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Aerger im Bellona-Club

Aerger im Bellona-Club

Titel: Aerger im Bellona-Club Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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– trat Lord Peter, gefolgt von Kriminalinspektor Parker, eilig in Mr. Murbles' Kanzlei in Staple Inn.
    »Guten Morgen«, sagte Mr. Murbles überrascht.
    »Guten Morgen«, sagte Wimsey. »Horcht, horcht, die Lerche singt am Himmelstor. Er kommt, der Meine, der Süße, leicht wie der Wind, auf sanften Füßen. In einer Viertelstunde ist er hier.«
    »Wer?« fragte Mr. Murbles ein wenig heftig.
    »Robert Fentiman.«
    Mr. Murbles stieß einen kleinen Überraschungsruf aus.
    »Die Hoffnung hatte ich schon fast aufgegeben«, sagte er.
    »Ich nicht. Ich habe mir gesagt, er ist nicht verloren, nur vorausgegangen. Und so war es. Charles, wir werden die pièces de conviction auf dem Tisch ausbreiten. Die Schuhe. Die Fotos. Die Objektträger mit den verschiedenen Proben. Das Notizblatt aus der Bibliothek. Mantel und Anzug des Verstorbenen. Recht so. Und Oliver Twist. Schön. Und nun werden wir, wie Sherlock Holmes sagt, imposant genug aussehen, um Angst und Schrecken in der schuldigen Brust zu erregen, und sei sie mit dreifachem Stahl gepanzert.«
    »Ist Fentiman aus freien Stücken zurückgekommen?«
    »Nicht ganz. Er wurde, wenn ich mich so ausdrücken darf, geführt. Beinahe genasführt, wenn man es genau nimmt. Über Heide und Moor, über Schluchten und Sturzbach und so weiter. Was ist das für ein Lärm im Vorzimmer? Es ist – es ist der Kanonen erstes Donnergrollen.«
    Es war in der Tat Robert Fentimans Stimme, und sie klang nicht eben gutgelaunt. Sekunden später wurde er eingelassen. Er nickte Murbles knapp zu, der mit einer steifen Verbeugung antwortete, und ging sofort wütend auf Wimsey los.
    »Sagen Sie mal, was soll das alles heißen? Da führt mich dieser verdammte Detektiv von Ihnen in einem Teufelstanz durch ganz Europa und wieder zurück, und dann kommt er heute morgen plötzlich an und sagt, Sie erwarten mich hier mit Neuigkeiten von Oliver. Was wissen Sie, zum Teufel, über Oliver?«
    »Oliver?« sagte Wimsey. »Ach ja – Oliver ist eine schwer zu fassende Person. In Rom fast genauso wie in London. War es nicht merkwürdig, Fentiman, daß er immer augenblicklich auftauchte, sowie Sie den Rücken gekehrt hatten? War es nicht komisch, daß er augenblicklich überall dort verschwand, wo Sie den Fuß hinsetzten? Fast genauso, wie er immerzu bei Gatti herumlungerte und dann jedesmal Ihnen und mir das Nachsehen gab. Hatten Sie eine schöne Zeit im Ausland, altes Haus? Ich nehme an, Sie mochten Ihrem Reisegefährten nicht gern sagen, daß Sie und er hinter einem Irrlicht herjagten, wie?«
    Robert Fentimans Gesicht ging durch alle Ausdrucksphasen von Wut bis Bestürzung und wieder zurück. Mr. Murbles mischte sich ein.
    »Hat dieser Detektiv schon geruht, eine Erklärung für sein empörendes Verhalten abzugeben, daß er uns fast zwei Wochen lang über seine Schritte im dunkeln gelassen hat?«
    »Ich fürchte, ich schulde Ihnen eine Erklärung«, sagte Wimsey vergnügt. »Sehen Sie, ich fand es an der Zeit, die Mohrrübe einmal vor der Nase des anderen Esels baumeln zu lassen. Ich wußte, wenn wir so taten, als ob wir Oliver in Paris gesichtet hätten, würde Fentiman sich verpflichtet fühlen, ihm nachzujagen. Wahrscheinlich war er sogar hocherfreut, von hier wegzukommen – stimmt's, Fentiman?«
    »Wollen Sie damit sagen, daß Sie diese ganze Oliver-Geschichte erfunden haben, Lord Peter?«
    »So ist es. Natürlich nicht den ursprünglichen Oliver, aber den Pariser Oliver. Ich habe den Detektiv gebeten, von Paris aus ein Telegramm zu schicken und unsern Freund wegzulocken und von hier fernzuhalten.«
    »Aber warum?«
    »Das erkläre ich später. Und Sie mußten natürlich hin, nicht wahr, Fentiman? Sie konnten sich ja nicht gut weigern, hinzufahren, ohne gleichzeitig zuzugeben, daß es diese Person namens Oliver gar nicht gab.«
    »Verdammt noch mal!« platzte Fentiman los, und plötzlich mußte er lachen. »Sie raffinierter Halunke! Wissen Sie, ich hab mir ja schon allmählich gedacht, daß da etwas faul war. Als dieses erste Telegramm kam, war ich begeistert. Ich dachte, dieser Detektiv hätte sich da einen geradezu schicksalhaften Schnitzer geleistet. Und je länger wir durch Europa zogen, desto mehr freute ich mich. Aber als der Hase plötzlich kehrtmachte und wieder in Richtung Heimat rannte, kamen mir die ersten Bedenken, daß mich da jemand an der Nase herumführte. Ist das übrigens die Erklärung dafür, daß ich alle meine Visa mit solch unheimlicher Leichtigkeit, zur unchristlichsten Stunde, sozusagen

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