Aerger im Bellona-Club
»Sie werden sich bestimmt gut unterhalten. Sicher haben Sie viele Freunde in unserer kleinen Gesellschaft.«
Wimsey sah sich um und wollte sich gerade dazu beglückwünschen, daß er niemanden kannte, als ihm doch ein wohlbekanntes Gesicht ins Auge fiel.
»Nanu«, sagte er, »da ist ja Dr. Penberthy.«
»Der liebe Walter!« rief Mrs. Rushworth und wandte sich prompt in die angegebene Richtung. »Ja, wirklich, da ist er. Ah, schön – dann können wir ja jetzt anfangen. Er hätte schon früher hier sein sollen, aber ein Arzt ist ja nie Herr seiner Zeit.«
»Penberthy!« sagte Wimsey halblaut. »Du lieber Gott!«
»Recht vernünftiger Mensch«, sagte eine Stimme hinter ihm. »Denken Sie nicht gering von seiner Arbeit, nur weil er in dieser Gesellschaft ist. Bettler in einer guten Sache dürfen nicht wählerisch sein, das wissen wir Priester nur zu gut.«
Wimsey drehte sich um und sah sich einem großen, hageren Mann mit angenehmen, humorvollen Zügen gegenüber, den er als einen wohlbekannten Armenpriester erkannte.
»Pater Whittington, ja?«
»Derselbe. Und Sie sind Lord Peter Wimsey, das weiß ich. Wir haben ein gemeinsames Interesse an der Kriminalität, nicht wahr? Mich interessiert diese Drüsentheorie. Sie könnte ein helles Licht auf manche unserer herzzerreißendsten Probleme werfen.«
»Freut mich zu hören, daß da keine Feindschaft zwischen Religion und Wissenschaft besteht«, sagte Wimsey.
»Natürlich nicht. Warum auch? Wir sind alle Wahrheitssucher.«
»Und die hier?« fragte Wimsey, indem er mit einer Handbewegung die ganze Versammlung der Neugierigen erfaßte.
»Auf ihre Weise auch. Sie meinen es gut. Sie tun, was sie können, wie die Frau im Evangelium, und sie sind erstaunlich großherzig. Da ist Penberthy. Er sucht Sie, glaube ich. Nun, Dr. Penberthy, wie Sie sehen, bin ich gekommen, um zu hören, wie Sie die Erbsünde ausrotten wollen.«
»Sehr aufgeschlossen«, sagte Penberthy mit etwas gezwungenem Lächeln. »Hoffentlich sind Sie nicht als Feind gekommen. Sie wissen, wir haben nichts gegen die Kirche, solange sie sich um ihre Aufgaben kümmert und uns die unsern überläßt.«
»Mein Lieber, wenn Sie die Sünde mit einer Spritze kurieren können, soll es mich nur freuen. Aber geben Sie acht, daß Sie bei der Gelegenheit nicht noch etwas viel Schlimmeres injizieren. Sie kennen doch das Gleichnis vom gekehrten und geschmückten Haus?«
»Ich werde mich so gut wie möglich vorsehen«, sagte Penberthy. »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick. Hören Sie mal, Wimsey, ich nehme an, Sie wissen über Lubbocks Analyseergebnis Bescheid, ja?«
»Ja. Das kam ein bißchen wie ein Blitz aus heiterem Himmel, nicht?«
»Das bringt mich in eine sehr schwierige Situation, Wimsey. Wenn Sie mir doch nur damals gleich einen Hinweis gegeben hätten! Aber auf so eine Idee bin ich nie gekommen.«
»Wieso auch? Sie hatten damit gerechnet, daß der alte Knabe an Herzschwäche sterben würde, und daran ist er gestorben. Keiner kann Ihnen einen Vorwurf machen.«
»Nein? Da kennen Sie Geschworene schlecht. Ich würde ein Vermögen darum geben, wenn das nicht gerade jetzt passiert wäre. Es hätte nicht ungelegener kommen können.«
»Das geht vorüber, Penberthy. Solche Fehler passieren hundertmal die Woche. Übrigens, ich muß Ihnen wohl gratulieren. Wann haben Sie sich denn dazu entschlossen? Sie haben es aber gut für sich behalten.«
»Ich wollte es Ihnen schon bei dieser vermaledeiten Exhumierung sagen, aber dann hat jemand dazwischengequasselt. Ja, also vielen Dank. Wir haben das vor etwa – zwei bis drei Wochen – geregelt. Kennen Sie Naomi schon?«
»Ich habe sie heute abend nur ganz kurz gesehen. Meine Freundin, Miss Phelps, hat sie gleich entführt, um alles über Sie zu erfahren.«
»Ach so. Aber Sie müssen mal mitkommen und sich mit ihr unterhalten. Sie ist ein nettes Ding und sehr intelligent. Die alte Dame ist schon eine ziemliche Plage, das will ich zugeben, aber sie hat das Herz am rechten Fleck. Und fest steht, daß sie an Leute heranzukommen weiß, die zu kennen sehr nützlich ist.«
»Ich wußte gar nicht, daß Sie so eine Autorität in Drüsen sind.«
»Wenn ich es mir doch nur leisten könnte, eine zu sein! Ich habe unter Professor Sligo einiges an experimenteller Arbeit geleistet. Es ist die Wissenschaft der Zukunft, wie es in der Presse heißt. Daran gibt's auch eigentlich keinen Zweifel. Sie rückt die Biologie in ein völlig neues Licht. Wir stehen an der Schwelle zu
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