Aerzte zum verlieben Band 39
Schritten ging er den schwach beleuchteten Gang zum Kinderflügel des Frauenhauses entlang, wie jeden Abend, wenn er nach Hause kam. Er fand erst Ruhe, nachdem er seine Tochter gesehen hatte. Zur Geburt war er nicht hier gewesen, weshalb er sich heute noch Vorwürfe machte. Denn sonst hätte er darauf bestanden, dass seine Frau ins Krankenhaus fährt. Vielleicht würde sie dann heute noch leben.
Die Tür zum Kinderzimmer stand einen Spaltbreit offen. Anya schlief auf dem FuÃboden davor. Ungehalten wollte Yusef sie schon wecken, da hörte er leise Atemgeräusche aus dem Zimmer. Es musste jemand bei Fajella sein.
Er schob die Tür weiter auf, und das gedämpfte Licht fiel auf rotes Haar. Yusef traute seinen Augen nicht. Gemma lag auf einer Matratze am Boden, ihre flammendroten Locken bedeckten das Kissen. Sie hatte noch immer die Sachen an, die sie während des Fluges getragen hatte. In Gemmas Armen, dicht an sie geschmiegt, schlief seine Tochter.
Während er auf die schlafende Frau mit seinem Kind in den Armen blickte, stieg eine tiefe Sehnsucht in ihm auf, auch wenn er nicht genau hätte sagen können, wonach. Er wusste nur, dass er bereits mehr für diese Frau empfand als rein körperliches Begehren. Yusef dachte daran zurück, wie sie Moussa fürsorglich das Haar aus dem Gesicht gestrichen hatte â es war auch dieses Mitgefühl für andere Menschen, das sie zu etwas ganz Besonderem machte.
Als hätte sie seine Anwesenheit gespürt, schlug sie die Augen auf, sah sich verwundert um, bis ihr anscheinend einfiel, wo sie war. Sie warf einen prüfenden Blick auf Fajella und löste sich dann behutsam von ihr, um sie nicht zu wecken.
Yusef trat näher und ging neben ihr in die Hocke. âIch bin dir so dankbarâ, sagte er leise. Sanft strich er seiner Tochter über die Wange. âDie Frauen haben mir erzählt, wie groÃartig du reagiert hast.â
Gemma waren seine Worte unangenehm. Sie versuchte sich aufzusetzen, weil es ihr peinlich war, dass sie hier auf dem Boden lag, während Yusef neben ihr hockte. AuÃerdem musste sie katastrophal aussehen, mit den zerzausten Haaren und der zerknitterten Kleidung. In diesem Augenblick berührte er ihre Wange, ebenso zärtlich wie vorher die seiner Tochter, und es durchfuhr sie heiÃ.
âIch habe nichts Besonderes getanâ, erwiderte sie verlegen. âNicht mehr, als jeder andere getan hätte, der Erfahrung mit Pseudokrupp hat. Falls so etwas häufiger passiert â sicher hast du schon daran gedacht, ihr im Akutfall Kortison zu geben?â
Ihre Stimme klang selbst in ihren eigenen Ohren etwas atemlos. Sicher lag es daran, dass sie in Yusefs Augen etwas Beunruhigendes las. Etwas, das mit Kruppsyndrom und Kortison nicht das Mindeste zu tun hatte, sondern mit Verlangen, mit Leidenschaft ⦠Gefühle, die nicht sein durften. Das hatte Yusef selbst gesagt!
âEs gibt so viele Gründe, warum ich dies nicht tun sollteâ, sagte er in diesem Moment, als hätte er ihre Gedanken gelesen, und beugte sich vor.
Heià und fordernd spürte sie seinen Mund auf ihren Lippen. Gemma erwiderte seinen Kuss mit Hingabe. Im selben Moment wurde ihr klar, dass sie alles akzeptieren würde, was er ihr bot, auch wenn es keine gemeinsame Zukunft für sie beide gab. Sie wollte jede Zärtlichkeit, jede Liebkosung und jeden Kuss wie kostbare Erinnerungen sammeln, um sich an ihnen zu wärmen, wenn sie wieder allein und einsam in ihrer Wohnung saÃ.
âDu gehst jetzt besser. Ich bleibe bei Fajellaâ, sagte er, liebkoste sie aber weiter, streichelte ihre Wange, ihren Hals und schob die Finger in ihr Haar.
Da sie wusste, dass er während des ganzen Flugs kein Auge zugetan hatte und einen klaren Kopf brauchte, um Entscheidungen zu treffen, widersprach sie. âNein, geh du nur. Ich schlafe gern hier, und die Kleine scheint mich auch schon ein wenig ins Herz geschlossen zu haben.â
âSo schlafe ich immer in der Wüste.â Er klang traurig, als er flüchtig die dünne Matratze berührte, auf der Gemma noch immer saÃ.
Warum die plötzliche Melancholie? Weil er diese Freiheit hatte aufgeben müssen, als er Herrscher seines Landes wurde? Dieser Mann hatte schon so viel verloren ⦠seine Mutter und dann seine Frau. Vielleicht liebte er sie noch immer?
Unerwartet küsste er Gemma noch einmal, erhob sich dann lautlos und verlieà stumm das
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