Aerzte zum verlieben Band 39
Sie nicht mit ihr ins Krankenhaus wollen, um sie und das Kind untersuchen zu lassen?â, wandte Gemma sich an ihn.
âNein, nicht ins Krankenhausâ, erwiderte er bestimmt. âWir fahren mit Sahra. Ihre Mutter wird sich um das Baby kümmern, wenn Aisha sich ausruhen muss.â
Gemma brachte sie zur Tür, konnte sie aber nicht gehen lassen, ohne noch einen Blick auf das Neugeborene zu werfen. Welch ein perfektes süÃes Wesen mit seiner milchkaffeebraunen Haut und den blanken schwarzen Augen ⦠Aisha, die anscheinend auch ohne Worte verstand, legte ihr den Kleinen behutsam in die Arme. Und wie jedes Mal, wenn sie ein Baby im Arm hielt, verspürte Gemma eine tiefe Sehnsucht â¦
âWas für ein niedlicher kleiner Kerlâ, sagte sie zu Yusef Akkedi, der ihr gefolgt war, um die junge Familie mit zu verabschieden.
Yusef entging nicht, dass sie der jungen Mutter das Kind nur zögernd zurückgab, ehe sie die Tür öffnete. Er konnte nicht umhin, Dr. Gemma Murray zu bewundern. Als Fachärztin in einer Gemeinschaftspraxis hätte sie mit weniger Aufwand viel Geld verdienen können. Stattdessen hatte sie diese aufopferungsvolle, schwierige Aufgabe übernommen, Immigrantinnen und ihre Kinder medizinisch zu versorgen.
Aus seinen Unterlagen wusste er, dass sie nicht nur eine Grundversorgung anbot. Sie hatte eine Psychologin im Team und eine Kinderärztin, die einmal im Monat für Mutter und Kind da war. AuÃerdem alle zwei Wochen eine Zahnärztin. Darüber hinaus organisierte Gemma Spielnachmittage für die Kinder und Gesprächsrunden und andere Begegnungsmöglichkeiten für die Mütter, bei denen ihre Patientinnen sich austauschen konnten.
Während sie sich drauÃen noch kurz mit Sahra unterhielt, betrachtete Yusef sie unauffällig. Mit ihrer hohen Stirn, dem lockigen roten Haar, der schmalen Nase und den sinnlichen Lippen war sie eine attraktive Frau. Ihr Kinn lieà auf einen gewissen Eigensinn schlieÃen, wäre da nicht das Grübchen gewesen, das den Eindruck milderte. Gemma war keine Schönheit, wie man sie in Modemagazinen oder auf Laufstegen fand, aber er war sicher, dass sich die Männer nach ihr umdrehten, wo sie auch auftauchte.
Und doch schien sie bemerkenswert uneitel, hatte die schimmernden roten Locken mit einem leichten Baumwolltuch im Nacken zusammengefasst und versuchte auch nicht, ihre Sommersprossen mit Make-up zu überdecken, wie es andere Frauen wohl getan hätten.
Gemma kehrte ins Haus zurück. âIch hätte mich längst umgezogenâ, sagte sie achselzuckend. Anscheinend hatte sie seinen forschenden Blick bemerkt. âAber ich musste erst die notwendigen Unterlagen für Ihren Besuch zusammensuchen und gründlich aufräumen. Und dann kam Aisha. Falls Sie noch Zeit haben, ziehe ich mir gern etwas Anständiges an.â
Yusef schmunzelte. âSie brauchen sich nicht extra für mich umzuziehen. War meine Musterung so offensichtlich?â, fragte er auf dem Weg zur Küche.
âNoch deutlicher war der Moment, als Sie sich insgeheim fragten, warum um alles in der Welt ich freiwillig diesen Job macheâ, erwiderte sie lächelnd.
Er war immer stolz auf seine Fähigkeit gewesen, Gedanken und Gefühle vor anderen zu verbergen. Dass diese junge Ãrztin in ihm lesen konnte wie in einem offenen Buch, gefiel ihm gar nicht.
Auch diese Regung schien ihr nicht zu entgehen, denn sie lachte leise auf. âIch habe mit Frauen zu tun, die es meisterhaft verstehen, ihre Gefühle hinter einer ausdruckslosen Miene zu verbergen. Mit der Zeit habe ich gelernt, auch den kleinsten Hinweis zu erkennen, ob ich jemanden zu stark unter Druck setze oder Bereiche berühre, die tabu sind.â
âUnd warum machen Sie diesen Job?â
Sie lieà sich auf den Stuhl sinken und griff nach ihrem Kaffeebecher. âWeil ich ihn liebe?â
âDas klingt wie eine Frage. Sind Sie sich nicht sicher?â
âDoch, ich liebe meine Arbeit wirklich.â Gemma unterdrückte einen Seufzer. âSie macht mir viel Freude.â
âAber auch Kummer. Ich habe Ihr Gesicht gesehen, als Sie Aisha untersuchten.â
âTagtäglich erleiden unschuldige Menschen schreckliches Unglückâ, antwortete sie nach kurzem, nachdenklichen Schweigen. âDie Medien berichten laufend darüber. Hier ein Krieg, dort eine Ãberschwemmung, Erdbeben und Wirbelstürme â wir
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