Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte
zugenommen habe oder nicht. Hosen kann man bei Bedarf größer kaufen.
Eine weitere Kommentatorin im Blog riet den Frauen im Kampf mit FF , mindestens drei Details zu benennen, die sie an sich selbst hübsch finden. Sich beim Blick in den Spiegel auf das Schöne zu konzentrieren, wie ein verknallter Mensch es bei seinem Partner tut, das sei ein »liebender Blick« auf sich selbst. Suse und ich haben es ausprobiert: Suse findet an sich die Augen, die Schultern und die Unterschenkel attraktiv. Bei mir sind es die Augen, die Wangenknochen und die Haare, jedenfalls wenn ich die Glanzspülung benutzt habe. Immerhin.
Die Kommentatorin mit dem Pseudonym »Unerhört« riet den Damen, sich vor dem Spiegel mit den Augen einer 80 -Jährigen quasi im Rückblick zu betrachten. Wie jung sehe ich aus als Mittfünfzigerin! Eine Todsünde für ältere Menschen bestehe darin, sich mit Jüngeren messen zu wollen, und zwar an den Zeichen der Jugendlichkeit. Sowas sei eine Selbstanleitung zum Unglücklichsein, postete die Lady. Die Methode funktioniert bei mir. Allerdings finde ich sehr alte Frauen keineswegs hässlich. Meine Großtante Zilly bekam jenseits der 80 eine ätherische Klarheit im Gesicht, eine Altersschönheit, der Fett- und Faltenmonster nichts mehr anhaben konnten.
Britt braucht solche Tricks nicht. Sie hat das Hadern mit der Fettrolle auf ihre Weise gelöst. Eines Tages, erzählte mir Britt, habe sie ihrer Fettrolle auf den Hüften einen Namen gegeben: »Murkl«. Murkl sei ein Schutz gegen die Härte und Kälte des Lebens. Murkl begleite sie wie ein Schoßtier, das mitunter zwar etwas lästig sei, aber warm, weich und treu, schwärmte Britt mir vor.
Für schlechte Tage hat sie eine Schnellmethode: Einfach nicht in den Spiegel schauen. »Ich habe keine Lust, an solchen Tagen auch noch meinem bösen Blick im Spiegel zu begegnen«, meint Britt. Im Mittelalter hielt man Spiegel ohnehin für Teufelswerk, eine Verführung zu Eitelkeit und Prunksucht, der die Welt auch noch seitenverkehrt darstellt. Wie weise die Leute damals waren.
In Britts Atelier rumpelt die Waschmaschine nun leise vor sich hin. Die Puppe an der Wand mit ihrem Fettweggurt vibriert dazu, der Gurt ist auf höchste Stufe gestellt. Vor dem Dickmacherspiegel mit dem Gespensterlicht verspeisen einige Gäste ihren Zwiebelkuchen und kichern. Winnies Freundin schaut sich interessiert die Fotoserie mit dem verweiblichten Grönemeyer an, während Winnie stumm danebensteht. Mir fällt auf, dass Winnie eine neue, rechteckige Brille trägt. Lässt ihn trotz der vielen Rundungen in Gesicht und Körper irgendwie kantiger erscheinen.
Dürfen Männer sich die Haare färben?
»Männer kriegen wie die Frauen auch Körperstress, sie klagen bloß nicht so laut darüber«, sagt Frank und reißt mich aus meinen Gedanken. Er hat sich mit Suse und Gabriele in eine Diskussion verbissen, ob das Hin-und-her-Schieben der Altersangst zwischen Frauen und Männern die letzte Front im Geschlechterkampf sei. Mode, Kosmetik und Medizin stürzten sich heute auch auf den Männerkörper, um Geschäfte zu machen, meint Frank, von Beruf Allgemeinarzt. Es stimmt: Männer werden bombardiert mit Botschaften, dass es höchste Zeit sei, sich die müde aussehende Gesichtshaut einzuschmieren und das Bauchfett durch hartes Training zu bekämpfen. Schon die Jungs in der Pubertät tragen weite T-Shirts, um muskulöser zu erscheinen. In Befragungen zeigt sich, dass die Unzufriedenheit der Männer mit ihrem Körper wächst.
»Männer sind nicht zu beneiden in der Altersfrage«, fährt Frank fort. »Einen Bauch und eine Glatze zu bekommen ist nicht lustig. Frauen dürfen sich die Haare färben, sich schminken, mit den Klamotten experimentieren. Bei alten Männern gilt das als uncool.« Haben Männer einen Färbe- und Schminkneid? Das ist zumindest ein interessanter Gedanke. Dem sollte sich Suse mal in ihrem Blog widmen.
In der Waschtrommel dreht sich nur noch eine undefinierbare Masse. Die Beiträge zu den Botoxspritzen für Männer, zur Antifaltengymnastik, die Kalorientabellen und die Gymnastiktipps für den Waschbrettbauch sind zu einer einzigen Pampe geworden. Bin mal gespannt, was noch übrig bleibt von dem Papier. Und wie man das Zeug wieder rauskriegt aus der Trommel. Britt hat Musik aufgelegt, einen Techno-Remix von Rammstein. Schon schräg. Mein Spiegelmonster sitzt verwirrt in der Ecke.
Gabriele hat sich nach einem Rundgang wieder zu uns gesellt. »Vielleicht sollte man gar nicht so viel
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