Äon - Roman
Wände und Decke streichen, auf der Suche nach Wanzen der nichtbiologischen Art. Er entdeckte nichts, was aber kaum etwas bedeutete.
Eine weitere geschätzte halbe Stunde verging, und dann drehte sich ein Schlüssel im Schloss. Wenige Sekunden später schwang die Tür auf.
Der lettische Beamte, den Sebastian bereits kannte, kam herein und richtete einige Worte an ihn.
»Tut mir leid, aber ich verstehe Sie noch immer nicht«, sagte Sebastian.
Ein zweiter Mann trat an dem Uniformierten vorbei, in einen dunkelgrauen Anzug gekleidet, das Haar grau und schütter. Sebastian schätzte ihn auf über fünfzig.
»Bitte kommen Sie«, sagte der Mann.
Sebastian erhob sich erleichtert und hoffnungsvoll. »Sie sprechen Deutsch, dem Himmel sei Dank. Ich habe mit den Morden im Restaurant des Hotels nichts zu tun, bitte glauben Sie mir. Befragen Sie die Leute, die an den anderen Tischen saßen. Sie können es bestätigen.« Er schnappte nach Luft und fügte hinzu: »Wo ist Anna?«
Der Mann winkte. »Bitte kommen Sie«, wiederholte er.
Sebastian zögerte. »Verstehen Sie mich?«
»Ja, ich verstehe Sie«, sagte der Mann. »Kommen Sie jetzt. Wir unterhalten uns ein wenig.«
Sebastian trat an dem lettischen Polizisten vorbei und ließ sich vom anderen Mann durch den kurzen Flur in ein Zimmer führen, das fast ebenso schlicht eingerichtet war wie die Zelle und offenbar Verhörzwecken diente. Der einzige nennenswerte Unterschied bestand darin, dass die Wände weiß waren
und Kritzeleien dort fehlten. Der Mann im Anzug nahm auf der anderen Seite eines Tisches Platz und deutete auf den Stuhl davor. »Bitte setzen Sie sich, Herr Vogler.«
»Ich habe mit den Morden nichts zu tun«, betonte Sebastian noch einmal und fügte hinzu: »Wer sind Sie?«
»Mein Name ist Benjer, Ferdinand Benjer«, antwortete der Mann. Er zog die Schublade des Tisches auf und entnahm ihr einen Beutel, der die Dinge enthielt, die man Sebastian abgenommen hatte, darunter Uhr und Brieftasche. »Ich arbeite für Interpol. Ist das alles?«
»Was? Ja. Ja, ich glaube schon. Interpol, sagen Sie?«
Benjer schob Armbanduhr, Brieftasche und die anderen Dinge über den Tisch. »Wir haben unsere lettischen Kollegen um Amtshilfe gebeten, und vielleicht waren sie ein wenig übereifrig. Ich bedauere die Schießerei im Restaurant.«
Sebastian musterte den unscheinbar wirkenden Mann im grauen Anzug mit neuem Interesse. »Die Beamten waren dort, um mich zu beobachten?« Er dachte an den Mann, der sich ihm genähert hatte.
Die Tür öffnete sich, und eine Frau in mittleren Jahren kam herein, schlank, ernst, das dunkle Haar kurz. Sie zog einen Stuhl heran und nahm neben dem Tisch Platz.
»Hat sich was ergeben?«, wandte sich Benjer an sie.
»Nein.« Die Frau sah Sebastian an. »Wie geht es Ihnen, Herr Vogler?«
»Wie es mir geht? Wo ist Anna?«, erwiderte Sebastian.
»Bitte beantworten Sie meine Frage, Herr Vogler.«
Sebastian beobachtete, wie sich Ferdinand Benjer zurücklehnte und die Hände im Schoß faltete. »Es geht mir … den Umständen entsprechend. Meine Güte, wie soll es mir gehen?
Ich wollte gemütlich in dem Restaurant essen, und plötzlich fielen Schüsse, und zwei Menschen starben.«
»Erschossen von einem gewissen Simon Krystek«, sagte Benjer. »Der selbst eine Kugel in die Schulter bekam, dadurch aber kaum behindert wurde. Erstaunlich flink ergriff er die Flucht. Sie waren ebenfalls enorm schnell, wie mehrere Zeugen aussagten. Sie verließen das Hotel und verfolgten Krystek, aber er entkam, trotz einer Schusswunde, die stark geblutet haben muss und sicher sehr schmerzhaft war. Ein seltsamer Mann, dieser Krystek, finden Sie nicht? Erst recht wenn man bedenkt, was er in Deutschland angerichtet hat, in Hamburg und anderen Städten.«
»Hat Singerer Sie geschickt?«, fragte Sebastian und dachte darüber nach, welche Konsequenzen sich daraus ergeben konnten.
»Wir arbeiten zusammen.« Benjer nickte der Frau zu.
»Haben Sie an sich irgendwelche Veränderungen bemerkt, Herr Vogler?«, fragte sie.
Ihm ging ein Licht auf. »Oh, ich verstehe. Drisiano, nicht wahr? Geht es Ihnen darum?«
»Sie waren dort«, sagte die Frau. Sie klang noch immer sehr ernst. »Und Sie hatten Kontakt mit dem Jungen. Wir wissen, dass bei Ihnen ein Hirntumor diagnostiziert wurde, und Raffaele hat Sie geheilt. Nun, haben Sie Veränderungen an sich bemerkt?«
»Nein«, log Sebastian und fragte sich, wie viel Benjer und die Frau von Anna erfahren hatten.
»Was ist mit einer
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