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Aeon

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Titel: Aeon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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damals.«
    Olmy spürte eine Emotion in sich aufsteigen, die Ram Kikura als Entwicklungsrückschlag empfunden hätte. »Ein Junge von fünf Jahren«, sagte er. Er erinnerte sich gut an seine erste Begegnung mit den Partiellen des Ingenieurs im Apartmentspeicher, an seine Angst und Faszination angesichts des berühmten – und toten – Mannes.
    »Wie lange bin ich schon zerlegt oder tot oder was immer?«
    »Fünf Jahrhunderte«, gab Olmy zur Antwort.
    Der Fluch des Ingenieurs wäre in seiner Zeit völlig unschicklich gewesen; für Olmy aber klang er altertümlich und drollig. »Warum wurde ich zurückgeholt? Sicher war die Welt ohne mich besser dran.«
    »O nein«, ereiferte sich Olmy. »Es war uns eine Ehre, Sie zurückzuholen.«
    »Ich bin veraltet.«
    »Das lässt sich in wenigen Stunden beheben.«
    »Ich fühle mich nicht … ganz. Wie kommt das?«
    »Sie müssen reifen. Ihre Rekonstruktion ist noch in Gang. Sie haben noch keinen eigenen Körper, sondern sind in einem medizinischen Werker untergebracht.«
    Wieder der Fluch, diesmal noch deftiger. »Ich bin hinter der Zeit. Nur eine geistige Mücke ließe sich im fortschrittlichsten Werker unterbringen …« Das Bild neigte den Kopf vor und musterte Olmy neugierig unter den Brauen hervor. »Ich war kaputt, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Olmy.
    »Was hat gefehlt?«
    »Das Mysterium. Wir hatten nur Partielle zur Verfügung.«
    »Wessen Mysterium ist eingesprungen?«
    Olmy deutete auf Patricia.
    »Danke«, sagte Korzenowski nach kurzer Überlegung.
    »Bitte«, antwortete Patricia etwas unbeholfen.
    »Sie kommt mir bekannt vor … Ich habe sie schon mal gesehen.«
    »Das ist Patricia Luisa Vasquez«, sagte Olmy.
    Korzenowskis Bild machte zunächst ein ungläubiges Gesicht. Dann reichte es Patricia die Hand. Patricia ergriff die Hand und schüttelte sie; dass sich die Projektion fest und warm anfühlte, wunderte sie nicht mehr.
    » Die Patricia Luisa Vasquez?«
    »Höchstpersönlich«, erwiderte Patricia.
    Korzenowskis Bild beugte den Kopf zurück und verzog das Gesicht. »Ich muss furchtbar viel nachholen.« Er ließ ihre Hand los und murmelte eine Entschuldigung. Er schüttelte Lanier die Hand, die er viel kürzer und fest, aber nicht übertrieben fest hielt.
    Lanier war mehr als beeindruckt, den Mann kennenzulernen, der den Korridor geschaffen hatte. »Ich habe eine kleine – was weiß ich? – Statue von Ihnen oder ein Hologramm oder so was. Steckt in meinem Schreibtisch. Hab jahrelang gerätselt …« Er merkte, dass er zu viel quatschte. »Wir kommen von der Erde«, sagte er noch und verstummte.
    Korzenowskis Miene verriet keine Regung. »Wo sind wir?«, fragte er.
    »Im Weg bei eins Punkt drei mal neun«, antwortete Olmy.
    »Wo ist die Thistledown?«
    »Im Orbit um Erde und Mond.«
    »Welches Jahr?«
    »2005«, sagte Patricia.
    »Reisejahr?«, fragte Korzenowski hoffnungsvoll.
    »Anno Domini«, stellte Olmy klar.
    Der Ingenieur sah mit einem Mal sehr müde aus. »Wie lange muss ich noch warten auf meine Nachhilfe?«
    »Wir können sofort anfangen, noch während die Persönlichkeit ausreift. Wäre Ihnen das recht?«
    »Aber sicher!« Damit wandte er sich wieder an Patricia. »Sie sind noch sehr jung. Wie viel haben Sie schon geschafft? Ich meine, wie viele Arbeiten haben Sie schon veröffentlicht?«
    »Von den wichtigen noch keine«, erwiderte sie.
    »Damit habe ich nicht gerechnet … Es ist keine logische Folge unserer Arbeit. Ich meine, wie habe ich das übersehen können? Sie müssen mir sagen, wie Sie hierhergekommen sind … und warum gerade Sie?«
    Noch bevor Olmy die Auffrischung seines Wissensstands veranlassen konnte, waren Patricia und der Ingenieur in ein intensives Gespräch vertieft.
    In vier Stunden hatten sich die Forscher, die sieben der im Weg verkehrenden Spezies vertraten, ums Gerüst versammelt. Jede dieser Spezies hatte dem Menschen ihre Nützlichkeit unter Beweis gestellt, allerdings nicht ihre Unterwerfung. Sie stellten gleichberechtigte Partner dar und erschienen in den vielfältigsten Formen – obgleich nicht unbedingt vielfältiger als die Neomorphen von Axis City, wie Lanier dachte.
    Da waren drei Frant, bekleidet mit der Jacke aus glänzender Folie, die sie offenbar immer trugen, wenn sie nicht auf Timbl weilten. Ein Wesen in der Form zweier kopfstehender U – ver bunden mit einer dicken, wulstigen Fleischschlange, ohne sicht bare Augen und mit einer glatten Haut wie schwarzes Glas – stand auf vier elefantenartigen Beinen

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