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Äon - Roman

Titel: Äon - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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blockieren!«, rief Singerer den Beamten und Zivilisten zu, die er auf der Treppe und in den Fluren sah. Und für den Fall, dass es dem Fliehenden doch gelang, das Gebäude zu verlassen: »Das Gelände abriegeln!«
    Schüsse fielen, und als Singerer den ersten Stock erreichte, hörte er unten das Klirren von Glas. Am Ende der Treppe stieß er auf eine Frau, die das Pech gehabt hatte, Lechleitner im Weg zu sein. Reglos lag sie da, der Kopf war weit zur Seite gekippt - Lechleitner schien ihr mit einem Schlag das Genick gebrochen zu haben.
    Die breite Eingangstür sah aus, als wäre sie von einem Artilleriegeschoss
durchschlagen worden. Überall lagen Glassplitter. Draußen standen mehrere Uniformierte mit gezückten Waffen und sahen sich verwirrt um.
    Singerer lief einige Meter weit über die Zufahrt, blieb schließlich stehen und steckte seine Waffe ein. Auf der nahen Straße herrschte dichter Verkehr, und von einem Fliehenden war weit und breit nichts zu sehen.
    »Verdammt«, sagte Singerer, so leise, dass es niemand hörte. » Verdammt! «
    Als er ins Gebäude zurückkehrte, fielen ihm dunkelblaue Stofffetzen zwischen den Glassplittern auf. An einigen von ihnen klebte sogar ein wenig Blut.
    Boris und Marisa kamen ihm entgegen.
    »Es hat Rolf und Irene erwischt«, sagte Singerer und starrte auf die Stofffetzen. Um sie herum herrschte plötzlich ein Durcheinander aus schreienden und gestikulierenden Polizisten und Zivilisten. Die Sirene heulte noch immer. »Oben im Büro des Direktors. Wir konnten nicht ahnen …« Er sprach nicht weiter.
    Boris, der älteste von Singerers Mitarbeitern, und die feuerrote Marisa wechselten einen betroffenen Blick.
    »Lassen Sie das analysieren«, sagte Singerer und deutete auf die Fetzen, die von Lechleitners Anzug stammten. »Vielleicht gibt uns das Blut einen Hinweis. Es stammt nicht von einem gewöhnlichen Kontaminierten.« Er schaute hoch; das Klicken der Waffe, die auf sein Gesicht gezielt hatte, hallte in seinem Kopf wider. »Himmel, wir waren nahe dran«, fügte er hinzu. »Wir hätten eine Schlüsselperson erwischen können.«
    Er bemerkte Marisas Blick. »Rolf und Irene hatten keine
Chance. Es war wie bei Krystek in Riga. Der Mann war einfach zu schnell.«
    Marisa nickte, und Boris sagte: »Ich fürchte, dies ist nicht die einzige böse Überraschung. In Dr. Ritters Klinik ist ein Alarm ausgelöst worden.«

34
    Rom
    I gnazio Giorgesi blinzelte im Sonnenschein, als er durch den vatikanischen Garten eilte, ein Bündel Computerausdrucke in der Hand. An einem Springbrunnen blieb er stehen, ein wenig überrascht von dieser ruhigen, beschaulichen Welt außerhalb seines fensterlosen Kellerraums. Ein wolkenloser Himmel dehnte sich über den Bäumen des Gartens und den Gebäuden jenseits davon - ein herrlicher Septembermorgen in Rom. Vögel zwitscherten, und die Luft war angenehm warm. Giorgesi drehte sich langsam um die eigene Achse, atmete die würzige Luft tief ein. Dieser Park war nicht der Garten Eden, aber er bewies, wie schön die Erde sein konnte. Und dort draußen gab es etwas, das sich anschickte, diese Schönheit für immer zu zerstören.
    Ignazio schauderte und eilte weiter über die Kieswege, die an Palmen und Blumenbeeten vorbeiführten, erreichte schließlich das Ende des Parks, stieg eine Treppe hoch und trat durch eine offene Tür. Bedienstete grüßten ihn respektvoll, und er nickte ihnen kurz zu, wieder in Gedanken versunken. Die Ausdrucke raschelten leise in seiner Hand, als er durch lange Flure hastete. Einige verwunderte Blicke folgten ihm, aber er bemerkte sie gar nicht.

    Als er schließlich das Arbeitszimmer des Papstes erreichte, musste er sich in Geduld fassen, denn der Heilige Vater sprach mit zwei Diplomaten aus Deutschland und Frankreich. Nach einem kurzen Blickkontakt zog er sich ins Vorzimmer zurück, nahm dort auf einer Sitzbank Platz und fühlte das Gewicht jeder verstreichenden Sekunde. Der Adrenalinspiegel in seinem Blut war noch immer so hoch, dass er keine Müdigkeit spürte, abgesehen von einem leichten Brennen der Augen. Ohne das Internet und insbesondere den Zugang zum Deep Web und den nachrichtendienstlichen Datenbanken verschiedener Staaten wäre seine Arbeit gar nicht möglich gewesen. Trotzdem grenzte es an ein Wunder, dass er eine Spur aus ferner Vergangenheit bis in die Gegenwart hatte verfolgen können.
    Eine halbe Ewigkeit schien zu vergehen, bis sich schließlich die Tür öffnete und der Papst ihn in sein Büro bat. Die Fenster

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