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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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Kutsche, um sich in die Via Nomentana zu begeben.
    Unterwegs dachte Benedetto Gui über Zapettas Worte nach. Ihr zufolge hatte Rainerios Meister und Gönner, Otto Cosmas, an einem Buch über das Leben der Heiligen geschrieben, und nach dessen Tod hatte Rainerio das Werk vollendet. Die Kenntnisse über die Gaben und Eigenschaften der großen Heiligen, die er dabei offenbar erworben hatte, konnten der Heiligen Kongregation bei ihren Debatten ideale Dienste leisten. Das erklärte zweifellos seinen raschen Aufstieg im Lateran.
    Benedetto sagte sich, dass er dringend mehr über dieses Buch erfahren musste …
     
    Die Piazza, die der Palazzo von Henrik Rasmussen beherrschte, war von einer dichten Menschenmenge belagert. Ein schwarzes Tuch bedeckte die Fassade. Die Gaffer bestaunten die unglaubliche Anzahl von kostbaren Equipagen, die vor dem Eingang des Gebäudes zum Stehen kamen.
    Benedetto begriff, dass Henrik Rasmussen gestorben war und dass alle, die in Rom Rang und Namen hatten, gekommen waren, um seiner sterblichen Hülle die letzte Ehre zu erweisen. Er sah, wie die berühmtesten Kardinäle die Stufen der Vortreppe erklommen, aber auch große Herren, berühmte Damen, Mönche sowie zahlreiche Höflinge von niederem Rang, bedeutungslose Individuen,
die nichtsdestotrotz immer und überall dabei sein mussten. Über dem Meer von Köpfen erkannte Benedetto eine Person mit beträchtlichem Bauchumfang, um die sich ein Freiraum gebildet hatte und die lächelnd die Hochrufe entgegennahm: Artemidore de Broca, der Kanzler des Laterans, der mächtigste Mann in der Stadt nach dem Papst.
    Die Menschenmasse klatschte Beifall für diesen alten, fetten Mann, den man stützen musste, damit er gehen konnte.
    Benedetto ließ sich durch die Menge treiben und hörte mal hierhin, mal dorthin; schließlich erkundigte er sich und erhielt als Antwort:
    »Erzbischof Rasmussen erlitt einen Unfall.«
    »Er wurde von einem Karren umgefahren.«
    »Er ist seine große Marmortreppe hinabgestürzt.«
    »Eine Fischgräte ist ihm im Hals stecken geblieben.«
    »Er ist in seinem Bad erstickt.«
    Er stellte die gleiche Frage einem Offizier unter den Soldaten, die die Kutschen bewachten, doch dieses Mal schob er ihm einen der drei Golddukaten von Maxime de Chênedollé zu, die er für die Aufklärung der Affäre Rainerio vorgesehen hatte.
    Aus dem Mund dieses Offiziers erfuhr er, dass der Erzbischof Rasmussen keinen Unfall hatte, sondern vor fünf Tagen einem mächtigen Schwerthieb erlegen war, der seinen Nacken gespalten hatte.
    Sein Tod, der erst am heutigen Tag bekannt gegeben worden war, fiel mit dem Tag des Verschwindens von Rainerio zusammen …

V
    I n Cantimpré hütete Pater Aba drei Tage lang das Bett. Seine Stimmung wechselte von Verzweiflung zu Auflehnung und von Auflehnung zu Hoffnungslosigkeit.
    Seine Getreuen wunderten sich über diese Launenhaftigkeit, die sie nicht an ihm kannten. Sie machten seine Schmerzen und den Verlust seines linken Augenlichts dafür verantwortlich. Dank der Holzasche war diese Wunde vollständig abgetrocknet, verursachte ihm aber schreckliche Kopfschmerzen.
    »Dieses Auge muss bald ganz entfernt werden«, verordnete Pasquier.
    Die alte Ana fertigte eine schwarze Augenbinde für ihn an, die am Hinterkopf gebunden wurde, und bereitete ihm Kräuterumschläge und Heiltränke zu, die seine entsetzlichen Migräneanfälle linderten.
    »Bis jetzt nannte man mich ›Pater Aba‹«, sagte er, »den Priester von Cantimpré; von nun an werde ich der ›einäugige Pfarrer‹ sein …«
    Am dritten Tag kehrten zwei junge Schäfer aus Cantimpré ins Dorf zurück.
    Kaum hatten Beaujeu und Jaufré, die beiden unerschrockenen jungen Männer, nach ihrer Befreiung aus der Kirche erfahren, was
sich gleichzeitig im Pfarrhaus abgespielt hatte, hatten sie ihren Pferden die Sporen gegeben und waren der schwarz gekleideten Truppe gefolgt. Sie hatten gehofft, sie könnten an den Spuren ihrer Rösser im Schnee ablesen, welche Richtung diese eingeschlagen hatten.
    Doch der finstere Zug schien sich in der winterlichen Landschaft aufgelöst zu haben. Beaujeu und Jaufré gelang es zunächst, ihn mehr als neun Meilen weit zu verfolgen. Hirten berichteten ihnen, sie hätten eine Schar Reiter vorbeifliegen sehen, die es so eilig hatten, dass man nicht sagen konnte, ob sie auf der Jagd waren oder selbst gejagt wurden.
    »Doch kurz danach trafen wir auf eine Kreuzung dreier Straßen, von denen eine nach Paris, die andere in die Markgrafschaft Provence

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