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Aelita

Aelita

Titel: Aelita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexej Tolstoi
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damit sie sich unserer Wohnstätten bemächtigen können.‹ Andere sprachen untereinander: ›Laßt uns den wahnsinnigen Hirten auf einen Felsen führen und in den kochenden See werfen, mag er selbst zum Schatten werden.‹
    Als der Hirt dies vernahm, ergriff er seine Ulla, eine hölzerne Flöte, an deren unterem Ende über ein Dreieck Saiten gezogen waren, setzte sich inmitten der Zornigen, Gereizten und Verständnislosen nieder und begann zu spielen und zu singen. Und er sang und spielte so schön, daß die Vögel verstummten, der Wind aufhörte zu wehen, die Herden sich niederlegten und die Sonne am Himmel stehenblieb. Jedem der Zuhörenden schien es in jener Stunde, daß er seine Unvollkommenheit bereits unter der Schwelle seiner Hütte begraben habe.
    Drei Jahre lang lehrte der Hirt. Im vierten Sommer kamen die Spinnenfresser aus den Sümpfen und überfielen die Bewohner von Azora. Der Hirt ging durch die Siedlungen und sagte: ›Überschreitet nicht die Schwelle, fürchtet das Böse in euch, fürchtet, die Reinheit zu verlieren.‹ Sie hörten auf ihn, es gab auch einige, die den Spinnenfressern nicht widerstreben wollten, und die Wilden erschlugen sie auf den Schwellen ihrer Hütten. Da verabredeten sich die Ältesten der Städte untereinander; sie nahmen den Hirten, führten ihn auf einen Felsen und warfen ihn hinunter in den See.
    Die Lehre des Hirten hatte sich weit über die Grenzen Azoras verbreitet. Sogar die Bewohner der Höhlen am Meer haben ihn auf ihren Felswänden, auf der Ulla spielend, dargestellt. Aber es war auch so, daß die Führer anderer Stämme jeden zum Tode verurteilten, der den Hirten verehrte, weil sie seine Lehre für gefährlich und für Wahnsinn hielten. Und es kam die Stunde, da die Prophezeiung sich erfüllte. In den Chroniken jener Zeit steht geschrieben: ›Vierzig Tage und vierzig Nächte lang fielen die Söhne des Himmels auf den Tuma herab. Der Stern Talzetl ging nach dem Abendrot auf und glühte in ungewöhnlichem Licht, wie ein zorniges Auge. Manche Söhne des Himmels fielen tot hernieder, manche zerschellten an den Felsen oder ertranken im südlichen Ozean, aber viele erreichten die Oberfläche des Tuma und lebten.‹
    Dies berichtet die Chronik von der großen Übersiedlung der Magazitl, das heißt des Stammes einer irdischen Rasse, die bei einer Wasserflut vor zwanzigtausend Jahren umgekommen ist.
    Die Magazitl flogen in bronzenen, eiförmigen Apparaten und bedienten sich zu ihrer Bewegung der Kraft des Zerfalls der Materie. Sie verließen die Erde während der Dauer von vierzig Tagen.
    Eine große Anzahl der gigantischen Eier gingen im Sternenraum verloren, viele zerschellten an der Oberfläche des Mars. Eine kleine Zahl ging ohne Schaden auf den Ebenen des Kontinents am Äquator nieder.
    Die Chronik sagt: ›Sie kamen heraus aus den Eiern, überaus groß von Wuchs und schwarzhaarig. Die Söhne des Himmels hatten gelbe, flache Gesichter. Ihre Leiber und Knie bedeckte ein bronzener Panzer. Auf dem Helm hatten sie einen spitzen Kamm, und der Helm deckte ihr Gesicht auch von vorn. In der linken Hand trug der Sohn des Himmels ein kurzes Schwert, in der rechten eine Schriftrolle mit den Formeln, welche die armen und unwissenden Völker des Tuma ins Verderben stürzten.‹
    Das waren die Magazitlen, ein grimmiger und mächtiger Stamm. Auf der Erde beherrschten sie auf dem Kontinent, der auf den Boden des Ozeans gesunken ist, die Stadt der Hundert Goldenen Tore.
    Als sie hier die bronzenen Eier verließen, gingen sie in die Siedlungen der Aolen, nahmen, was sie wollten, und erschlugen die, die sich ihnen widersetzten. Sie trieben die Herden der Chaschi auf die Ebenen und begannen Brunnen zu graben. Sie pflügten die Felder und säten darauf Gerste. Doch in den Brunnen war wenig Wasser, und die Körner der Gerste gingen in dem trockenen und unfruchtbaren Boden nicht auf. Da befahlen sie den Aolen, hinauszugehen auf die Ebenen und Bewässerungskanäle zu graben und große Wasserbehälter zu bauen.
    Manche der Stämme gehorchten und gingen hinaus und gruben Kanäle. Manche aber sagten: ›Wir gehorchen nicht und werden die Ankömmlinge töten.‹ Die Heere der Aolen zogen hinaus auf die Ebene und bedeckten sie gleich einer Wolke.
    Die Ankömmlinge waren nicht zahlreich. Aber sie waren stark wie Felsen, machtvoll wie die Wogen des Ozeans, grimmig wie der Sturm. Sie fegten die Heere der Aolen hinweg und vernichteten sie. Die Siedlungen brannten. Die Herden verliefen sich. Die

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