Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aerger im Bellona-Club

Aerger im Bellona-Club

Titel: Aerger im Bellona-Club Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
gereizt bemerkte, wissen die Leute, die über Begräbnisse schimpfen, gar nicht, was sie für ein Glück haben. So bedrückend es sein mag, wenn die Erdklumpen auf den Sargdeckel poltern, ist dies doch Musik gegen das Knirschen der Spaten im Kies, das eine vorzeitige und unehrerbietige Auferstehung ankündigt, von Formalinwolken umweht und ohne priesterlichen Beistand.
    Dr. Penberthy wirkte ebenfalls geistesabwesend und schien die Geschichte schnell hinter sich bringen zu wollen. Er hatte auf der Fahrt zum Friedhof in der hintersten Ecke der großen Limousine gesessen und sich mit Dr. Horner, Sir James Lubbocks Assistenten, der gekommen war, um bei der Autopsie zu helfen, über Schilddrüsenanomalien unterhalten. Mr. Murbles war natürlich in Trübsal versunken. Wimsey widmete sich seiner angesammelten Korrespondenz, von der nur ein einziger Brief eine Beziehung zu dem Fall Fentiman hatte. Er war von Marjorie Phelps und lautete: »Wenn Du Ann Dorland treffen willst, könntest Du dann am Mittwoch in einer Woche zu einer Einladung bei den Rushworths kommen? Es wird wohl eine tödlich langweilige Angelegenheit werden, weil Naomi Rushworths neuester Verehrer einen Vortrag über >endokrine Drüsen< halten wird, wovon kein Mensch etwas versteht. Es scheint allerdings, als ob >endokrine Drüsen< in nächster Zeit die große Mode werden sollten – sie sind soviel zeitgemäßer als Vitamine – , daher sind die Rushworths zur Zeit ganz scharf auf Drüsen – in übertragenem Sinne, meine ich. Ann D. wird mit Sicherheit da sein, denn wie ich Dir schon sagte, begeistert sie sich seit neuestem für diese >Gesundheit-für-alle<-Masche oder was das ist. Du solltest also kommen – dann bin ich auch nicht so allein, und ich werde sowieso hingehen müssen, weil ich als Freundin von Naomi gelte. Außerdem sagt man, daß jemand, der malt oder modelliert, sich unbedingt in Drüsen auskennen muß, weil sie das Kinn so vergrößern oder das Gesicht verändern können oder so ähnlich. Komm bitte, denn wenn Du nicht da bist, wird man mir irgend so einen Langweiler andrehen – und ich muß mir Naomis Schwärmereien über diesen Mann anhören. Das wäre schrecklich.«
    Wimsey nahm sich vor, diesem aufregenden Fest beizuwohnen, und als er sich umschaute, sah er, daß sie soeben bei der Nekropolis ankamen – so groß, so funkelnd von Glasperlenkränzen, so wuchtig mit ihren himmelhohen Grabsteinen, daß kein geringerer Name gepaßt hätte. Am Tor trafen sie Mr. Pritchard persönlich (mit säuerlicher Miene, aber ausgesucht höflich gegenüber Mr. Murbles) und den Abgesandten des Innenministeriums (verbindlich und zuvorkommend und dazu neigend, hinter jedem Grabstein einen Reporter zu wittern). Ein Dritter, der hinzukam, entpuppte sich als Beamter der Friedhofsverwaltung, der die Gesellschaft in seine Obhut nahm und sie über die säuberlichen Kieswege zu der Stelle führte, wo die Ausgrabungen bereits im Gange waren.
    Der Sarg, der schließlich zum Vorschein kam und anhand des Messingschilds identifiziert wurde, wurde dann vorsichtig zu einem in der Nähe befindlichen kleinen Gebäude getragen, das normalerweise als Gärtnerschuppen zu dienen schien, jetzt aber mit Hilfe von ein paar Schrägen und einem großen Brett zu einer behelfsmäßigen Leichenhalle umgebaut worden war. Hier gab es einen kurzen Moment der Verwirrung, weil die Ärzte in aufdringlich fröhlichem Ton mehr Licht und mehr Platz zum Arbeiten verlangten. Der Sarg wurde auf einer Bank abgestellt; jemand kam mit einem Gummituch und breitete es auf dem Behelfstisch aus; Lampen wurden gebracht und an geeigneten Stellen postiert. Daraufhin traten die Arbeiter ein wenig zögernd näher, um den Sarg aufzuschrauben, den Dr. Penberthy zuvor mit Formalin aus einem Zerstäuber besprühte, fast wie ein höllischer Rauchfaßträger bei einem besonders unheiligen Opferritus.
    »Ah, sehr schön, wirklich!« sagte Dr. Horner anerkennend, als sie die Leiche aus dem Sarg hoben und auf den Tisch verfrachteten. »Ausgezeichnet. Das macht nicht viel Arbeit. Das ist der Vorteil, wenn man so etwas sofort macht. Was sagen Sie, wie lange er schon begraben war? Drei bis vier Wochen? Sieht man ihm nicht an. Wollen Sie die Autopsie vornehmen, oder soll ich? Wie Sie wollen. Schön. Wo haben Sie meine Tasche hingestellt? Ah! Danke, Mr. – äh – äh –« (Eine peinliche Pause entstand, in der George Fentiman mit der Bemerkung, er wolle draußen ein Pfeifchen rauchen gehen, entfloh). »Zweifellos

Weitere Kostenlose Bücher