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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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mit den Kleinen verbringt … Aber ich habe mir nichts Böses dabei gedacht!«
    Aba, der den jungen Mann noch immer mit seiner Waffe bedrohte, wandte den Kopf ab und betrachtete erneut die Lichter von Cantimpré. Schließlich murmelte er traurig: »Du hast keine Ahnung, was du angerichtet hast, Paulin …«
    Niedergeschlagen richtete er sich auf. Der Junge blieb liegen, und die Schwertspitze schwebte über seinem Kopf.
    »Ich brauche dich gar nicht zu töten für deinen Verrat. Sie werden das selbst erledigen.«
    Der Priester zog das Schwert zurück und schüttelte den Kopf.

    »Und dabei wurde deine Mutter hier gerettet … Leb wohl, Paulin.«
    Da sprang der Junge auf und rief: »Ich habe niemanden verraten. Im Dorf gab es schon vorher Gerede über das, was mir die zwei Unbekannten erzählten: Ihr verbergt etwas vor uns! Ihr verheimlicht uns Euer Wissen über die Wunder von Cantimpré! … Nicht ich habe diese schwarze Truppe hierhergelockt! Ihr selbst wart es!«
    Aba blieb abrupt stehen und ballte die Fäuste vor Wut über diese Anklage. Mit einem Satz stürzte er auf Paulin zu und enthauptete ihn mit einem mächtigen Schwerthieb.
    Einen Augenblick lang verharrte er fassungslos über seine Tat und blickte auf den Leichnam, der zu seinen Füßen sein Blut verströmte.
    Er hob den Blick, betrachtete den heraufdämmernden Tag und bekreuzigte sich viermal: auf der Stirn wegen seiner schwarzen Gedanken, auf dem Mund wegen seines Mangels an Reue, auf dem Herzen wegen des Rachedursts, der ihn seit dem Überfall auf das Dorf erfüllte, und schließlich auf dem ganzen Oberkörper wegen der unverzeihlichen Verbrechen, die in den kommenden Tagen seiner harrten.
    Nachdem er seine Bekreuzigungen beendet hatte, schwor er sich, sein Schicksal nie wieder in Gottes Hände zu legen, weder durch Taten noch durch Worte.
     
    Und er tauchte in die Einsamkeit der Hochebene von Gramat ein.

VI
    B enedetto Gui begab sich in das Skriptorium von Salvestro Conti in der Via Bonagrazia, die etwa hundert Schritte vom Lateranpalast entfernt war und die größte Anzahl von Büchern im Kirchenstaat hervorbrachte.
    Salvestro Conti glänzte zwar nicht durch sein schöpferisches Genie, er hatte jedoch ein gutes Händchen für Handel und Gewerbe. Seine Werkstatt war die größte in der Stadt, nicht weniger als siebzig Gesellen und Lehrlinge standen in seinen Diensten. Jede Parzelle des Gebäudes war für eine bestimmte Art von Verzierung und eine Gattung von Handwerkern bestimmt: die Graveure, die Buchbinder, die Koloratoren, die Lederbearbeiter, die Tintenschreiber, die Abbreviatoren und die Korrektoren. Alles, was die Werkstatt Salvestro Contis verließ, erfüllte hohe katholische Qualitätsanforderungen. Wenn man seine Dienste in Anspruch nahm, war man sicher, die Sententiae des Bischofs Petrus Lombardus oder die Historia scholastica von Petrus Comestor in einer überprüften Fassung und ohne den geringsten beschädigten Buchstaben zu erhalten.
    Salvestro Conti kannte Benedetto Gui gut. Die zwei Männer arbeiteten häufig zusammen. Gui überprüfte beispielsweise die Echtheit eines Gedankens von Plotin in einer dubiosen Anthologie.
Im Gegenzug gewährte Conti ihm Zugang zu seltenen und teuren Werken wie dem Roman de Brut oder Pyramus und Thisbe .
    Es ging das Gerücht, dass Benedetto Gui mehr als ein Dutzend Hauptwerke der Antike auswendig kannte.
    Salvestro Conti war etwa vierzig Jahre alt, ein großer, kühl und distanziert wirkender Mann mit hellwachem Gesichtsausdruck, ein bisschen barsch, aber sehr weltgewandt, der schnell redete, weil er schon ungeduldig geboren worden war. Gui war mit ihm bekannt, seitdem er sich in Rom niedergelassen hatte.
    Als Benedetto an diesem Abend in sein Arbeitszimmer trat, einen großen Raum, dessen Wände die schönsten Bände schmückten, welche mit Gold und kostbaren Edelsteinen verziert waren, begann Conti sich wie bei jedem ihrer Zusammentreffen zu beklagen.
    »Die Bestellungen gehen zurück, ich muss meine besten Handwerker entlassen. Bis vor Kurzem noch war das Buch ein Wertgegenstand, den man wie eine Reliquie in eine Schatulle legte und für das man ein Vermögen ausgab. Heute huldigt man der Sparsamkeit, um der Mode der Askese zu frönen, ein unheilvoller Sieg der Ketzerei. Keine Randeinfassung mehr, keine Verzierungen, keine Goldnägel, nichts, das dem Auge schmeichelt. Bittet man mich nicht sogar darum, die Kästchen für die Miniaturen und die Zierleisten leer zu lassen unter dem Vorwand, man würde

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