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Aelita

Aelita

Titel: Aelita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexej Tolstoi
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schlagen – es bebte schmerzhaft. Das Blut klopfte in den Schläfen. Ihm wurde dunkel vor Augen.
Er kroch zum Zähler. Der Zeiger raste ungestüm vorwärts und registrierte eine unglaubliche Geschwindigkeit. Die Luftschicht ging zu Ende. Die Anziehungskraft der Erde verringerte sich. Der Kompaß zeigte, daß sie sich senkrecht unter ihnen befand. Der Apparat, der mit jeder Sekunde seine Geschwindigkeit vergrößerte, raste mit irrsinniger Schnelligkeit in den eisigen Weltenraum.
    Losj konnte sich gerade noch, die Fingernägel dabei abbrechend, den Kragen des Pelzes aufknöpfen – das Herz stand still.
    In der Voraussicht, daß die Geschwindigkeit des Apparates und der darin befindlichen Körper einen Grad erreichen würde, bei dem eine merkliche Veränderung des Herzschlages, des Kreislaufs, überhaupt des ganzen Lebensrhythmus eintritt – in der Voraussicht dieser Umstände hatte Losj den Geschwindigkeitsmesser eines der Gyroskope (es waren ihrer zwei im Apparat) durch elektrische Leitungen mit den Hähnen der Behälter verbunden, die im gleichen Augenblick eine größere Menge Sauerstoff und Ammoniaksalze abgeben mußten.
    Losj erwachte zuerst. Die Brust schmerzte und der Kopf schwindelte ihm, das Herz arbeitete laut wie ein Brummkreisel. Gedanken tauchten auf und verschwanden – ungewöhnliche Gedanken, schnelle und klare. Die Bewegungen waren leicht und präzis.
    Losj drehte die überflüssigen Hähne an den Behältern zu und warf einen Blick auf den Zähler. Der Apparat legte fünfhundert Kilometer in der Sekunde zurück. Es war hell. Durch eines der Gucklöcher drang ein geradezu blendender Sonnenstrahl herein. Unter diesem Strahl, auf dem Rücken, lag Gussew mit gefletschten Zähnen und aus den Höhlen getretenen, glasigen Augen.
    Losj hielt ihm ein starkes Riechsalz vor die Nase. Gussew tat einen tiefen Atemzug, seine Lider bewegten sich leise. Losj faßte ihn unter den Achseln und versuchte mit Mühe, ihn hochzuheben, aber da hing Gussews Körper wie eine Blase in der Luft. Er löste ihm die zusammengepreßten Arme: Gussew sank langsam abwärts, streckte die Beine in der Luft aus, hob die Ellbogen, saß wie im Wasser da und blickte um sich: »Mstislaw Sergejewitsch, bin ich etwa betrunken?«
    Losj befahl ihm, zu dem oberen Guckloch hinaufzukriechen und zu beobachten. Gussew stand auf, wankte, setzte an und kroch dann wie eine Fliege an der senkrechten Wand aufwärts, sich mit den Händen an die gesteppte Polsterung klammernd. Er preßte das Gesicht an das Guckloch. »Es ist dunkel, Mstislaw Sergejewitsch, rein nichts zu sehen.«
    Losj setzte ein Rauchglas auf das der Sonne zugekehrte Okular. In deutlichen Umrissen, als ein riesiges zottiges Knäuel hing die Sonne in der schwarzen Leere. An ihren Seiten breiteten sich gleich Flügeln zwei Lichtnebel aus. Von dem festen Kern löste sich eine Fontäne und zerstob in der Form eines Pilzes: es war die Zeit, in der die großen Sonnenflecken hervortreten. In einiger Entfernung von dem hellen Kern erstreckten sich – weniger leuchtend als die Zodiakalflügel – flammende Lichtozeane, die von der Sonne fortgeschleudert waren und um sie herum kreisten.
    Mit Mühe riß sich Losj von diesem Schauspiel des lebenspendenden Weltenfeuers los. Er deckte das Okular mit einer Kappe zu. Es wurde dunkel im Innern des Apparates. Er näherte sich dem der Lichtseite gegenüberliegenden Guckloch. Hier war es dunkel. Er drehte das Okular, und ins Auge fiel stechend der grünliche Strahl eines Sterns. Doch jetzt trat ein hellblauer, klarer und starker Strahl in das Sehfeld – das war der Sirius, der himmlische Diamant, der schönste Stern des nördlichen Firmaments.
    Losj kroch zum dritten Guckloch. Drehte das Okular, schaute hindurch, rieb es mit dem Taschentuch. Sah dann genauer hin. Sein Herz krampfte sich zusammen, und er spürte jedes Haar auf seinem Kopf.
    Nicht weit, sogar ganz in der Nähe schwebten in der Finsternis undeutliche Nebelflecke. Gussew sagte mit Besorgnis: »Neben uns fliegt irgendein Ding.«
    Die Nebelflecke sanken langsam abwärts, sie wurden deutlicher und heller. Gezackte silbrige Linien und Fäden zogen rasch vorbei. Und jetzt begannen sich die deutlichen Umrisse der zerrissenen Ränder eines Felsenkammes abzuzeichnen. Offenbar näherte sich der Apparat einem Himmelskörper, wurde von ihm angezogen und begann als Trabant um ihn zu kreisen.
    Mit zitternden Händen tastete Losj nach den Hebeln der Rheostate und drehte sie, bis es nicht mehr weiter ging,

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