Aerzte zum verlieben Band 39
können nichts dagegen tun, aber wir können helfen, die Not zu lindern. Wenigstens für diejenigen, die hier in meinem Land stranden, möchte ich da sein. Zugegeben, manchmal ist es frustrierend, aber die Freude über jeden, wenn auch nur kleinen Erfolg überwiegt.â
Diese Frau fühlte sich berufen, das spürte er. Ihr Engagement war echt. Das bestätigte ihn einmal mehr darin, dass Gemma Murray genau die Richtige für die schwierige Aufgabe war, die er in seiner Heimat zu bewältigen hatte.
Dort fanden gerade bedeutsame Veränderungen statt. Nomadenstämme, die früher durch die Wüste gezogen waren, wurden durch künstliche Ländergrenzen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Angelockt von den Segnungen der modernen Zivilisation, drängten viele Familien in die Städte. Die Infrastruktur war dem nicht gewachsen. Krankenhäuser sowie medizinische oder soziale Einrichtungen waren überlaufen, und das brachte Unruhe in die Bevölkerung.
Yusef wollte so früh wie möglich gegensteuern. Wenn es um die Familie ging, hatten die Frauen der Nomadenstämme das Sagen, also musste man in erster Linie ihnen helfen, ihren Platz in seinem Land zu finden. Dafür brauchte er jemanden wie Gemma Murray. Schon als er von dem Frauenzentrum in Sydney erfuhr, das sie gegründet hatte, war er hellhörig geworden.
âSie sind mit Leib und Seele dabei, aber wie steht es mit Ihren Mitarbeitern? Setzen die sich genauso ein wie Sie?â
Lächelnd blickte sie zu ihm auf. Wieder schien ein Licht hinter der blassen Haut mit den Sommersprossen aufzuglühen, sodass er unwillkürlich an den warmen Schein der Ãllampen in einer dunklen Wüstennacht denken musste. Er verspürte ein sonderbares Ziehen in der Brust und schrieb es dem Stress zu. Ein momentanes Herzflimmern, hervorgerufen durch den Druck der Aufgabe, die auf ihm lastete.
âIch könnte heute von hier fortgehen, und nichts würde sich ändernâ, versicherte sie. âDas ist vielleicht das, worauf ich am meisten stolz bin. Wer bei uns arbeitet, ist genau wie ich davon überzeugt, dass wir über diese Frauen nicht urteilen dürfen. Im Gegenteil, wir respektieren ihre Kultur, ihre Sitten und Gebräuche, wenn wir versuchen, ihnen zu helfen.â Einen Moment lang schwieg sie, dann lachte sie reumütig. âOh, sicher, wir machen auch Fehler und lassen uns unsere Gefühle anmerken â so wie heute, als ich Aisha untersuchte. Aber normalerweise schaffen wir es, zuwendend, aber neutral zu bleiben. Die Frauen kommen zu uns, weil sie uns vertrauen.â
âAuÃer, wenn es um einen Kaiserschnitt geht?â
âJa, leider. Sosehr wir uns auch bemühen, sie davon zu überzeugen, dass sie nach einem Kaiserschnitt weiterhin Kinder bekommen können, sie glauben uns einfach nicht.â Gemma seufzte. âDas Leben ist eben nicht vollkommen.â
Yusef schwieg nachdenklich. Das Wenige, was sie gesagt hatte, verriet viel über sie. Entscheidend war jedoch der eine Satz gewesen: Ich könnte heute von hier fortgehen, und nichts würde sich ändern .
Er sah sie mit unbewegter Miene an. âKönnten Sie wirklich morgen gehen?â
2. KAPITEL
Die Frage kam so unerwartet, dass Gemma ihn nur überrascht anstarrte.
Da sprach Yusef schon weiter. âUnd Ihr zweites Haus? Könnten Sie auch das einfach so zurücklassen?â
Verwirrt versuchte sie, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie hatte keine Ahnung, was sich gerade hier abspielte, spürte aber, dass es sehr wichtig war.
âVon Ihrem Geld ist kein Cent in das zweite Haus geflossenâ, antwortete sie schlieÃlich, merkte sofort, wie sehr das nach Verteidigung klang, und lachte auf. âEntschuldigung, mir war nicht klar, dass Sie davon wissen.â
âIch weià von dem zweiten Hausâ, erwiderte er ausdruckslos. âEigentlich dachte ich, Sie hätten bereits genug zu tun, um sich auch noch mit Vagabunden und StraÃenkindern abzugeben.â
Sie schob den Zuckertopf hin und her und arrangierte Salz- und Pfefferstreuer neu, während sie überlegte, wie sie antworten sollte. Sonst wurde sie nicht so leicht nervös, aber jetzt verspürte sie nur bei dem Gedanken, ihren Gast anzusehen, ein seltsames Flattern in der Magengegend.
Weil sie ihn attraktiv fand?
Nein, ganz bestimmt nicht, auch wenn er wirklich atemberaubend gut aussah â¦
Gemma lieà den
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