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Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Titel: Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Dribbusch
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Ayurveda-Restaurant, aber wer legt das schon fest. Der Raum ist nach Feng-Shui-Kriterien gestaltet, keine dunklen Ecken, viel Licht, alles ist offen und harmonisch.
    »Nun komm mal wieder runter«, beschwichtigt Lise. »Vergiss deinen letzten Job und öffne dich für Neues.« Lise trägt eine großzügig geschnittene Tunika über ihrer weiten Hose. Diese New-Age-Klamotten sind durchaus bequem und vorteilhaft im höheren Alter, aber man rätselt automatisch, inwieweit sich hinter der luftigen Kleidung ein echter Freigeist oder nur die üblichen Fettdepots verbergen.
    Lise arbeitet schon seit vielen Jahren in einem Vertriebsbüro für Sicherheitstechnik und überlegt, ihrem Leben auch beruflich eine neue Richtung zu geben. Sie will »in einem Heilberuf was mit Menschen machen«, statt den Leuten Türen mit Aufbohrschutz und Alarmanlagen zu verkaufen, erklärte sie mir mal.
    Wo fängt die Verarschung an?
    »Was mit Menschen machen«– das wollen auch viele junge Mädchen. Und dann verlieren sie in der Schule den Anschluss in Mathe und enden Jahrzehnte später als Heilpraktikerinnen, die versuchen, den Kunden Behandlungen aus der Traditionellen Chinesischen Medizin aufzuschwatzen. Was zur Kernfrage für all diese Verfahren führt: Wo liegt der praktische Nutzen und wo fängt die Verarschungan?
    Im Sonnenhof-Restaurant bestellt Lise heißes Ingwerwasser, das rege die Lebenskräfte an, behauptet sie. Britt entscheidet sich– aus Neugier– für Vata-minderndes Auberginengemüse. Suse ordert den Bohneneintopf mit viel Knoblauch und Chili, Kapha-mindernd, wie die Speisekarte mitteilt. Aber das mit der Typenlehre ist ihr sowieso wurscht. »Wenn schon, dann scharf«, kommentiert sie. Ich finde, sie könnte ihre Stimme etwas senken.
    Ein Paar in mittleren Jahren betritt das Restaurant, in Bademänteln und mit von Bananenblättern abgedeckten Packungen auf dem Kopf. Sie machen offensichtlich »Thalapothichil«, eine Packung mit einer Paste aus Stachelbeeren und Buttermilch, straff eingewickelt in Bananenblätter. Die Packung auf dem Kopfchakra soll gut sein gegen Stress und chronische Kopfschmerzen. Die beiden setzen sich an den Nebentisch und bestellen die karamelisierte Birne auf Rucola-Salat mit Honig-Senf-Sauce. Vata-mindernd. Habe ich mir schon gedacht, dass sich die meisten Leute hier für Vata- oder Pitta-Typen halten. Wer will schon ein dicklicher Kapha sein?
    Ich frage mich, wie die Frau den Mann zur Kopfpackung herumgekriegt hat. Männer wollen auf ihrem Körper angeblich nichts draufgeschmiert haben, was mit Pasten oder Cremes zu tun hat, also eine weiche Konsistenz besitzt. Das soll ein Problem sein in der Wellnessindustrie. Kann ich aber auch verstehen. Gestern Abend ging ich zur Ayurvedamassage. Die Dame rieb einen halben Liter warmes Öl auf meinen Körper. Ich fühlte mich wie ein Grillhähnchen.
    »Ayurveda ist eine Armenmedizin. Ich wette, auch in Indien vertraut die Mittelschicht lieber Antibiotika und Antidepressiva, wenn es ihr schlecht geht,« kommentiert Suse. »Wie sollen auf die Haut geschmierte Pasten auch wirken? Die dringen doch gar nicht in den Körper ein.« Das Paar mit den Bananenblättern merkt auf. Es ist sonst sehr still im Restaurant. »Du hast zu viel aggressives Pitta«, meint Lise. »Hättest lieber den Rohkostsalat mit Artischocken-Dip nehmen sollen.«
    Suses schlechte Laune begann schon, als wir ankamen. Wir erfuhren, dass es nur im »Medienraum« Internetverbindung gibt und nicht in den Zimmern. »Sie sind doch zum Erholen da und nicht, um an der Nabelschnur Ihres Laptops zu hängen, oder?«, hatte die junge Frau im Hosenanzug am Empfang geflötet. Suse fand es weniger lustig, denn sie wollte eigentlich Informationen für einen neuen Auftrag aus dem Internet herunterladen.
    Unser Essen kommt. Meine Reispfanne ist lecker. Britt bezeichnet ihr Auberginengemüse als »ungewohnt, aber schmackhaft«.
    Klopfen oder rückwärts zählen?
    Britt hat ein eher praktisches Verhältnis zu Aberglauben und Suggestion. Gegen ihre Flugangst wendet sie die populäre Klopfmethode an, weil sie sonst nicht durchhält in den fliegenden Stahlkisten. Dabei massiert sie einen Punkt unterhalb des Schlüsselbeins und murmelt vor sich hin: »Obwohl ich diese Angst vorm Fliegen habe, liebe und akzeptiere ich mich so wie ich bin.« Dann klopft sie ihren Körper an mehreren Punkten ab und grummelt dabei: »Meine Angst vorm Fliegen, meine Angst vorm Fliegen.« Man müsse die Selbstbehandlung im Flugzeug aber diskret

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