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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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beten.«
    »Aber …?«
    »Geh!«, befahl Aba.
    Augustodunensis verzichtete darauf, weiter in seinen Herrn zu dringen. Trotz der frühen Stunde zog er sich an und trat hinaus.
    Draußen war der Tag noch fern. Wie jede Nacht hatten die Dorfbewohner ein Feuer auf dem Hauptplatz entzündet und Fackeln an allen vier Ecken von Cantimpré aufgestellt. Über der schlafenden Gemeinde lag ein rotgoldener Lichtschein.
    Der Vikar begab sich zum Haus von Jerric, dem Schreiner, und seiner Frau. Esprit-Madeleine schlief nicht; seit dem Verschwinden ihres Sohnes tat sie kein Auge mehr zu. Sie war eine sehr schöne Frau mit blauen Augen und blonden Haaren wie Perrot. Doch Tränen und mangelnder Schlaf hatten tiefe Spuren in ihrem weichen Gesicht hinterlassen. Sie nahm das Kruzifix aus den Händen des Vikars entgegen, ohne ein Wort über die taktvolle Anteilnahme des Priesters zu sagen.
    »Wir werden für Perrots Rückkehr beten«, war das Einzige, was Augustodunensis noch einfiel.
    Er kehrte ins Pfarrhaus zurück.
    Die Stube war leer.
    »Pater Aba?«
    Er stieg nach oben. Der Priester war nicht da. Er ging wieder hinab.
    Augustodunensis bemerkte, dass das Schwert Maurins verschwunden war. Der Schrank war verrückt worden; dahinter verbarg sich eine Nische, die direkt in den Fels getrieben war. Augustodunensis steckte die Hand hinein. Die Höhlung war leer.
    Da bemerkte er Abas Notizbuch, das aufgeschlagen auf dem Tisch lag: Zwei Seiten waren herausgerissen worden.
    Er stürzte wieder zur Tür hinaus.

    Zwischen den Schatten und den Flammen der offenen Feuer war keine Spur von Pater Aba zu entdecken …

    Das Dorf Cantimpré lag am Rande einer Schlucht, durch deren Grund ein Sturzbach floss, der mit Stromschnellen durchsetzt war. Die Hochebene von Gramat erstreckte sich etwa hundert Schritt oberhalb der Hütten. Dort hatten die vier Wachposten Stellung bezogen, die die Wege und die Umgebung beobachteten; sie hatten ein Horn in der Hand und waren bereit, bei der geringsten verdächtigen Bewegung Alarm zu schlagen.
    Der junge Paulin stand am weitesten im Norden. Dick eingemummt und mit einem Hirtenstab in der Hand beobachtete er das erleuchtete Cantimpré und kämpfte dabei gegen den Schlaf an.
    Es herrschte vollkommene Dunkelheit; Finsternis hüllte die Umrisse und Abhänge des Dorfes ein. Keine Stadt, keine Behausung zeichnete sich am Horizont ab.
    Plötzlich hörte Paulin ein Knacken.
    Er richtete sich auf und warf sich mit einer abrupten Bewegung nach hinten, um sein Horn zu ergreifen, doch dann vernahm er eine Stimme.
    »Ich bin es nur.«
    Im Schein einiger blassgelber Mondstrahlen tauchte Pater Aba auf. Er trug eine Houppelande, eine Jagdtasche und einen langen Beutel über der Schulter. Es war das erste Mal seit dem Überfall, dass Paulin ihn wiedersah: Seine schwarze Augenbinde flößte ihm zunächst Angst ein, bevor er als Zeichen seiner Erleichterung die Hand auf sein Herz legte.
    Aba betrachtete ruhig die Aussicht auf Cantimpré.
    »Das ist ein ausgezeichneter Beobachtungsposten«, bemerkte er.
    Paulin fand, dass seine Stimme verändert war, die Halsverletzung machte sie tiefer und heiser.

    Er sagte: »Denis der Jüngere, Martin und Orgas haben an anderen Stellen auf der Hochebene Stellung bezogen, so kann uns nichts entgehen.«
    Pater Aba setzte sich auf den Fels, auf dem Paulin zuvor gerastet hatte. Er verharrte einen Augenblick lang schweigend und fragte dann: »Seit wann lebst du im Dorf, Paulin?«
    »Äh … bald werden es drei Jahre.«
    »Du bist mit deiner Mutter hierhergekommen, die krank war, nicht wahr?«
    »Wir hatten von den Wundern von Cantimpré gehört, und da die Ärzte von Bellac, wo wir wohnten, ihren nahen Tod voraussagten, haben wir die Reise hierher auf uns genommen.«
    »Und sie wurde geheilt …«
    »Ja, dank Gottes Gnade! Einige Tage in Cantimpré genügten, um ihr die Gesundheit zurückzugeben!«
    Aba zeigte auf das Dorf. »Es wäre wahrlich ein Jammer, wenn dieser kleine Paradiesflecken den Attacken von Männern zum Opfer fiele, die nichts von seinen Wundern wissen.«
    »Aber das werden wir nicht zulassen, Herr Pfarrer. Niemals!«
    Aba betrachtete Paulin: »Gewiss nicht.«
    Er fügte nichts weiter hinzu. Paulin wusste sich keinen Reim auf Abas Anwesenheit und seine Fragen zu machen.
    »Siehst du«, fuhr der Priester endlich fort, »ich kann die Ereignisse noch so oft vor meinem geistigen Auge vorbeiziehen lassen, es gibt da einen Punkt, der mir unbegreiflich bleibt.«
    Er verschränkte die

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