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Aelita

Aelita

Titel: Aelita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexej Tolstoi
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zu lesen.«

Eine zufällige Entdeckung
    In der Dämmerung schlenderte Gussew, der nichts zu tun hatte, durch die Zimmer des Hauses. Es war groß und fest gebaut, geeignet zum Wohnen im Winter. Darin waren eine Unzahl von Übergängen, Treppen, leeren Sälen und Galerien, in denen die Stille von unbewohnten Räumen herrschte. Gussew wanderte in dem Hause umher, sah sich alles an und gähnte: »Reich leben sie ja, die Teufel, aber langweilig.«
    In einem entfernten Teile des Hauses waren Stimmen zu hören, das Aufschlagen von Küchenmessern und das Klirren von Geschirr. Der Hausmeister sprach mit piepsender Stimme ganz schnell etwas, was wie Vogelgezwitscher klang, und schalt jemanden. Gussew ging bis zur Küche, einem niedrigen gewölbten Raum. In seiner Tiefe loderte brennendes Öl über den Pfannen. Gussew blieb in der Tür stehen und schnupperte. Der Hausmeister und die Köchin, die sich gerade zankten, schwiegen still und verzogen sich tiefer in das Gewölbe.
    »Es qualmt hier bei euch, es qualmt«, sagte Gussew auf russisch zu ihnen, »ihr müßt einen Rauchfang über dem Herd anbringen. Ach, was seid ihr für Barbaren, und seid dabei Marsianer!«
    Er machte eine resignierte Handbewegung beim Anblick ihrer erschrockenen Gesichter und ging hinaus auf die hintere Außentreppe, setzte sich auf die steinernen Stufen, zog das geliebte Zigarettenetui aus der Tasche und begann zu rauchen.
    Unten auf der Wiese, am Waldrand, trieb ein Hirtenjunge, laufend und schreiend, die dumpf brüllenden Chaschi in eine Scheune aus Ziegelstein. Von dort her, durch das hohe Gras, kam auf einem Pfad eine Frau mit zwei kleinen Milcheimern. Der Wind blies ihr gelbes Hemd auf, zerrte an der Quaste des drolligen Mützchens auf ihrem grellroten Haar. Jetzt blieb sie stehen, stellte ihre Eimerchen hin und begann sich eines Insekts zu erwehren, wobei sie das Gesicht mit dem Ellbogen verdeckte. Der Wind verfing sich in ihrem Rocksaum. Sie hockte lachend nieder, ergriff die Eimerchen und lief weiter. Als sie Gussew erblickte, zeigte sie ihre weißen, lustig blinkenden Zähne.
    Gussew nannte sie Ichoschka, obgleich sie eigentlich Icha hieß; sie war die Nichte des Hausmeisters, ein lachlustiges, rundliches junges Mädchen mit dunkel getönter bläulicher Haut. Sie lief rasch an Gussew vorbei und krauste nur die Nase nach ihm hin. Gussew hatte sich schon bereit gemacht, ihr einen Klaps auf die Hinterseite zu geben, hielt aber an sich. Er blieb sitzen, rauchte und wartete.
    Ichoschka kam in der Tat bald wieder, mit einem Körbchen nebst einem Messer. Sie setzte sich nicht weit von dem Sohn des Himmels auf eine Stufe und fing an, das Gemüse zu putzen. Ihre dichten Wimpern blinzelten hin und wieder. An allem konnte man sehen, daß sie ein fröhliches Mädchen war.
    »Warum sind bei euch im Marsland alle Weiber so blau?« sagte Gussew auf russisch zu ihr. »Du bist ein dummes Ding, Ichoschka, und verstehst nichts von einem richtigen Leben.«
    Icha erwiderte ihm in ihrer Sprache, und Gussew verstand ihre Worte wie durch einen Traum: »In der Schule habe ich die heilige Geschichte gelernt; dort heißt es, daß die Söhne des Himmels böse sind. In den Büchern steht eines, und in Wirklichkeit sieht es ganz anders aus. Die Söhne des Himmels sind gar nicht böse.«
    »Ja, sie sind gut«, sagte Gussew und kniff ein Auge zu.
    Icha wollte beinahe ersticken vor Lachen, und die Gemüseschnipsel flogen unter ihrem Messer.
»Mein Onkel sagt, daß ihr, die Söhne des Himmels, mit einem Blick töten könnt. Davon hab ich noch nichts gemerkt.«
    »Wirklich? Aber was merken Sie denn?«
    »Hören Sie mal, antworten Sie mir in unserer Sprache, eure versteh ich nicht«, entgegnete Ichoschka.
»In eurer kommt es bei mir so ungereimt heraus.«
»Was haben Sie da gesagt?« Icha legte ihr Messer hin, sie konnte einfach nicht mehr vor Lachen. »Nach meiner Meinung ist bei euch auf dem Roten Stern alles genau wie bei uns.«
Da räusperte sich Gussew und rückte näher. Icha ergriff ihren Korb und rückte ab. Gussew räusperte sich wieder und rückte noch näher. Sie sagte: »Sie werden nur Ihre Kleider abwetzen, wenn Sie so auf den Stufen herumrutschen.«
Vielleicht hatte sich Icha irgendwie anders ausgedrückt, aber Gussew hatte sie eben so verstanden.
Er saß jetzt ganz nahe bei ihr. Ichoschka tat einen kurzen Seufzer. Sie senkte den Kopf und seufzte noch stärker. Da blickte sich Gussew schnell um und umfaßte Ichoschkas Schultern. Sie warf sich plötzlich zurück und

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