Advocatus Diaboli
haben uns bereits alles gesagt.«
Er stellte sich unter seinem angenommenen Namen Pietro Mandez vor und wiederholte die Geschichte des Kaufmanns, an dem in Cantimpré ein Wunder gewirkt worden und der nach
Spalatro gekommen war, um sich an Pater Evermachers Grab zu sammeln.
Benedetto holte den letzten von Maxime de Chênedollés Golddukaten hervor und zeigte ihn dem Diakon, wobei er seine Absicht verkündete, Spalatro mit zahlreichen Spenden zu bedenken.
Der Diakon sah verdattert auf dieses kleine Vermögen, das ihm plötzlich in die Hände fiel.
»Ich muss unseren Bischof darüber in Kenntnis setzen!«, rief er. »Eure schöne Mildtätigkeit wird ihn sehr bewegen, mein Sohn.«
»Ich tue nur meine Christenpflicht. Freilich …«
»Ja?«
»Freilich verwundert es mich, dass Evermacher so würdelos bestattet ist.«
Der Diakon riss die Augen auf.
»Ich hatte erwartet, ihn inmitten dieser Kapelle zu finden, unter dem Kreuz, in einem schön behauenen Sarkophag!«
Diese Bemerkung traf den Diakon ins Herz.
»Was sagt Ihr da? Evermacher und seine Mutter erhielten die schönste Grabstätte in unserem Friedhof!«
Benedetto vertrat indes die Ansicht, dass das nicht ausreiche.
»Ist er nicht derjenige, der die Wunder in Cantimpré wirkt?«, bemerkte er.
Der Diakon setzte eine verlegene Miene auf.
»Mein Sohn, seit Jahren schon warten die Gläubigen von Spalatro auf ein Zeichen, ein Wunder von ihm, doch seine Seele bleibt taub für ihre Gebete. Was er in Cantimpré zu vollbringen geruhte, das verweigert er hier. Zu uns kamen Gelehrte, die besessen nach Zeichen der Heiligkeit suchten, es hat nichts geholfen. Die Bevölkerung ist verbittert, und niemandem hier käme es in den Sinn, sein Grab zu schmücken. Ihr könnt es mit Gold
überziehen, auch das würde aus ihm nicht den Heiligen machen, den man erwartete. Die Gläubigen haben den Glauben an Evermacher verloren.«
Benedetto antwortete schroff: »Ich meine wohl, dass sie sich irren. Ist Cantimpré nicht Wirklichkeit? Bin ich nicht der lebende Beweis dafür? Fühlt sich Evermachers Seele nicht zu Recht verletzt durch die Behandlung, die man seinen sterblichen Überresten angedeihen lässt? Und will sie daher nicht zu Recht stumm bleiben?«
Benedetto begab sich mit dem Diakon auf den Friedhof, um ihm seine Ideen zur Verschönerung zu erläutern, die die verletzte Seele Evermachers besänftigen könnte. »Es wäre ihm mehr daran gelegen, sich zu manifestieren, wenn seine Grabstätte schöner gestaltet wäre«, sagte er.
Mit diesen Worten näherte er seine Fackel der Statue der heiligen Monika.
Durch die Einwirkung der Hitze dehnte sich das unter den Augenlidern eingeflößte Quecksilber aus und floss auf die Wangen der Heiligen herab, dabei vermischte es sich mit der roten Farbe des mit Öl vermengten Zinnobers.
Die heilige Monika weinte Bluttränen!
Der Diakon, der dies als Erster bemerkte, bekreuzigte sich und zeigte dann mit dem Finger auf die Statue, damit auch Benedetto die Tränen sähe.
»Jesus Maria!«, schrie Gui und fiel auf die Knie.
Der Geistliche war weniger gottesfürchtig: Kreischend wie ein Wahnsinniger machte er sich aus dem Staub.
Er rief seine Schäfchen zu sich, trommelte an die Türen und brüllte durch die Fenster. Dann kehrte er in die Kapelle zurück und begann nach Leibeskräften die Glocke zu läuten.
Das ganze Dorf versammelte sich auf dem Friedhof vor Evermachers Grab und der Wunderstatue. Der Diakon erklärte, was
geschehen war. Die Menge kniete nieder, und man feierte eine Ruhmesmesse!
Benedetto hörte, wie die Dorfbewohner riefen, sie hätten dieses Wunder erwartet und nie den Glauben an den guten Pfarrer von Cantimpré verloren! Demetrios selbst, der sich gestern noch so abfällig über Evermacher geäußert hatte, behauptete nun, er sei sein eifrigster Verteidiger gewesen!
Die Begeisterung schwoll unter jedem beliebigen Vorwand immer weiter an.
Eine Alte behauptete, sie habe keine Rückenschmerzen mehr.
»Ein Wunder!«
Der Himmel wurde hell, und ein Strahl der aufgehenden Sonne traf Spalatro.
»Ein Mirakel!«
Unter dem Schnee, der Evermachers Grab bedeckte, spross ein zartes grünes Pflänzchen hervor.
»Ein Mirakel!«
Manche behaupteten, sie könnten aus den Spuren der rötlichen Tränen, die unter den Augen der weißen Statue getrocknet waren, Botschaften herauslesen.
»Ein Mirakel!«
Die entfesselte Begeisterung des Volkes, die von dem überschäumenden Diakon noch angefacht wurde, brauchte nicht lange, um
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