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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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Himmelfahrt zu durchdringen und die wundersame Brotvermehrung am See Genezareth zu wiederholen.«

    Até de Brayac bewohnte ein großes Zimmer im Kloster, nicht weit von dem ihres Vaters, des Kanzlers, entfernt, der vor Kurzem eingetroffen war.
    Artemidore de Brocas Anwesenheit lag wie ein bleierner Mantel über der Festung; die Mönche waren unruhig und die Soldaten angespannt.
    Até war seit einiger Zeit von bösen Verahnungen befallen.

    Seitdem sie aus dem Orient zurückgekehrt war und sogleich Artemidores Vertrauen gewinnen konnte, hatte sie unzählige Male den Süden Frankreichs durchquert und die Entführung Dutzender und Aberdutzender von Kindern geleitet. Von ihrem Vater hatte sie ein Herz aus Eisen und ein durchtriebenes Gewissen geerbt. Nichts rührte ihr Herz, nichts flößte ihr Furcht ein. Er verlangte von ihr, sie solle Unschuldige rauben - sie tat wie geheißen. Er verlangte von ihr, sie solle morden - sie tötete.
    Bis Perrot kam.
    Nie vergaß sie jenen Augenblick, da er ihre Narbe wieder zum Bluten gebracht hatte und in dem sie in seinen Augen eine Wut und eine Drohung gelesen hatte, die sie erschaudern ließen. Doch was ihr vor allem Angst machte, war eine neue Erkenntnis über dieses Kind, die in ihr heranreifte. Perrot heilte nicht nur die Wunden des Körpers... Sie spürte, dass sie sich durch den Kontakt mit ihm innerlich veränderte. Dieses rätselhafte Kind war im Begriff, sie von ihrer Verblendung, ihrer verbrecherischen Kälte und ihrem Mangel an Seele zu heilen … Sie hatte niemandem von ihren Gefühlen Perrot gegenüber zu erzählen gewagt.
    »Sie wissen nicht, wozu er wirklich …«
    Dieses heilende Kind aus Cantimpré machte ihr wirklich Angst.
     
    Jetzt klopfte jemand an ihre Tür. Abt Profuturus ließ nach ihr sowie nach ihrem Vater rufen, damit sie zum ersten Mal die fünf Kinder in Aktion sahen.
    Sie machte sich bereit.
    Als sie ihr Zimmer verließ, kamen die schwarzen Wachen auf sie zu. Sie zeigten ihr den »Schlüssel« Pater Abas, das hölzerne Achteck von Atés Gefolgsmann, der in Cantimpré getötet worden war. »Es wurde heute Morgen von einem der Wachposten zurückgegeben, die Monsignore Broca von Rom hierher begleitet haben«, sagte einer von ihnen.

    Até musterte ihn überrascht. »Das ist unmöglich. Dieser Soldat ist vor Wochen in der Gegend von Toulouse gestorben, und wir konnten seinen Leichnam nicht bergen …« Sie runzelte die Stirn. »Findet den Mann, der sich seiner bediente.«
    Até machte sich auf den Weg zu Artemidore de Broca und Profuturus.

    Pater Aba verließ Arthuis de Beaune und den weitläufigen Studiersaal. Unwillkürlich versuchte er eine Verbindung herzustellen zwischen den Enthüllungen des großen Mannes und der Entführung seines Sohnes. War Perrot seiner Heilkunst wegen aus Cantimpré in das Kloster verschleppt worden, um dort untersucht zu werden wie das Schlüsselbein des heiligen Benedikt aus Padua oder jede x-beliebige andere Anomalie?
    Ratlos begab er sich wieder in die Kreuzgänge des Klosters.
    Seit Perrots Geburt war kein Tag vergangen, ohne dass er sich darüber Gedanken machte, welche Person oder welcher Ort ihm erklären konnte, was mit seinem Sohn vor sich ging. Ein Ort, der ihn beschützen und lehren konnte, mit dieser außergewöhnlichen Gabe zu leben oder besser noch, sich davon zu befreien.
    Und wenn das Kloster Albertus Magnus tatsächlich dieser Ort wäre, von dem ich immer geträumt habe? Die Gegenwart einer so hochverehrten Person wie Arthuis de Beaune ließ ihn diese Mauern in einem anderen Licht sehen.
    Plötzlich aber hörte er auf nachzudenken.
    Er hatte soeben Kinderstimmen gehört!
    Er wirbelte herum, blickte in alle Richtungen, spürte, wie sein Herz trommelte.
    Er lief halb, um ans andere Ende der offenen Galerie zu gelangen.

    Die kristallklaren Stimmen wurden immer deutlicher vernehmbar.
    Plötzlich hielt er inne: Er erblickte eine Schar Kinder, umgeben von Wachen und Mönchen, die man in den Garten des benachbarten Klostergebäudes führte.
    Ihm stockte der Atem.
    Die fünf Kinder, die er nur von hinten sehen konnte, waren mit dem gleichen Mantel und der gleichen Kapuze bekleidet, daher war es ihm unmöglich, festzustellen, ob Perrot sich unter ihnen befand oder nicht.
    Pater Aba wollte gerade vorwärtsstürzen, um sich Klarheit zu verschaffen, da spürte er, wie ihn von hinten zwei Paar Hände an den Schultern packten.
    Er erhielt einen Schlag in die Leber; sein Oberkörper krümmte sich. Seine Augen trübten

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