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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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folgenden Minuten erläuterte Benedetto in allen Einzelheiten das Wunder von Spalatro, wobei der Diakon ihm alle erdenklichen Fallen stellte. Doch Gui war so scharfsinnig, dass er den Attacken schlüssig Paroli bot.
    Dabei schielte er interessiert auf die Unterlagen, die der Diakon auf das Schreibpult gelegt hatte: Mocchas Zusammenfassung über das Dorf Cantimpré.
    Nach Ablauf einer Stunde fragte Benedetto, ob er diese Dokumente in Augenschein nehmen könne. Der Diakon zuckte mit den Schultern und gestattete es ihm, während er das Fazit ihrer Unterredung schriftlich fixierte.
    Benedetto Gui entdeckte zutiefst verblüfft die Liste der Wunder, die sich seit acht Jahren in Cantimpré ereignet hatten. Obwohl er bereits einiges wusste, war er weit davon entfernt gewesen, sich eine solche Fülle von Wundern vorzustellen. Er begriff, dass selbst die unbedeutendsten Begebenheiten im Dorf von einem Spion dem Kardinal zugetragen wurden: Dieser hatte sich das Vertrauen einer gewissen Ana erschlichen, einer alten Bewohnerin von Cantimpré, der Tochter des Dekans. Sie hatte sich dazu bereit erklärt, die ihr anvertrauten Geheimnisse zu verraten, weil man ihr im Gegenzug das Seelenheil versprochen hatte. Sie hatte enthüllt, dass die Wunder von Cantimpré eine Ursache hatten und dass diese bei einem Kind zu finden sei. Einem Jungen namens Perrot. Der Priester Guillem Aba bemühte sich mit allen Mitteln, dessen Entdeckung
zu verhindern und die Verehrung der Gläubigen auf Evermacher zu lenken. Das Dorf hatte sich täuschen lassen, nicht aber die alte Ana.
    Benedetto zog die Brauen hoch, als er las, dass Moccha von Perrot als dem Gotteskind sprach!
    Seine Erregung erreichte ihren Gipfel, als er die letzte Anmerkung, die wenige Wochen zuvor der Papierrolle hinzugefügt worden war, las und von der mysteriösen Entführung Perrots aus Cantimpré erfuhr!
    Benedetto schlang die Hände um den Kopf.
    Das » Gotteskind «!
    Nun war er vollkommen ratlos. Es kam ihm so vor, als habe er Rainerios Stelle eingenommen und ebenfalls eine allzu brisante und verquere Geschichte aufgerührt.
    »Ich habe nichts begriffen. Ich bin von Anfang an auf dem Holzweg gewesen.«
    Er hörte, wie sich die Tür des Kabinetts hinter ihm öffnete.
    Das Gesicht des Diakons erstarrte.
    Benedetto Gui wandte sich um und erkannte Kardinal Moccha, dieses Mal mit seiner purpurnen Soutane bekleidet.
    Hinter ihm traten Fauvel de Bazan und vier Wachen ein.
    Bazan lächelte und sagte: »Siehst du, ich war überzeugt, dass ich dich früher oder später wiederfinden würde, Benedetto Gui«.
    Zwei Wachposten bezogen vor der Geheimtür des Kabinetts Aufstellung. An eine Flucht war nicht zu denken.
    Fauvel de Bazan fuhr fort: »Habe ich dich nicht gewarnt, du solltest dich vor einem ebenso methodischen, kalten und berechnenden Willen wie dem deinen hüten?«
    Kardinal Moccha beobachtete Benedetto zornerfüllt.
    Wann war er erkannt worden? Wer hatte ihn denunziert? Moccha? Wie? So schnell? Zum ersten Mal seit langer Zeit wusste Gui nicht mehr, wo ihm der Kopf stand …

    Er wurde niedergeschlagen. Fauvel wollte kein Risiko mehr eingehen. Gui wurde gefesselt, man band Hände und Füße zusammen und steckte seinen Kopf in einen Leinensack, und so trugen ihn die Wachen fort.

XI
    N och immer irrte Pater Aba durch die Reihen von Studiertischen im Hauptflügel des Klosters und entdeckte staunend neue außergewöhnliche Untersuchungsgegenstände.
    »Wie kann ich Euch behilflich sein?«
    Pater Aba erstarrte. Dann drehte er sich um, um zu sehen, wer ihn mit zittriger, aber sanfter Stimme angesprochen hatte.
    Es war ein alter Mann mit gekrümmtem Rücken, kleinen, verklebten Augen, der einen langen Bart und eine braune Kutte mit weißem Saum trug.
    Es war weniger die Tatsache, dass er entdeckt worden war, die Aba das Blut in den Adern gefrieren ließ, als vielmehr dieses plötzliche Gefühl, dass er diesen alten Mann kannte! Er bemühte sich mit aller Kraft, um auf seinem Gesicht nichts von der Gedankenflut sichtbar werden zu lassen, die über ihn hereinbrach.
    Der Mann schenkte ihm ein gütiges Lächeln.
    »Ich heiße Arthuis de Beaune«, sagte er.
    Nun konnte Pater Aba nicht mehr an sich halten: Die Überraschung stand ihm unverkennbar ins Gesicht geschrieben.
    Arthuis de Beaune. Dieser große Gelehrte war fünfzehn Jahre zuvor nach Paris gekommen; der damals blutjunge Guillem Aba hatte sich beeilt, seine Vorlesung über sein Bestiarium zu hören.
Doch kurz nach diesem Vortrag, der

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