meiner Brust. »Nicht vor deiner Mutter«, flüstert er.
Dann wendet er sich ab und sagt zu meiner Mutter: »Nicht vor dem Jungen«, während sie sich die Augen abtupft.
Jock besteht darauf, dass ich mich besser fühlen werde, wenn ich mich rasiert, geduscht und anständig gegessen habe. Er bestellt bei einem Inder, doch ich bin schon auf dem Sofa eingeschlafen, bevor das Essen kommt. Er isst alleine.
Im scheckigen Halblicht, das durch die
Weitere Kostenlose Bücher