Aendere dein Leben - erfinde dich neu
interessante Gedanken bringt. Es handelt sich um eine Holzkiste, die an einem Baum angebracht wird. Die Kiste hat eine runde Öffnung, durch die der Affe in ihr Inneres greifen kann. In diese Kiste legt man einen Leckerbissen, der dem Affen unwiderstehlich erscheint. Danach braucht man nur noch zu warten. Nach einer Weile taucht ein Affe auf, der sich zuerst gründlich umsieht und schließlich vorsichtig seine Hand durch die Öffnung schiebt, um die Leckerei in der Kiste zu ergreifen. Er schließt die Faust um seine Beute, damit sie ihm nicht mehr verloren geht, und will die Hand zurückziehen, doch die geschlossene Faust mitsamt dem Leckerbissen ist zu groß für das Loch. In diesem Moment kommen die Jäger aus ihrem Versteck und können den Affen verblüffend leicht fangen.
In gewisser Hinsicht ähneln wir einem solchen Affen: Wir konstruieren eine festgefügte Identität, eine Persönlichkeit, eine Beschreibung von uns selbst und halten daran fest. Wenn das Leben dann von uns verlangt, dass wir uns von dieser Identität lösen, uns verändern und verwandeln müssen, um unsere wahre Freiheit zu erlangen, sperren wir uns dagegen.
»Es gibt Menschen, die depressiv sind, an ihrer Situation aber gar nichts verändern wollen, auch wenn sie das Gegenteil behaupten.«
Es gibt jedoch einen wichtigen Grund, an der eigenen Identität und Persönlichkeit festzuhalten, der zumindest intellektuell leicht nachvollziehbar ist. Wenn wir uns vollständig mit unserem Selbstbild identifizieren und dieses Bild plötzlich zerbricht, haben wir das Gefühl zu sterben, einfach zu verschwinden. Deshalb geht es nicht darum, dass wir Menschen uns nicht ändern können, sondern dass wir uns jeder Veränderung unbewusst mit aller Macht widersetzen. Dieses Verhalten ähnelt einer Raupe, die sich gegen die Vorstellung wehrt, sich in einen Schmetterling zu verwandeln. Ich stelle mir gern vor, dass der Raupe in dem Moment, wo sie sich in diesen dunklen Raum, den Kokon, begibt, um zuzulassen, dass die proteolytischen Enzyme sie von ihrer Identität als Raupe befreien, nur das Vertrauen auf die höhere Intelligenz der Natur dazu verhilft, dass sie innerhalb des Kokons überlebt und ihre Verpuppung beginnt. Wenn der Kokon sich dann öffnet, ist das Wesen, das daraus hervorkriecht, keine Raupe mehr, sondern ein Schmetterling. Es hat keine Veränderung stattgefunden, sondern eine echte Verwandlung. Für die Identität der Raupe war Fliegen eine Option, obwohl ihr dies nicht bewusst war. Aber erst ihre Verwandlung in einen Schmetterling führte dazu, dass diese Möglichkeit sich in einer ganz besonderen Realität entfaltete. Ebenso ergeht es der Eichel, die in ihrem Inneren die Möglichkeit birgt, zur Eiche heranzuwachsen. Doch nur wenn die Eichel aufbricht, kann eine Eiche daraus werden.
An dieser Stelle möchte ich Sie bitten, sich auf eine Imaginationsübung einzulassen. Stellen Sie sich vor, Sie wären eine Raupe, ein Wesen, das nur langsam und kriechend vorankommt. Ist es nicht so, dass eine Raupe unmöglich von einem Ast zum anderen springen kann, ohne dabei den Tod zu finden?
Auf ganz ähnliche Weise erscheinen uns zahlreiche Dinge unerreichbar, die für uns möglich wären, wenn wir unser Potenzial neu ausloten würden, weil sie sich aus der Perspektive unserer jetzigen Identität nicht innerhalb dessen bewegen, was vernünftig und vorstellbar erscheint. Dennoch ist das, was aus Sicht der Raupe weder vernünftig noch vorstellbar erscheint– die Option des Fliegens–, aus der Sicht des Schmetterlings vollkommen selbstverständlich. Das heißt, jede Identität hat ihre einzigartige Sicht der Dinge, von der aus sie alles betrachtet, und kann sich erst dann auf eine andere Perspektive einlassen, wenn sie bereit ist, die bisherige Identität abzustreifen. So können wir erkennen, dass wir nicht auf eine starre Rolle festgelegt sind und unser Leben nicht vorherbestimmt ist. Wir sind vielmehr Geschöpfe, die in der Lage sind, einer schlummernden Kreativität zum Ausdruck zu verhelfen. Darin besteht die Aufgabe, unsere wahre Magie zu entdecken.
Zusammenfassung
Wenn uns etwas im Leben wirklich wichtig ist und wir die Angst vor der Leere spüren, müssen wir darauf vertrauen, dass sich aller Angst zum Trotz unsere Flügel zu entfalten beginnen, sobald wir den nächsten Schritt wagen.
6 | Das schönste Vermächtnis
»Die Aufmerksamkeit ist die wertvollste Währung, die ich habe, um innere Freiheit zu erwerben.«
G. I. Gurdjieff
Der Herrscher
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