Äon
vernehmen, wie er auf ein frisch eingepflanztes Modul seines Implantats umschaltete. »Das ist ja interessant!« meinte er. »Damals wurde ja so manche Grundlage der modernen Physik geschaffen.«
Olmy mischte sich nun ein und piktographierte dem Mann etwas zu, das Patricia nicht verstand. Jedenfalls zog der Mann mit einem roten Kreis vor dem Gesicht ab.
»War vielleicht keine so gute Idee«, meinte Olmy, während er sie zum Frant begleitete, der sich mit zwei Neomorphen – einem Strahlentierchen und Hulane Ram Seija, Direktor des Nexus – unterhielt.
»Ich schätze, wir müssen uns daran gewöhnen«, erwiderte Patricia. Warum daran gewöhnen? fragte sie sich dann. Sie wollte nicht ewig hierbleiben.
»Ser Ram Seija«, sagte der Frant, und wandte sich dann an Patricia, »hier ist unser erster Gast.« Die großen Augen des Frant wirkten heiter und optimistisch. Obwohl Patricia das Wort Gast übertrieben fand, hatte sie nichts dagegen, daß der Frant es benutzte.
»Ich möchte mich gern einmal privat mit Ihnen unterhalten«, sagte Ram Seija. »Obwohl mir das hier kein geeigneter Ort zu sein scheint für…«
Patricia sah in sein Gesicht, das in der Mitte seines Kugelkörpers placiert war. Sie hatte den unbestimmten Eindruck, im Disneyland zu sein und mit Gelassenheit eine außergewöhnliche Attraktion zu betrachten. Erst nach einer Weile meinte sie: »Ganz recht.«
»Timbl, unsere Welt, ist wirklich sehenswert«, sagte der Frant. »Wir sind alte Klienten des Hexamon. Es ist ein sehr harmloses Tor, das schon lange besteht.«
»Dahin geht die Reise zuerst«, erklärte Ram Seija.
»Vier Stunden dauert die Fahrt zum Frant-Tor bei vier x sechs. Dort haben wir zwei gemächliche Tage Aufenthalt. Wir hoffen, der Präsident kann sich von seinen Konferenzverpflichtungen freimachen und uns empfangen.«
Vier x sechs – vier Millionen Kilometer im Korridor – lediglich ein Katzensprung, dachte Patricia. Und pro tausend Kilometer zeitlich ein Jahr näher; mit jedem Millimeterbruchteil in ein andres Universum…
Um wieviel der Heimat näher?
»Ich freue mich auf die Begegnung mit ihm und auf Timbl«, sagte sie.
»Man verlangt uns vorne im Bug«, erklärte Lanier, der mit Farley vorbeikam. Heineman und Carrolson waren bereits auf dem Weg. Die Leute teilten sich zur Gasse; noch nie war Patricia mit soviel Lächeln und Bewunderung überhäuft worden. Dieser Personenkult war ihr zuwider. Am liebsten hätte sie sich irgendwo verkrochen.
Sie tastete nach dem Brief von Paul in der Tasche ihres Overalls und folgte dann dem Frant und Olmy durch die Gasse in den Schiffsbug.
Dort warteten Senator Oyu und drei Homomorphe von Axis Thoreau – lauter Historiker. Sie machten lächelnd Platz für die fünf. Der Kapitän des Defektfahrzeugs, ein Neomorpher mit männlichem Oberkörper und Schlangenleib von der Hüfte abwärts, der ganze drei Meter maß, gesellte sich als letzter hinzu.
»Die Ehre, unseren kleinen Ausflug zu starten, gebührt dem ersten unserer Gäste in Axis City«, sagte er. »Miss Vasquez, seien Sie so freundlich, und bitten Sie das Schiff zu starten.«
»Los!« sagte Patricia leise.
Ein scharf abgegrenzter Kreis von etwa fünf Metern Durchmesser tat sich in der Schiffswand auf und bot ihnen Blick auf den Weg. Sie schienen hoch über den Verkehrswegen und Tor-Terminals zu gleiten. Die gleißende Singularität schimmerte glutrot vor dem Schiffsbug. Momentan fehlte das Gefühl von Bewegung.
Patricia blickte zurück zu Olmy, Lanier und Farley. Lanier lächelte; sie erwiderte sein Lächeln. Trotz allem war das ganz schön aufregend. Sie kam sich vor wie ein verhätscheltes Kind auf einer verschrobenen Erwachsenenparty.
Wir sind die Larven, sie die Schmetterlinge, dachte sie.
Binnen einer halben Stunde bewegte sich das Schiff so schnell – gute 104 Kilometer pro Sekunde –, daß der Weg zu einem gelbbraunen Schlauch verschwamm. Sie hatten bereits 94.000 Kilometer zurückgelegt und beschleunigten noch immer. Vorne pulsierte glutrot der Defekt. Patricia spürte Farleys Hand auf ihrer Schulter.
»Erstaunlich. Ist wie eine Party auf der Erde«, sagte Farley. »Nicht in Hopeh, sondern in Los Angeles oder Tokio. Ich kam über Tokio nach Los Angeles und dann weiter nach Florida… Da gab’s immer wieder Empfänge. Das Fest in der Botschaft…« Sie lächelte kopfschüttelnd. »Wo, zum Teufel, sind wir nur, Patricia? Ich bin total durcheinander.«
»Das sind Menschen wie wir«, antwortete Patricia.
»Ich kann…
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