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Aengste verstehen und hinter sich lassen

Aengste verstehen und hinter sich lassen

Titel: Aengste verstehen und hinter sich lassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Dehner-Rau , Harald Rau
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Gesetzmäßigkeiten verantwortlich. Lässt man zu oder fördert gar, dass das Angstgedächtnis stabiler und immer größer wird, breiten sich auch die Angstsymptome immer mehr aus (Reizgeneralisierung, siehe →  S. 51 ), verselbstständigen sich und geben der Angst einen immer größeren Raum. Häufig passiert in der Folge dieses sich ausbreitenden Angstgedächtnisses, dass andere Nervennetze und somit psychische Vorgänge zurückgedrängt werden, was zu einer weiteren Symptomverschlechterung führt.
Wie sieht Ihr persönliches Angstnetzwerk aus?
    Die Therapie von Angststörungen hat immer eine Veränderung des Angstnervennetzes zum Ziel. Eine solche Veränderung kann umso zuverlässiger erreicht werden, je genauer dieses Netz bekannt ist. Eine gute Möglichkeit, sich der Zusammenhänge bewusst zu werden, ist, ein Netzwerk zu Papier zu bringen. Um Ihnen zu verdeutlichen, wie dies konkret geschehen kann, veranschaulichen wir die Geschichte eines Betroffenen als Angstnetzwerk. Dieses Netz kann Ihnen dann als Modell für die Darstellung Ihres eigenen Netzes dienen.

    Schon wenn ich den Raum betrete, spüre ich einen Hustenreiz
    Gisheid D., 44 Jahre
    In einem bestimmten Konzertsaal, in dem ich viele Konzerte bestreiten muss, sitze ich besonders nahe am Publikum. Ich fühle mich in diesem Konzertsaal ganz besonders stark beobachtet und denke dann ununterbrochen, dass man mir meine Aufregung ansieht. Wenn ich aufgeregt bin, schwitze ichsehr stark und verspüre einen Hustenreiz, der mich auch während der Aufführungen immer wieder zum Husten zwingt. Inzwischen habe ich vor diesem Konzertsaal so große Angst, dass ich schon dann, wenn ich ihn betrete, schwitze, den Hustenreiz spüre und mir fast nicht vorstellen kann, das nächste Konzert in diesem Raum zu überleben. Die Angst spitzt sich schon so weit zu, dass ich mich jetzt schon wiederholt kurz vor einer Aufführung krank gemeldet habe, um sie zu vermeiden.
Übung
    Was denke und tue ich, wenn ich Angst habe?
    Nehmen Sie sich die Zeit, Ihre eigenen Gedanken und Handlungen im Zusammenhang mit Ihrer Angst aufzuschreiben. Dazu kann das folgende Muster als Anregung dienen:
Gedanken: Gleich kann etwas ganz Schlimmes passieren. Ich erhalte keine Hilfe.
Ich schaue nach, ob ich noch eine Tablette vorrätig habe, die ich nachher nehmen kann und die mich beruhigt.
Ich schaue nach der Telefonnummer des medizinischen Notdienstes und vergewissere mich, dass ich dort sofort Hilfe erhalten kann.
Wenn gerade Verpflichtungen anstehen, sage ich diese sofort ab und begründe das mit Kopfschmerzen.
    Beschreiben Sie so Ihr persönliches Angstnetz und bringen Sie es nach dem Muster der Abbildung auch zu Papier. Im Anschluss an diese Sammlung können Sie sich noch einmal darüber Gedanken machen, wie diese Verhaltensweisen Teil des Angstgedächtnisses geworden sind und somit am Aufrechterhalten der Angstsymptomatik beteiligt sein können.
Stabilisieren Sie Ihre Stärken
    Dieses Bild des Angstgedächtnisses vor Augen zu haben, ist für die Veränderung einer Angststörung (oder deren Therapie) von ganz entscheidender Bedeutung. Deshalb wollen wir Ihnen nahelegen, sich mit dem Angstgedächtnis möglichst konkret auseinanderzusetzen. Alles, was das Angstgedächtnis schwächt, hilft Ihnen und ist Therapie. Ebenso hilft alles, was andere Gedächtnisinhalte aktiviert. Eine Therapie besteht demzufolge immer aus beidem: der Verkleinerung des Angstgedächtnisses und der Aktivierung und Stabilisierung anderer Netzwerke.
    Der therapeutische Begriff der „Ressourcenorientierung“ meint häufig genau das: Wir wollen Sie ermutigen, sich wieder mehr durch Ihre Stärken und Fähigkeiten leiten zu lassen und diesen Stärken wieder mehr Raum und Zeit einzuräumen, sodass die Nervennetze, die diese Stärken und Fähigkeiten repräsentieren, größer und stabiler werden.
    Alle Reize, die in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Angst auftreten, können Teil des Angstgedächtnisses werden. Das können Gedanken, Gefühle,Handlungen und Wahrnehmungen sein, die wiederholt mit dem Symptom auftreten oder absichtlich herbeigeführt werden. Gewöhnt sich jemand zum Beispiel an, in der Angsterwartung eine Beruhigungstablette (häufig Benzodiazepin) zu nehmen, wird die Tabletteneinnahme Teil des Angstgedächtnisses, obwohl die Einnahme kurzfristig zu einer deutlichen Symptomverbesserung führt.
    Langfristig wird es jemandem, der die beruhigende Erfahrung der Tabletteneinnahme gemacht hat, nahezu nicht mehr möglich

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