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Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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worden war.
    Olmy ging durch die Eingangshalle und stellte sich an den Kreditschalter und kniff die Augen zusammen, als überlegte er. Er wandte sich zum breiten, glänzenden Fenster und bemerkte im Hof den Frant, der geduldig auf dem leeren Podest einer Lichtskulptur saß. Das Fenster erweckte den Anschein, als wäre der Frant in einem üppigen Erdengarten mit leuchtendem Abendrot. Dem Frant wäre das nur recht, dachte Olmy sich.
    Er piktographierte dem Kreditschalter und erhielt eine vertrauliche Antwort: das Apartment sei blockiert wie alle Apartments im Gebäude. Es könne keins bezogen oder auch nur besichtigt werden, solange die gegenwärtige Sperre nicht widerrufen wäre.
    Die Sperre wurde verhängt, nachdem die letzten Naderitenfamilien aus den Städten abgezogen worden waren. Nur öffentliche Gebäude waren zur Benutzung offengeblieben für die letzten Gelehrten, die gerade ihre Auswertung der Massenflucht abschlossen. Die Menschen der Erde hatten sich bereits eines Teils dieser Einrichtungen bedient – vor allem der Bibliothek der Stadt Thistledown.
    Er piktographierte eine nexuskodierte Ikone in den Kreditschalter und sagte laut: »Ich habe Vollmacht, das Verbot vorübergehend aufzuheben.«
    »Vollmacht anerkannt«, erwiderte der Schalter.
    »Einheit drei sieben neun sieben fünf öffnen und neu ausstatten.«
    »Welche Ausstattung?«
    »Die Ausstattung der triadischen Familie von Olmy-Secor-Lear.«
    »Mitglied dieser Familie?« erkundigte sich der Schalter höflich.
    »Ja.«
    »Prüfe. Ausstattung komplett. Bitte weiter!«
    Olmy nahm den Lift. Als er – eine Handbreit über dem Boden gehend – durch den runden, bleigrauen Gang schritt, spürte er einen völlig ungewohnten und unangenehmen gefühlsmäßigen Ruck – den längst vergangenen Schmerz längst vergessener oder aufgegebener Träume, jugendlicher Hoffnungen, die von politischen Zwängen zunichte gemacht worden waren.
    Er hatte so lange gelebt, daß sein Gedächtnis die Gedanken und Empfindungen vieler verschiedener Persönlichkeiten zu enthalten schien. Aber dennoch durchdrang ein bestimmtes Emotionsmuster alle anderen und behielt ein bestimmtes Streben die Oberhand. Er hatte jahrhundertelang für die Sache der herrschenden Geshel an Naderiten gewirkt und war stets unparteiisch geblieben, so daß ihm diese Gelegenheit zu guter Letzt gewährt werden sollte.
    Seine Apartmentnummer leuchtete rot am Fuß der kreisrunden Tür auf; es war die einzige leuchtende Nummer im Gang. Er trat ein und blieb in einem Anflug von Nostalgie in der Umgebung seiner Kindheit stehen. Möbel und Ausstattung waren komplett und entsprachen dem, worum sein natürlicher Vater bemüht gewesen war: der Wohnung in Alexandria, aus der sie vertrieben worden waren. Zwei Jahre lang hatten sie hier gelebt und auf die Entscheidung ihres Falles gewartet, bevor die triadische Familie in die neugebaute Achsstadt umziehen konnte.
    Sie waren die letzte Familie gewesen, die in diesen Gebäuden lebte, und Olmy hatte reichlich Gelegenheit gehabt, das Coop-Gedächtnis zu ergründen und mit Programmen zu experimentieren. Schon in seiner Kindheit hatte er – sehr zum Leidwesen seiner orthodoxen Naderiteneltern – einen Hang zum Technischen entwickelt. Und was er vor fünf Jahrhunderten im Gedächtnis des Gebäudes entdeckt hatte, das gab seinem Leben eine neue Richtung…
    Er setzte sich in den himmelblauen Sessel seines Vaters vor der Datensäule. Solche Säulen waren in der Achsstadt heutzutage selten und dienten nur noch als rührige Antiquität; er allerdings hatte als Kind Hunderte von angenehmen Stunden vor diesem Gerät verbracht und sich damit vertraut gemacht. Nun aktivierte er mit eigenen kodierten Ikonen die Säule und tat sich einen Zugang zum Datengedächtnis des Gebäudes auf. Einst hatte das Gedächtnis den Bedürfnissen von Tausenden von Bewohnern gedient, ihre Aufzeichnungen geführt und Millionen mögliche Ausstattungsvariationen verwahrt. Nun war es buchstäblich leer; Olmy hatte den Eindruck, in unermeßlichen, dunklen Tiefen zu treiben.
    Er piktographierte eine Magazin- und eine Registriernummer und wartete auf die codierten Fragen, die er, sobald sie vor ihm erschienen, nacheinander präzise und korrekt beantwortete.
    In der Leere manifestierte sich eine Erscheinung – bruchstückhaft, unvollständig, aber dennoch eindeutig erkennbar und zwingend.
    »Ser Ingenieur«, sagte Olmy laut.
    Mein Freund. Die nichtvokale Kommunikation war gleichmäßig und kräftig, aber

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