Ärger mit dem Borstenvieh
Wolle: siebenundfünfzig Pfund siebzig.
»Dacht’ ich mir, daß es das war«, sagte er. »Jeder scheint das heut zu kriegen.«
Zwar keine Reichtümer, aber immerhin etwas. Denn in erster Linie waren unsere Schafe für den Fleischmarkt bestimmt und die Wolle war lediglich ein Nebenverdienst.
Zwei Wochen nach der Schur rief Old Jonathon an, um der >Missus< zu sagen, daß wir die Schafe auf seinen Hof treiben konnten, damit sie >getaucht< wurden. Außer Shirley kamen alle mit. John und ich, die beiden Kleinen und Spot der Hirtenhund trieben die Herde den Weg hinauf, dann die Straße entlang bis zu seiner Farm, die etwa drei Kilometer weit entfernt lag.
Er war, wie immer, froh, Besuch zu haben. Er rannte von einem zum anderen und gab Ratschläge, wie er das zu tun hätte, was er gerade tat. Nachdenklich beobachtete ihn sein Bruder Matthew und sagte zu ihm: »Du rennst da rum wie ein kopfloses Huhn, Jonathon. Laß sie doch gewähren, damit wir mit der Arbeit vorankommen.«
Diese Kritik kränkte den alten Mann überhaupt nicht. »Man muß ‘n bißchen Theater machen, sonst glauben die am Ende, sie hätten nicht den Service bekommen, für den sie bezahlt haben.«
Ihr Bauernhof machte einen wohlhabenden und reichen Eindruck. Während eines halben Jahrhunderts hatten die beiden darauf gearbeitet, und in bezug auf Viehzucht machte ihnen keiner was vor.
»Trotzdem wird’s für uns nicht leichter«, sagte Matthew. Er war dabei, eine tragbare Schurmaschine mit Dieselmotorantrieb zusammenzusetzen, die er dazu verwendete, getrocknete Kotklumpen vom Rumpf einiger Schafe zu entfernen. »Wir haben zwar heute mehr Geld als damals, als wir anfingen, aber es scheint die Menschen nicht glücklicher gemacht zu haben.«
Ihr Knecht, Big Billy, war hinzugekommen, um zu helfen. John hatte sich mit einer Art hölzernem Paddel bewaffnet und stand etwa auf halber Höhe des rechteckigen Tauchbades, das mit einer öligen Flüssigkeit gegen Schädlinge gefüllt war, die unter Garantie die Schafe gegen Milzbrand, Maden, Läuse und Zecken schützte. Auf dem hölzernen Geländer saßen die beiden Kleinen und schauten zu. Old Jonathon war der Zeremonienmeister und hatte sich mit überdimensionalen Beinschützern aus Kunststoffmaterial sowie einem Strohhut ausstaffiert.
Auf seine Anweisungen fingen Billy und ich an, die Schafe einzufangen und in die Lösung zu tauchen. Im vergangenen Jahr war ich bei den ersten Schafen beinahe selbst mit hineingefallen, aber diesmal paßte ich besser auf.
»So macht man das«, erinnerte mich mit einem breiten Grinsen Bill daran. Er schnappte sich ein großes, knochiges Mutterschaf der Clun Forest Rasse, drehte es ganz einfach um und ließ es in aller Ruhe in die braune Brühe gleiten. »Mit dem Hinterteil zuerst...«
Ich folgte genau seinem Beispiel. Allerdings schummelte ich etwas, indem ich mir die kleineren Mutterschafe und fetten Lämmer aussuchte und ihm die großen Tiere überließ. Bereits nach kurzer Zeit tauchten in gleichmäßiger Prozession die Schafe in die Lösung. John half etwas mit seinem Paddel nach, falls es ihnen gelungen war, beim ersten Anlauf nicht ganz unterzutauchen. Am gegenüber liegenden Ende kletterten sie dann eine schräge Betonrampe hoch; dabei rann die überflüssige Lösung an ihnen herunter und zurück in das Tauchbad.
Der Schalk leuchtete Matthew aus den Augen als er sagte: »Seit dem letzten Jahr hast du doch so einiges hinzugelernt, Jacky.«
»Genügend, um Billy die großen zu überlassen.«
»Der ist stark und beschränkt genug, um sogar kleine Bullen da hineinzutauchen, falls das nötig wäre«, erwiderte Matthew und hielt die Maschine an. »Nicht wahr, Billy?«
Bedeutungsvoll sah der große Mann ihn an: »Ich warte auf den Tag, an dem Jonathon sagt, daß du da durchgetrieben werden mußt...«
Nach der Hälfte der Arbeit wollte Old Jonathon eine Pause einlegen und ging mit den beiden Kleinen davon. Mit Limodosen, Tafeln Schokolade und einem großen Krug voll Apfelmost, den er selbst gebraut hatte, kam er wieder zurück. Dieses Getränk hatte einen gewissen Ruf in der Umgebung.
»Damit kann man unter Garantie in einem Abstand von fünf Metern jede Fliege von der Wand holen«, meinte Billy und nahm einen kräftigen Schluck aus dem Trinkhorn. »Das Zeug schmeckt zwar ein bißchen besser als die Tauchlösung, aber die Kopfschmerzen anschließend sind dafür um so stärker.«
»Nun, nun«, protestierte Old Jonathon, »so schlimm ist es auch wieder
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