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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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Interregnums vor sich hin.
    Artemidore blickte einen kleinen Mann an, der vor ihm stand. Es war ein zerbrechlicher und knochiger Abt mit weißen Haaren, dessen Schultern in einer für ihn zu weiten Kutte verschwanden.
    Der Kanzler wischte über seine schweißgebadete Stirn.
    »Nun, Profuturus, sind wir so weit?«, fragte er.
    Der Abt nickte bejahend und trat einen Schritt auf seinen Herrn zu.
    »Eure Tochter muss noch ein Kind ausfindig machen, dann sind wir bereit.«
    »Gut. Wir haben alle Eure Ratschläge befolgt, Abt!«
    Er reichte ihm eine Rolle mit Texten, die Domenico Profuturus eilig ergriff.
    »Alles steht darin«, sagte der Kanzler.

    Er fixierte den Abt mit vorwurfsvollem Blick.
    »Seid Ihr Euch darüber im Klaren, dass Ihr uns durch diese Operation den größten Gefahren aussetzt, Profuturus? Mit allen Folgen, die das nach sich ziehen kann?«
    Artemidore ergriff ein Dokument und ließ seine Vergrößerungslinse darüber gleiten.
    »Ich sehe, dass in den vergangenen neun Monaten an die hundertzwanzig Kinder gefangen genommen wurden?«
    »Das ist richtig, Monsignore.«
    Der Kanzler schüttelte den Kopf.
    »Ihr mögt aus meinen Worten schließen, was Euch beliebt, aber ich denke, dass in dieses Unternehmen zu viele Personen verwickelt sind, die an zu viele Fronten geschickt wurden. Einige von ihnen machten Fehler, es gab undichte Stellen, die schwer einzudämmen waren. Bis in unsere eigenen Reihen! Ihr habt es bei Eurer Ankunft in Rom erfahren: Einige unserer Verbündeten, die zu beunruhigt über den Umfang unserer Pläne waren, mussten uns verlassen …«
    Er reichte ihm ein zweites Blatt.
    »Hier sind die Namen derer, die an die Stelle von Portal von Borgo, Philonenko, Henrik Rasmussen, Benoît Fillastre und Othon von Biel treten werden.«
    Profuturus nahm das Blatt entgegen.
    »Und nun?«, herrschte Artemidore ihn an. »Wie lange noch?«
    »Ein paar Wochen, Monsignore, mehr nicht. Wie ich Euch gesagt habe, warte ich auf die letzten Kinder. Ich bin von der Richtigkeit der bisherigen Auswahl überzeugt. Das Experiment wird beweiskräftig sein.«
    Der Kanzler gab ein unbestimmtes Knurren von sich.
    »Ein paar Wochen …? Hm …«
    Er zuckte seine massigen Schultern.
    »Ich kann die Wahl des Papstes noch ein wenig hinauszögern.
Wenn Ihr recht habt und diese Kinder das bewirken können, was Ihr behauptet, dann will ich Euch wohl noch ein wenig zusätzliche Zeit zugestehen.«
    Der Abt Profuturus beugte den Kopf.
    »Ihr werdet nicht enttäuscht sein, Monsignore …«
    Die Meinung des Abtes schien Artemidore nicht zu überzeugen.
    »Die Gefahren, denen wir ausgesetzt sind, sind bereits ein Grund zur Enttäuschung für mich, Profuturus. Geht nun und kehrt an Eure Arbeit zurück!«
    Der Abt verabschiedete sich, er war beunruhigt über die Verärgerung seines Herrn und fürchtete, bald in Ungnade zu fallen.
    Nachdem er die Tür zum Kabinett des Kanzlers geschlossen hatte, befand er sich in einem weitläufigen, leeren Saal, der mit Marmorplatten ausgelegt und dank großer, verglaster Steinkreuzfenster lichtdurchflutet war.
    Rechts neben der Tür stand ein kleiner Schreibtisch.
    Hier residierte der Sekretär Fauvel de Bazan.
    »Der Kanzler scheint in Sorge um die Sicherheit unseres Unternehmens zu sein«, klagte Profuturus. »Sind seine Befürchtungen begründet?«
    Fauvel wischte dieses Problem mit einer Handbewegung beiseite.
    »Die Sicherheit ist meine Angelegenheit. Nur sehr wenige Personen stören noch die Kreise unserer Interessen. Und sie wissen nicht das Geringste über unsere Ziele. Ich werde sie aufhalten. Ihr habt nichts zu befürchten, Profuturus.«
    Der Abt entrollte das Pergament, das Artemidore ihm übergeben hatte.
    Darin las er, dass zwischen dem vergangenen August und Oktober die gläsernen Reliquiare dreier Kirchen in Bologna, Bamberg und Évora heimlich von Männern im Dienste des Kanzlers geraubt worden waren und dass einige Tropfen des ursprünglichen
Blutes von zwei Heiligen und einer Heiligen aus dem 7. und 11. Jahrhundert daraus entnommen worden waren. Außerdem wurde die Schändung zweier Heiligengräber in Lucca und Aire-surl’Adour im Dezember vermeldet: Aus dem einen hatte man ein Stück unverwesliches Fleisch gestohlen, aus dem anderen ein Knochenfragment des Oberarms entnommen. In der Pergamentrolle stand weiterhin, dass drei Wochen zuvor eine Wunderhostie aus Agens, die sich während einer Eucharistiefeier im Jahre 1244 in ein blutendes menschliches Gewebe verwandelt hatte, von

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