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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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aufgefordert werden, dass er ein Wunder wirkt; er wirft seinen Bittstellern vor, sie seien von niederer Gesinnung und neugierig wie Abergläubische; manchmal weigert er sich gar, tätig zu werden, oder fordert absolutes Stillschweigen über seine Wunder. Es ist eine natürliche Regung bei Wunderheilern, dass sie nur widerwillig dazu bereit sind, ihre Gaben vorzuführen.«
    Perrot war in der Krypta von einem Netz langhalsiger Destillierkolben umgeben, die in gläserne Glocken und Spiralen mündeten. Diese ineinander verschlungenen Röhren wurden von einem alten Mönch beaufsichtigt. Ein paar Blasebalge und eine Reihe von Ventilen ließen eine ungeheure Menge von Blut darin zirkulieren.
    Die Röhren verliefen von einem Ende der Krypta zum anderen und umgaben Perrot. Unter den Auslässen waren Hähne angebracht,
an denen man entsprechend der gewünschten Nähe zu dem Kind Blutproben abzapfen konnte.
    Der alte Mönch entnahm ein paar Tropfen und ging zu einem Tisch, auf dem ein silbernes Gefäß mit Pulver aus getrocknetem altem Blut stand. Er tropfte eine winzige Menge frischen Blutes darauf, und die Überreste verwandelten sich unter seinen Augen und gewannen ihre frühere Konsistenz und Farbe zurück.
    Obgleich der Alte die kühnsten Experimente gewöhnt war, konnte er einen Aufschrei der Verblüffung nicht unterdrücken.
    Profuturus sagte zu Artemidore: »Wir wissen, dass das Blut im Körper des Menschen, wenn es durch die Lunge fließt, heller wieder hervorströmt, als es bei seinem Eintreten war. Wir kennen den ursprünglichen Grund dafür nicht. Aber wir haben bemerkt, dass das Gleiche passiert, wenn Blut mit Perrot in Berührung kommt!«
    Artemidore lächelte.
    Até, die den Jungen beobachtete, war noch immer beunruhigt.
    Perrot wiederum kämpfte gegen seine Gefühle und sein Erschauern an, damit seine Gabe nicht ihre Wirkung tat und er dem alten Mönch nicht zu Willen war.
    Er strengte sich so hartnäckig an, dass es ihm gelang, seine heilenden Schauer zu unterdrücken; mit einem Mal aber begann er Stimmen zu hören! Zahllose Stimmen, die wirr durcheinanderredeten, ohne miteinander zu sprechen.
    Er bekam Angst, und alles verschwand wieder …
    Die Besichtigung wurde in der dritten Krypta fortgesetzt, in der Damien und Simon an Holzpfeiler gefesselt standen.
    Mehr als acht Mönche umringten sie.
    Die Tür zur Krypta öffnete sich, und ein halb nackter Mann trat ein. Sein Gesicht war unter einem Leinensack verborgen, und seine Arme wurden von zwei Wachen festgehalten.
    »Seht gut zu«, sagte Profuturus zum Kanzler und seiner Tochter.

    Einer der beiden Mönche enthüllte das Gesicht des Mannes. Man sah, dass es sich um einen Verrückten oder einen Schwachsinnigen handelte. Seine Augen quollen hervor, sein Blick war irr, und seine Unterlippe hing herab.
    Damien und Simon standen stocksteif da und hielten hartnäckig die Augen geschlossen.
    »Auch sie sind widerspenstig«, bemerkte Profuturus.
    Mönche mit Eisenzangen traten näher, fixierten die Köpfe der Kinder und zogen mit Gewalt ihre Augenlider hoch.
    Es dauerte eine Weile, bis der Blick des Verrückten dem Damiens begegnete. Kaum war das geschehen, da erbleichte der Mann und wurde plötzlich von einem Brechreiz geschüttelt.
    Im gleichen Augenblick bemerkten die Mönche in Simons Gesicht eine plötzliche Erregung; er verfolgte mit seinen Blicken etwas Unsichtbares, das in der Krypta schnaubte.
    Profuturus sagte erfreut: »Damien hat den Dämon aus dem Körper dieses Verrückten vertrieben, und Simon kann als Einziger in diesem Augenblick sehen, wie er fliegt und in der Krypta umherspringt!«
     
    Jehan, das Kind, das durch seine wundersamen Träume Wahrheiten erkannte, lag auf einem aus Seilen geknüpften Bett und dämmerte vor sich hin. Vier Mönche standen neben ihm. Alle hielten ein Pergament in Händen, auf dem der gleiche griechische Text geschrieben stand.
    Profuturus reichte ihn Artemidore und Até.
    Einer der Mönche trat zu Jehan und murmelte ihm ins Ohr: »Hundertelfte Befragung der Dämonen durch Salomo, wie er sie in seinem Testament geschildert hat.«
    Jehan verharrte einen Augenblick, ohne zu reagieren. Dann zog sich seine Stirn zusammen, und er begann auf Griechisch zu rezitieren: »Du wirst sie zum Handeln zwingen, ohne Seine Zustimmung
zu erheischen, durch die Beschwörung der vier Verse des …« Auf diese Weise sagte er zwei eng beschriebene Spalten Text auf.
    Die Männer folgten mit ihren Blicken auf dem Blatt, das sie in Händen hielten,

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