Advocatus Diaboli
in unser schönes Dorf?«, fragte Demetrios seinen Gast, der an einem von Norma gedeckten Tisch Platz genommen hatte.
Benedetto antwortete: »Ich heiße Pietro Mandez und bin ein Kaufmann, der dank Gottes Hilfe durch den Handel mit kostbarem Holz aus dem Orient ein Vermögen gemacht hat.«
Demetrios’ Gesicht erhellte sich; das Wort »Vermögen« gefiel ihm. Er würde das auf den Preis seiner Gastfreundschaft aufschlagen.
»Für einen wohlhabenden Mann reist Ihr allerdings ohne Equipage und mit recht bescheidenem Gepäck«, bemerkte er indes.
Benedetto nickte.
»Ihr wisst, was die Priester verkünden: Ein Pilger muss ohne anderes Gepäck als seine Sünden wandern.«
Demetrios zog die Augenbrauen hoch.
»Ihr seid ein Wanderer Gottes?«
»So könnte man sagen.«
Die Frau brachte eine Schüssel mit Bohnen und Linsen sowie einen Krug Wein und trippelte an ihren Herd zurück.
»Um es Euch rundheraus zu sagen: Ich interessiere mich für das Dorf Cantimpré«, gestand Benedetto.
Das Lächeln auf Demetrios’ Gesicht erlosch auf der Stelle. Er wechselte einen Blick mit seiner Frau, die sich beim bloßen Namen Cantimpré umgedreht hatte.
Benedetto tat so, als hätte er nichts bemerkt.
»Im vergangenen Sommer«, fuhr er fort, »erkrankte ich. Die Ärzte von Ostia prophezeiten mir furchtbare Schmerzen und einen baldigen Tod. Anstatt mich mit ihren teuren und wirkungslosen Heiltränken zu ruinieren, beschloss ich, mich lieber ins Heilige Land zu begeben, um für die Sünden Buße zu tun, denen ich diese schreckliche Krankheit verdankte. Da hörte ich von diesem
Wunderdorf Cantimpré, in dem es zahlreiche Heilungen gab und das für mich in meinem damals so geschwächten Zustand eine ratsamere Reise war als die nach Jerusalem. Ich begab mich also in diese Gemeinde im Quercy, und siehe da, das Wunder wurde gewirkt: Der Herr gewährte mir seine Gnade und schenkte mir die Gesundheit wieder! So wie ich vor Euch stehe, ist an mir ein Wunder vollbracht worden!«
Während der ganzen Erzählung Benedettos hielt Demetrios den Kopf über seine Schale Linsen gesenkt und klapperte vernehmlich mit dem Löffel. Benedetto überging diese Nervosität und beendete seine Geschichte.
»Die Bewohner von Cantimpré erklärten mir, dass sie diese Gnadenbeweise der Seele von Pater Evermacher verdanken, der so lange bei ihnen gelebt habe. Sie sagten mir, er sei in Spalatro begraben. So komme ich also heute hierher, um am Grab des Priesters, dem ich meine Wiederauferstehung zu verdanken habe, in mich zu gehen!«
Demetrios hob den Kopf.
»Ich verstehe«, sagte er und schenkte sich Wein ein. »Pater Evermacher ist in der Tat hier beerdigt. Nachdem er sein ganzes Erwachsenenleben in Cantimpré verbracht hat, äußerte er den Wunsch, in seinem Geburtsdorf bei seiner Mutter beerdigt zu werden.« Er runzelte die Stirn und erhob seine Stimme, deren Redefluss sich nun beschleunigte. »Was jedoch diese Mirakel von Cantimpré angeht, so ist hier nicht der rechte Ort, um darüber zu sprechen, mein Freund! Man hat uns zur Genüge mit diesen Narrheiten in den Ohren gelegen!«
»Narrheiten?«
»Falls Evermacher vom Himmel aus in seiner ehemaligen Pfarrei Wunder wirkt, so ist hier nichts davon zu merken!«
Er trank seinen Wein, ohne den Becher an die Lippen zu führen, und stellte ihn mit einem harten Stoß auf den Tisch zurück.
»Es gibt bei uns Leute, die sich an Evermacher erinnern. Er war ein braver Mann. Als seine Mutter starb, ließ er eine Statue der heiligen Monika auf ihrem Grab errichten und bezahlte die Renovierung unserer kleinen Kirche. Er war gewissenhaft und bestimmt ein fähiger Mann, aber alle Alten in Spalatro sind sich darin einig, dass er nicht aus dem Stoff war, aus dem man Heilige macht!«
Benedetto wollte zu einer Antwort ansetzen, doch Demetrios ließ sich nicht unterbrechen.
»Ich würde sogar sagen, dass unser Leben in Spalatro sich verschlechtert hat, seitdem die sterblichen Überreste dieses Priesters hier begraben sind! Ihr seid der erste Mensch, den ich in sechs Jahren hier gesehen habe, der sich rühmt, Zeuge eines Wunders in Cantimpré geworden zu sein. Ich will Eure Worte nicht in Frage stellen, Messer Pietro Mandez, aber wisst, dass viele von uns in dieser Gemeinde an diesen Geschichten zweifeln.«
Demetrios schenkte sich einen weiteren Becher Wein ein, den er in einem Zug hinunterstürzte, bevor er ausstieß: »Und falls Ihr nach Cantimpré zurückkehrt, so richtet ihnen aus, dass sie ihren Evermacher
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