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Titel: Aeon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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»Irgendwann muss man ja mal abschalten, was?«
    Damit war sie nicht einverstanden. Es blieb so wenig Zeit. »Ich muss mit dir reden«, sagte sie.
    »Jetzt, in der Freizeit?«
    »Hier und jetzt, wen n’s dir recht ist«, fragte sie gleichzeitig. Der Lärm ringsum war so groß, dass niemand lauschen konnte.
    »Warum eigentlich nicht hier?«, meinte Lanier. Er sah sich nach Takahashi um; der stand auf der anderen Seite der Tanzfläche, weit weg von den Russen.
    Patricia nickte. Es schossen ihr Tränen in die Augen. Da er ihr etwas Nettes gesagt hatte, war sie aufgetaut und würde nun kein Blatt mehr vor den Mund nehmen und ihren schlimmsten Befürchtungen Ausdruck verleihen. »Ich habe versucht zu berechnen, wie groß der Ruck war, den der Stein mit der Entstehung des Korridors abbekam.«
    »Wie groß?«, fragte Lanier, der die Leute, die in Hörweite passierten, nicht aus den Augen ließ.
    »Nicht sehr groß«, erklärte sie. »Es ist eine komplizierte Frage. Aber wirklich nicht groß.«
    »Wir sind also noch drauf?«
    Die Kehle schnürte sich ihr zu. »Möglich. Ist das der Grund, warum du mich auf den Stein geholt hast? Damit ich das feststelle?«
    Er schüttelte den Kopf. »Hoffman hat dich raufgeschickt. Sie machte mich persönlich für dich verantwortlich. Ich habe dich nur in die Arbeit eingewiesen.« Er griff in die Tasche und zog ein Kuvert heraus, dem er zwei Briefe entnahm. »Ich hatte noch keine Gelegenheit, dir die zu geben. Nein, stimmt nicht. Ich vergaß sie bis jetzt. Ich brachte sie auf dem Rückflug mit.«
    Sie nahm die Briefe aus seiner Hand und warf einen Blick darauf. Der eine war von ihren Eltern, der andere von Paul. »Darf ich antworten?«, fragte sie.
    »Schreib Ihnen, was du willst«, sagte er, »soweit vertretbar.«
    Die Poststempel waren eine Woche alt.
    Eine Woche verging. Der Tag, an dem Armeggedon losbrechen sollte, verging.
    Patricia blieb in den Unterkünften und arbeitete härter denn je mit den Möglichkeiten, die ihr verblieben waren.
    Sie konnte ihre anfängliche Meinung nicht ändern.
    Jeder Tag war also ein Sieg: Die Wirklichkeit bewies ihr, wie sehr man sich irren kann.

20
    Lanier verließ den Aufzug und manövrierte sich mithilfe des Seils in den Karren. Die schlanke Chauffeuse im Air-Force-blauen Overall bog von der üblichen Route ab und folgte einer Spur in den Übungsbereich von Kirchner. Lanier war erst zweimal zu einem Treffen mit dem Admiral dort gewesen. Während er sich an die Handgriffe des Karrens klammerte, versuchte er, sich Antworten auf die unvermeidlichen Fragen zurechtzulegen.
    Hoffman hatte in ihrer letzten Mitteilung angedeutet, dass die Information, die sie ihm anvertraut habe, inzwischen zu den Joint Chiefs durchgedrungen sei. Das bedeutete, dass Kirch ner und Gerhardt mittlerweile im Bild waren.
    Gerhardts Adjutant empfing ihn im kurzen Tunnel vor dem umgebauten Lagerraum, wo Kirchners Bohrlochmannschaft trainierte. Er führte Lanier in einen Raum mit blanken Fels wänden, die mit provisorischen Aktenschränken bedeckt waren. Eine dicke Nickel-Eisen-Ader war geglättet und poliert worden und diente nun als Projektionswand. Kirchner glitt in die Gurte und las die Anzeige auf einer Tafel, während Lanier hereingeführt und angemeldet wurde. Gerhardt hangelte sich den Gang entlang und kam als Letzter in den Raum.
    Kirchner nickte ihnen zu. Der Admiral schien sich nicht wohl zu fühlen in seiner Haut.
    »Mr. Lanier – ehemaliger Lieutenant Commander, nicht wahr?«, fragte Gerhardt schroff. Er war ein untersetzter, schlanker Mann mit drahtigem, schwarzem Haar und einer breiten, platten Nase. Seine Kleidung unterschied sich an sich nicht von der Uniform seiner zur inneren Verteidigung abgestellten Marines, die in Grün gehalten war und ergänzt wurde von schwarzen Stiefeln mit weichen, griffigen Gummisohlen.
    »Ja, Sir.« Lanier füllte die folgende Pause nicht.
    »Sie haben uns nicht mitgeteilt, dass Takahashi ein sowjetischer Spion ist, Mr. Lanier«, sagte Kirchner.
    »Nein.«
    »Sie erfuhren vor beinahe zwei Wochen davon und informierten die Leiter Ihres Sicherheitsteams nicht über die Spionagetätigkeit?«
    Lanier sagte nichts.
    »Sie hatten Ihre Gründe«, bemerkte Kirchner.
    »Ja.«
    »Dürfen wir sie erfahren?«, fragte Gerhardt in strengem Tenor.
    »Es war unsre Absicht, den Russen eine kleine Verschnaufpause zu gönnen und ihnen zu zeigen, dass wir zum Rückzug blasen. Das wäre uns nicht gelungen, wenn Takahashi eingesperrt worden wäre.«
    »Was

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