Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte
50 und ihre gleichaltrigen guten Freunde: keine einfache Verbindung. Erst recht nicht, wenn der Kumpel eine blutjunge Geliebte anschleppt. Mit der ich dann gemeinsam grillen soll. Und dabei das verklärte Gesicht des guten alten Freundes anschauen muss, wie er an den Lippen seiner Angebeteten hängt, die »noch so frisch ans Leben herangeht«, wie mir mein alter Sportkumpel Winfried vorschwärmte. Während ich selbst mit meiner tollen Lebenserfahrung gerade noch gut genug bin, um die extra scharfe Grillsauce zu holen.
Meine Freundin Britt sieht das Problem inzwischen gelassen. Alte Männer mit jungen Frauen? Alte Frauen, die sich nicht mehr beachtet fühlen? »Es gibt Ungerechtigkeiten in der Welt, wo es mehr lohnt, sich darüber aufzuregen«, meint sie.
Dass Britt so locker ist, liegt vielleicht auch daran, dass sie sich neuerdings nicht mehr sonderlich für Männer zu interessieren scheint. Seit einiger Zeit schleppt Britt immer neue weibliche Bekannte an, die ein »echt interessantes Leben führen«, wie sie versichert. Zum Beispiel Lady Mona, geschätzte Anfang 50 , die Britt über Tine kennen gelernt hat, nachdem Tine mit Lady Mona im Hundeauslaufgebiet ins Gespräch gekommen war. Mona heißt eigentlich Sabine und führt ein Dominastudio. Bei »Lady Mona« kommen Männer vorbei, die sich gegen Bezahlung auspeitschen lassen oder nur Monas lange, netzbestrumpfte Beine streicheln wollen. Ein Offizier der Luftwaffe lässt sich bei ihr Löckchen in seine Haare drehen, um Frau spielen zu dürfen. Mona alias Sabine sagt: »Man muss bei Männern immer auch die menschliche Seite sehen.«
Ich habe auch Winfried früher immer von der menschlichen Seite betrachtet. Er hat es nicht leicht gehabt, als ihn seine Frau wegen eines anderen verließ und es immer wieder Streit gab, wann und wie er die beiden Kinder sehen konnte. Es hatte sich eine kumpelige Nähe zwischen uns entwickelt. Doch dann schleppte Winfried Natalie an, 20 Jahre jünger als er.
Wenn ein alter Kumpel mit einer Frau aus einer späteren Generation aufkreuzt, fühlt es sich ein bisschen an wie Verrat. So als habe Winfried versucht, eine Abkürzung im Leben zu nehmen, während ich auf dem ehrlichen Pfad der Vergänglichkeit mit meinen gleichaltrigen Freunden weiter dahinstapfe. Wahrscheinlich nur mit begrenzten Chancen bei viel jüngeren Männern, falls ich scharf drauf wäre.
Ich habe es früher als luxuriös empfunden, dass Winfried mir ab und an Komplimente machte, wie toll ich nach einer dreiviertel Stunde Joggen aussehe. Ich hatte dann das Gefühl, dass ich immer noch ein Tablett voller Möglichkeiten vor mir hertrug. Das war abgeräumt, als er mit Natalie ankam. Winfrieds Liaison mit Natalie dauerte jedoch nur anderthalb Jahre. Es lag nicht nur daran, dass sie Kinder wollte und Winfried, zweifacher Vater und geschieden, davor zurückschreckte.
Winnie hat sich bei mir gemeldet, nachdem Natalie gegangen war. Um düstere Gespräche im Cafe zu vermeiden, habe ich ihm einen Ausflug vorgeschlagen.
Wir wandern durch die Murellenschlucht in Berlin-Ruhleben, früher militärisches Sperrgebiet und heute ein Geheimtipp für Naturliebhaber. Neuerdings mache ich gern Touren aus Wanderführern. Ist fast wie Schnitzeljagd. Ich werde wohl kindlicher mit den Jahren.
»Diese Erwartungen von Natalie im Alltag«, sagt Winnie, während wir durch den lichten Laubwald spazieren, »das hat mich fertiggemacht. Man ist sowieso schon erledigt von der Arbeit, das wird ja nicht leichter mit den Jahren. Und dann sollst du am Abend noch Halligalli machen. Hat einfach nicht funktioniert.« Mein Mitleid hält sich in Grenzen.
»Vielleicht waren wir einfach zu unterschiedlich«, fährt Winnie fort. »Bei mir ist eben schon viel drauf auf der Festplatte im Hirn. Ich muss nicht jeden Tag neuen Input haben. Bei Natalie war das anders, die wollte immer los, raus, Leute kennen lernen, ein neues Programm.« Festplatte, Input, Programm: Winnie ist Umweltingenieur. Da löst sich Romantik offenbar in Technik auf.
Wenn Männer sich selbst entzaubern
Ich sage nichts. Ich habe keine Lust, die Mami zu spielen und erst recht nicht den seelischen Mülleimer. Andererseits muss ich fair sein: Winnie hat sich in schlechten Zeiten auch viel Gejammere von mir angehört. Über die kurze Verwirrung, in die mich die Begegnung mit dem KollegenV. gestürzt hatte. Oder über meine Ehekrise mit Christoph, als er seine 50 -Stunden-Arbeitswoche zu einer 60 -Stunden-Arbeitswoche erweiterte.
Es ist ein
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