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Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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wurden ausgewählt und sozusagen eingestellt.« Sie blickte hinauf zum Zeltdach und überlegte, wie sie erklären sollte, was ihr durch den Kopf ging. »Die Dellen stoßen aneinander. Unzählige vielleicht. Und ein Schacht, der sich in einer Delle – potentiell oder schon eingestellt – auf tut, führt vielleicht in ein andres Universum.«
    Takahashi schüttelte den Kopf. »Ist mir echt nicht ganz geheuer.«
    »Ja«, sagte Patricia. »Ich möchte mich auch nicht weiter äußern, bis Garry wieder da ist.«
    »Er muß jeden Moment kommen. Ist vor einigen Stunden im Bohrloch gelandet«, teilte Carrolson mit. Dann klopfte sie sich aufs Knie und stand auf. »Da fällt mir ein… Morgen ist Tanz in der ersten Kammer. Alle sind eingeladen. War zwar nicht unbedingt zur Feier von Garrys Heimkehr gedacht, aber trifft sich gut. Wir müssen uns mal wieder so richtig austoben.«
    »Ich bin ein guter Tänzer«, sagte Wu. »Foxtrott, Twist, Swim.«
    »Hört euch den an! Könnte meinen, wir hinken dreißig Jahre hinter der Zeit her«, bemerkte Chang.
    »Vierzig«, korrigierte Wu.
    »Und wenn wir es schaffen, Heineman aus seinem Spielzeug zu locken«, sagte Carrolson, »dann bring ich dem alten Trottel ein paar heiße Schritte bei.«
     
    Lanier legte den Zettel auf seinen Schreibtisch im Lager des wissenschaftlichen Teams und griff zur Wechselsprechanlage. Nach kurzem Zögern drückte er die Taste.
    Er glaubte zu wissen, warum Hoffman ihm den Zettel gegeben hatte. »Ann«, sagte er. »Ich will so schnell wie möglich mit Rupert Takahashi sprechen. Hier im Lager.«
    Er hoffte, er handelte im Sinne von Hoffman, wenn er versuchte, die Bombe zu entschärfen, die der Stein geworden war…
     
    Lance Corporal Thomas Oldfield, vierundzwanzig, war seit einem halben Jahr auf dem Stein stationiert und betrachtete diesen Einsatz als den aufregendsten seines Lebens, obwohl sich hier an sich nichts besonders Aufregendes abspielte. Die meiste Zeit schob er Wache in der zweiten Kammer, und zwar vor dem Tunnel zur ersten; dabei observierte er abwechselnd die Straße, die Brücke und die nahe Stadt oder betrachtete die ferne Rundung der gegenüberliegenden Seite. Normalerweise war er in Begleitung von mindestens einem Kameraden; heute jedoch war ein Wissenschaftler von der U-Bahnstation der Stadt in die erste Kammer zu eskortieren, so daß er nun ganz allein war. Freilich rechnete er nicht mit Problemen. In seiner ganzen Dienstzeit auf dem Stein war noch nichts Ungewöhnliches passiert. Er hatte noch nicht mal einen Spuk zu Gesicht bekommen.
    Er glaubte nicht an Spuk.
    Oldfield pfiff vor sich hin, als er aus dem Wachhäuschen trat und zur Brücke schaute, wo sich nichts rührte. »Schöner Tag«, sagte er und salutierte feierlich. »Jawohl, Sir, schöner Tag. Schön wie immer.«
    Er fragte sich, ob es rein technisch derselbe Tag wäre wie der Tag seiner Ankunft. Ein immerwährender Tag ohne dazwischenliegende Nacht. Das Wetter änderte sich ab und zu. Bald regnete es, bald zog Nebel vom Fluß auf. Konnte man das als zeitliche Unterteilung betrachten?
    Er begutachtete sein Apple und testete es hinter dem Häuschen an einer Reihe von Essenspäckchen aus Folie. Wenn er abgelöst wurde, stellte er die zerballerten Folienpäckchen wieder auf, damit die nächste Wache ihre Waffen ausprobieren konnte. Das war zu einem Ritual geworden.
    Er ging ums Häuschen herum zur Tür, blieb stehen und wandte sich um.
    Es fehlten ihm die Worte für das, was er sah.
    Er dachte nicht mal mehr ans Apple. Meldung machen und verspottet werden – das ging ihm durch den Kopf.
    Gute zwei Meter war es groß und dürr. Es hatte einen schmalen, langgezogenen Kopf mit hervorquellenden Glotzaugen, die ihn ruhig ansahen. Die zwei langen Arme, die nicht in Schulterhöhe, sondern deutlich darunter vom Rumpf baumelten, waren bedeckt mit einem Material, das an die Folienpäckchen erinnerte. Die Beine waren kurz und stämmig. Die Haut war glatt und spiegelnd – nicht glänzend oder glitschig, sondern wie altes, poliertes Holz.
    Es begrüßte ihn mit einem freundlichen Kopfnicken.
    Er nickte ebenfalls, hob dann unter dem Druck des vielen Drillens das Apple und sagte: »Identifiziere dich!«
    Aber es war mittlerweile verschwunden.
    Oldfield hatte den Eindruck, es sei durch den Tunnel davon, war sich aber nicht sicher.
    Vor Zorn und Scham lief sein Gesicht rot an. Er hatte seine Chance gehabt. Er hatte einen Spuk gesehen und ihn nicht zu fassen gekriegt, um ihn den Kameraden zu zeigen.

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